In Deutschland steckt das Ideenmanagement in den Kinderschuhen. Es geht dabei nicht nur um die Verbesserungsvorschläge der eigenen Mitarbeiter.
Prof. Dr. Jürgen Rothlauf ist BWL-Professor an der FH Stralsund
Die deutsche Volkswirtschaft verschenkt jährlich Milliarden von Euro. Legt man die Zahlen des Deutschen Instituts für Betriebswirtschaft (dib) aus dem Jahre 2005 zugrunde, so hat sich die Anzahl der Verbesserungsvorschläge zwar von 0,4 im Jahre 1990 auf 0,79 im Jahre 2005 erhöht, verglichen mit 61, die japanische Arbeitnehmer im Durchschnitt machen, bleibt allerdings noch viel Spielraum, um die Kreativität der Mitarbeiter abzurufen.
Um welche finanzielle Größenordnung es sich handelt, zeigt ein Blick auf die vom dib-Untersuchung. Von den 307 befragten Unternehmen mit 2,1 Mio. Beschäftigten wurden insgesamt 1,59 Mrd. Euro gespart. Allein die Deutsche Post AG sparte im Jahre 2005 pro Mitarbeiter fast 1500 Euro.
Das Kreativitätspotenzial der Mitarbeiter zu nutzen, war Ausgangspunkt aller Überlegungen zum Vorschlagswesen. Ideenmanagement erweitert diese Sichtweise. Mit Blick auf die Wertschöpfungskette wird erkennbar, wessen Ideen sich das Unternehmen in Zukunft vermehrt bedienen sollte.
Am Beispiel des Airbus A 380 wird dieser Paradigmenwechsel deutlich. Obwohl Zehntausende von Fachleuten sich alle möglichen Fragen gestellt haben, war es ein Kunde, der eine gewisse Fläche für Kinder zum Spielen ausgewiesen sehen wollte, bevor er seinen Vertrag unterschrieb. Die Experten hatten daran nicht gedacht. Auch Lieferanten, Absatzmittler, Erfinderclubs und Hochschulen können Unternehmen mit ihren Ideen helfen.
Es gibt kaum ein Managementkonzept bei dem alle Beteiligten in einer für sie so vorteilhaften Weise profitieren können. Während die Unternehmen ihre Kosten senken und gleichzeitig ihre Qualität verbessern können, erhalten Mitarbeiter Prämien oder andere Incentives.
Obwohl viele Unternehmen ein Vorschlagswesen eingeführt haben, bleibt die Frage ungeklärt, warum dies nicht erfolgreich praktiziert wird. Ein Blick auf japanische Unternehmen zeigt, wohin der Weg gehen muss. Im Jahre 2004 wurden bei Toyota 540 000 Vorschläge gemacht, von denen 90 % umgesetzt wurden.
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Erst ein Kunde erkannte den springenden Punkt
„Ideenmanagement zur Chefsache erklären“
Nachgefragt
Deutsche Chefs wissen nicht, welches Poten-zial im Ideenmanagement steckt, sagt Prof. Dr. Jürgen Rothlauf.
Woran hapert es am meisten beim Ideenmanagement in der deutschen Industrie?
Die oberste Führungsebene hat noch nicht die Wichtigkeit des Ideenmanagement für das Unternehmen erkannt, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Wer Qualität nachhaltig verbessern, Kosten senken und gleichzeitig Mitarbeitermotivation erhöhen will, bedarf dieses Instrumentariums.
Wie sieht der Königsweg aus?
Es gibt eine Abfolge von Schritten: Dazu gehören Zielvereinbarungen für Mitarbeiter und Vorgesetzte, regelmäßige Workshops, mindestens ein vierteljährliches Briefing der Unternehmensspitze, ständiger Informationsaustausch über Verbesserungsvorschläge per vorhandener Medien sowie eine jährliche Mitarbeiterbefragung.
Welche Unterschiede gibt es da bei KMU?
Um die adäquate Durchführung zu gewährleisten, werden Ideenmanager gebraucht. Dabei werden vor allem Kostengesichtspunkte gesehen und nicht der Vorteil erkannt, der sich für alle ergibt.
Welche Anreize – materielle oder immaterielle – sind erfolgversprechend?
Beide Anreizarten sollten zum Einsatz gelangen. Die Praxis hat gezeigt, dass es dabei am besten ist, die Mitarbeiter zu befragen, welche Prämienaufteilung aus ihrer Sicht vorgenommen werden soll.
Wie stellt man sicher, dass aus Ideen Innovationen werden?
Entscheidend ist die Ideengenerierung. Wer die Kreativität der Mitarbeiter zu nutzen weiß, begünstigt das Entstehen von Innovationen.
Wie geht ein Unternehmer vor?
Es zur Chefsache erklären, Gespräch mit allen Mitarbeitern suchen und dabei die Win-Win-Situation für alle aufzeigen. Bei Widerstand kann er eine Abteilung als Pilotprojekt auswählen. tv
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