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Gemeinsam forschen soll bald einfacher werden

Forschungsministerin Bulmahn will Reformen
Gemeinsam forschen soll bald einfacher werden

Weniger Bürokratie, dafür mehr Anreize zur Forschungskooperation: So will Forschungsministerin Bulmahn den Technologietransfer bei Mittelständlern verbessern. Bei einer Podiumsdiskussion ging es jetzt um die Herausforderungen der vernetzten Wirtschaftswelt.

Von unserem Redaktionsmitglied Tilman Vögele-Ebering

Die Bundesforschungsministerin hat sich einiges vorgenommen, um die Rahmenbedingungen für den Technologietransfer zu verbessern. Ministerin Edelgard Bulmahn will zum einen bürokratische und finanzielle Hürden bei Forschungsprojekten abbauen, außerdem will das Ministerium enger mit mittelständischen Betrieben zusammenrücken. So plant sie einen Gesprächskreis zwischen BMBF sowie Vertretern von kleinen und mittleren Unternehmen. „Das Forschungsministerium ist ein interessanter Partner für den Mittelstand – das wollen wir damit verdeutlichen“, sagte Edelgard Bulmahn auf einer Podiumsdiskussion während der Hannover Messe. Bislang gibt es offenbar immer noch zu viele Barrieren in der Zusammenarbeit zwischen Bundesministerium und Basis.
„Chancen für den Mittelstand – Die Zukunft ist vernetzt“, so lautete das Motto der Diskussion mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft auf dem Stand der Initiative Tech Transfer. Hauptthema war die wissensbasierte Wirtschaft. „Das Wissen muss schneller zu den unterschiedlichen Akteuren“, so fasste die Ministerin die Aufgabe zusammen. Heutzutage seien Systemlösungen gefragt. Und dazu benötige die Wirtschaft nicht nur die neuen Informations- und Kommunikationstechniken, sondern auch das vernetzte Wissen.
Unternehmer müssen lernen, Netzwerke zu managen
Ein Maßnahmenpaket soll nun mehr Anreize zu Kooperation und F&E schaffen. Ein Punkt: Die Verwertbarkeit von Ergebnissen aus Verbundforschungprojekten soll für die teilnehmenden Unternehmen garantiert werden. Ebenso will Edelgard Bulmahn das Antragsverfahren für Zuschüsse zu Forschungsprojekten vereinfachen. Bislang koste dies zu viel Zeit und Nerven. Zuerst der komplizierte Antrag, dann die lange Wartezeit auf den Bescheid. Bulmahns Vorschlag: Als erster Schritt soll zukünftig eine Projektskizze eingereicht werden. Wenn diese positiv beurteilt worden ist, folgt erst der detaillierte Antrag. Dadurch soll die Hemmschwelle beseitigt werden, ein aufwendiges Verfahren zu durchlaufen, ohne zu Wissen, ob das Projekt überhaupt Chancen auf einen positiven Bescheid hat.
Weitere Maßnahmen werden, nach Edelgard Bulmahns Meinung, grundsätzlich bessere Rahmenbedingungen für F&E sowie Technologietransfer schaffen. Das Dienstrecht für Hochschullehrer will die Ministerin bekanntermaßen ändern, um mehr Leistungsorientierung einzuführen. Des weiteren wird mit Programmen wie Inno-Regio die regionale Zusammenarbeit verbessert. Als Plattform für ausgewählt Forschungsnetze hat das BMBF jetzt die Website kompetenznetze.de auf die Beine gestellt (siehe Kasten). Dort sollen jeweils die Klassenbesten in ihrer Disziplin ihr Forschungsnetzwerk präsentieren dürfen. Ziel ist ein besseres Standortmarketing. Bulmahn: „So werden wir weltweit sichtbar – das waren wir bislang noch nicht.“
Auf die mittelständischen Unternehmer selbst kommen in der vernetzten Welt ganz neue Aufgaben zu – darüber herrschte Einigkeit bei den Diskussionsteilnehmern. „Jetzt müssen wir lernen, diese Netzwerke zu managen“, betonte Dietmar Harting, Vorsitzender des Ausstellerbeirates der Hannover Messe und persönlich haftender Gesellschafter der Harting KGaA in Espelkamp. Jederzeit und an jedem Ort kann man zukünftig auf das Wissen von Mitarbeitern oder Partnern zugreifen. Doch diese Knoten in dem Netzwerk zu steuern, erfordere von Unternehmern und Managern neue Qualifikatonen. Harting: „Dazu benötigt man vor allem soziale Kompetenz.“
Zudem verändert sich nach Hartings Ansicht zusehends die Richtung des Technologietransfers. Nicht nur der Wissensübergang von Wissenschaft zu Unternehmen sei gefragt, sondern zunehmend der Wissensaustausch zwischen den Unternehmen selbst. Der Unternehmer und ZVEI-Präsident sieht als wesentliches Merkmal dieser „New Economy“, dass Entwicklungsleistungen gemeinsam in Netzwerken erbracht werden. Beispiel: die Software Linux, die nach einem ersten Schritt durch weltweite Zusammenarbeit entstanden ist. Ebenso geht Harting davon aus, dass sich zukünftig in den Branchen – wie in der Kfz-Industrie – unter der Regie von Großunternehmen Zusammenschlüsse im Netz bilden werden. Ziel der KMU müsse es sein, zu diesen Netzwerken zu gehören.
Dass die Politik beim Technologietransfer nicht ausschließlich auf High Tech setzen soll, forderte Hartmut F. Grübel, der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Forschungszentrums Jülich GmbH. Es müsse „auch Middle Tech“ geben, um die mittelständischen Unternehmen mit begrenzter Kapitalausstattung nicht auszuschließen. Denn Projekte mit Hochtechnologien bedeuteten nicht zuletzt ein hohes wirtschaftliches Risiko, das Mittelständler nur schwer tragen könnten, so Grübel.
Zu den Auswirkungen der vernetzen Wirtschaft auf das Messewesen bezog Prof. Dr. Klaus E. Goehrmann, Vorstands-chef der Deutschen Messe AG in Hannover, Stellung. Ihm ist „in keiner Form Bange“, dass die althergebrachte, reale Messe bald der Vergangenheit angehören könnte. Die virtuelle Welt könne die reale Welt lediglich ergänzen: Hardware, Software, Brain-Faktoren und Kapital könnten seiner Meinung nach nur auf einer richtigen Messe zusammengeführt werden.
Dass die Informationsfülle nicht ohne Gefahren ist, betonte Dr.-Ing. Willi Fuchs, Direktor des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI). Die Menge des Wissens sei in den vergangenen Jahren exponentiell gestiegen. „Wir können diese Fülle bald nicht mehr bewältigen“, sagte der VDI-Chef. Intelligente Filter müssten die Informationen kanalisieren. Ebenso wie Dietmar Harting denkt er, wenn es um die Qualifikationen geht: „Im Management des Ganzen liegt die Herausforderung.“ In diesem Punkt sind seiner Ansicht nach die Verbände gefragt. Denn als Verbund zu arbeiten, sei für den VDI ebenso wie für den VDMA und den ZVEI schon lange eine Tradition. Diese Netzwerke müssten nun ausgebaut und angepasst werden.
Einen Schub bei der Vermarktung von Forschungsergebnissen verspricht sich Ministerin Bulmahn nicht zuletzt von einer Änderung des Patentrechts auf europäischer Ebene. Noch in diesem Jahr will sie eine so genannte Neuheits-Schonfrist für wissenschaftliche Veröffentlichungen durchbringen. Eine solche Regelung ist in den USA unter dem Namen grace period bereits bekannt. Nach der wissenschaftlichen Veröffentlichung sollen Erkenntnisse immer noch als Neuheit gelten, die patentiert und somit wirtschaftlich verwertet werden können. Derzeit muss das Wissen bis zur Patentierung unter Verschluss bleiben. Die Suche nach einer Finanzierungsmöglichkeit für die Innovation fällt so ungleich schwerer. Bulmahn: „Dieses Hindernis müssen wir beseitigen.“
Kompetenznetze.de: Bestenliste kommt ins Internet
Eine Art Bestenliste der regionalen Netzwerke präsentiert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) jetzt im Internet. Unter kompetenznetze.de finden sich die nach BMBF-Ansicht besten deutschen Netzwerke der einzelnen Branchen. Der Auftritt wendet sich sowohl an Investoren, Entscheider sowie Medien im In- und Ausland. Eine Expertengruppe wählt die jeweiligen Zusammenschlüsse als Klasssenbeste aus. Zum Start sind vorerst die Informationen zu acht Netzwerken zusammengefasst. Geplant sind laut Ministerin Edelgard Bulmahn Daten zu maximal 50 regionalen Kompetenznetzwerken.
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