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Gemeinsam statt einsam

Teamarbeit: Verantwortung auf mehreren Schultern
Gemeinsam statt einsam

Der zielgerichtete Einsatz von Arbeitsgruppen kann in der Produktion für effizientere Arbeitsabläufe sorgen. Unternehmen profitieren von mehr Freiraum und größerer Selbstverantwortung der Mitarbeiter.

„Das Team ist eine Arbeitseinheit mit weitgehender Eigenverantwortlichkeit“, formuliert der Koordinator für Personalservice bei der Rasselstein GmbH, Leo Becker, der die Team- und Gruppenarbeit in dem Unternehmen mit aufgebaut hat.

Die Gruppenarbeit wurde vielen geradezu als revolutionäre Erscheinung bewusst gemacht, als das Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston vor etwa vier Jahrzehnten jene Untersuchung in der japanischen Autoindustrie präsentierte, die ihren legendären Erfolg ganz besonders auf den zielgerichteten Einsatz von Arbeitsgruppen erkennbar werden ließ.
Der Weißblech-Hersteller Rasselstein beispielsweise setzt seit 1992 auf eine moderne Teamorganisation für seinen Arbeitsablauf. Sie wurde ihrerseits durch eine Vorstandsentscheidung auf Schiene gelegt, und Leo Becker betont: „Das wesentliche Gestaltungsprinzip ist die Orientierung an den Unternehmensprozessen. Dabei hängen Zuschnitt und Größe eines Teams primär von der Ganzheitlichkeit der Aufgabenwahrnehmung ab.“
In der Gesamtorganisation führt bei der ThyssenKrupp-Tochter jeweils ein Koordinator mehrere Teams. Der Teamleiter ist verantwortlich für das Erreichen der Teamziele. Sie werden nach internen Diskussionen für jedes Geschäftsjahr festgelegt und monatlich abgeglichen. Außerdem hat der Teamleiter nicht nur für die Produktion, sondern auch für die Qualität, die Instandhaltung und das Personal die Verantwortung zu tragen.
Die Aufgabenstellung des Teamleiters und die der einzelnen Mitarbeiter hat sich verändert. Jeder Mitarbeiter produziert nicht nur, sondern beurteilt die Qualität des produzierten Materials. Er wartet zum Teil seine Anlage selbst oder repariert bei größeren Instandhaltungen mit. Um ihn dafür in die Lage zu versetzen, musste jeder in Qualitäts- und Instandhaltungsfragen geschult werden.
Multiple Einsatzfähigkeit erfordert ihren Preis. Heute können viele Rasselstein-Werker bis zu fünf Arbeitsaufgaben an ihrer Anlage wahrnehmen. Becker erläutert: „Mitarbeiter Meier arbeitet am Auslauf einer Entfettungsanlage. Er hatte jahraus, jahrein nur eine einzige Tätigkeit zu erledigen. Heute steuert er die Anlage, ist an ihrem Einlauf tätig und kontrolliert. Auch das, was er produziert hat.“ Das kann sich sogar auf den Lohn auswirken, wenn die Vielseitigkeit eine höhere Einstufung ermöglicht.
Nach der Produktions-Umstellung auf Teamarbeit folgte auch eine Umstellung in der Verwaltung. Dafür nutzte das Unternehmen bereits vorhandene Strukturen. „Wir haben dafür erweiternde Rahmenbedingungen geschaffen, so dass der einzelne auch hier mehr Freiraum und eine größere Selbstverantwortung besitzt“, erläutert Becker.
Die Teams für Verwaltungsfunktionen umfassen in der Regel 5 bis 20 Mitglieder, jene in der Produktion 64 bis 450. „Wir haben dadurch effizientere Arbeitsabläufe erhalten, und die Reduzierung der Hierarchieebenen hat zum Abbau von Schnittstellen und zu einer reibungsloseren Kommunikation geführt“, fasst Becker zusammen. „Jeder Mitarbeiter hat einen eigenen Entscheidungsraum und kann auch selbst Verbesserungen anstoßen.“
Wenn fünf Gruppen einer Anlage allerdings über einen Vorschlag diskutieren, können auch Verzögerungen entstehen. Die Entscheidungsprozesse dauern einfach länger. Dafür ist die Akzeptanz für einen Vorschlag dann umso größer.
Am Ende bleibt: Das Echo ist positiv. 84 % der Beschäftigten haben bei einer Mitarbeiterbefragung angegeben, sie arbeiteten gern in diesem Unternehmen. Die Fluktuation betrug nur 0,6 %. Der Krankenstand lag bei 3 %, und die Anzahl der Verbesserungsvorschläge stieg auf fast zwei Vorschläge pro Mitarbeiter im letzten Geschäftsjahr.
Das führte zu verbesserten Kostenstrukturen und effektiven Kostensenkungen. Das Produktionsvolumen ist gestiegen, die bessere Wettbewerbsfähigkeit trug zur Standortsicherung bei. „Der 1992 eingeschlagene Weg ist erfolgreich. Bausteine wie flexible Arbeitszeit, Ideenmanagement, entsprechende Lohnsysteme, Teamarbeit auch in der Ausbildung und autonomen Wartung könnten den Erfolg der Teamarbeit noch weiter verbessern“, resümiert Becker. „Unser Zukunftsziel ist, den Facharbeiteranteil durch Übernahme eigener Azubis stetig zu erhöhen. Denn qualifizierte Mitarbeiter handeln eigenverantwortlich und und sind innovativer.“
Für den Erfolg von Teamarbeit ist es nicht unwichtig, dass die Mitarbeiter auch menschlich zumindest so weit übereinstimmen, dass sie sich nicht gegenseitig „an den Kragen“ gehen. Das erfordert zusätzlich Fingerspitzengefühl von den Vorgesetzten und wird von manchem für den schwersten Teil der Teamarbeit gehalten.
Der Managementberater Prof. Dr. Fredmund Malik aus St.Gallen warnt sogar vor einer Überbewertung von Teamwork. Ein Hinweis, mit dem er darauf aufmerksam machen will, dass mancher unter Berufung auf Teamwork die Übernahme von Verantwortung eher verringern als verstärken möchte, da sich die Rangordnungen einzelner Zuständigkeiten dabei in der Regel deutlich abflachen.
Rosemarie Fiedler-Winter Journalistin in Hamburg
Entscheidungen dauern länger – Akzeptanz wächst
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