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Gemeinsam zu neuen Aufträgen

Kooperation: Netzwerk für Metallverarbeiter in Ostsachsen
Gemeinsam zu neuen Aufträgen

In Ostsachsen haben sich 26 kleine und mittlere Unternehmen der Metallbranche zu einem Kooperationsnetzwerk zusammengeschlossen. Die Strukturen haben sich bei einem Auftrag von Bombardier Transportation bewährt.

Stefan Schroeter ist Journalist in Leipzig

Bei den Monteuren der DSG Werkzeug- und Metallbau GmbH im ostsächsischen Singwitz sitzt jeder Handgriff. Die schicken orangefarbenen Montagevorrichtungen sind Unikate, die sie nach Zeichnung für den Zulieferer eines Automobilunternehmens zusammenschweißen und -schrauben. Die meisten Teile dafür sägt, dreht und fräst die DSG gleich selbst in ihrer modernen mechanischen Abteilung, und sie sorgt in der eigenen Lackiererei auch für die Farbe. Das Oberlausitzer Unternehmen ist 1994 aus dem Werkzeugbau des längst liquidierten Mähdrescherwerkes Singwitz entstanden.
An knifflige Aufträge sind die 28 Mitarbeiter durchaus gewöhnt. „Wenn es kompliziert wird, kommt man zu uns“, erklärt Geschäftsführer Mario Dallmann. In solchen Fällen schaltet er oft auch das Konstruktionsbüro Ideema im nahen Königsbrück mit ein. Sind Blechteile zuzuschneiden, kommt der regionale Spezialist für Laser- und Wasserstrahl-Schneiden, die Käppler & Pausch GmbH (K&P) in Neukirch, zum Zuge. Als DSG im Sommer beim Waggonbau Bombardier Transportation in Görlitz den Auftrag für eine große Schweißvorrichtung ergatterte, musste ein weiterer Partner ran: Die verlangte pneumatische Steuerung konnte die Purtec Engineering GmbH einbauen, ein Spezialist für Handhabungs-, Förder- und Automatisierungstechnik aus Königswartha.
DSG, Ideema, K&P und Purtec gehören zum Kooperationsnetzwerk Maschinenbau und Metallbearbeitung in Ostsachsen – Team 22. Als das Netzwerk im Jahr 2000 auf Initiative des Technologie- und Gründerzentrums Bautzen (TGZ) gegründet wurde, waren zunächst 22 Unternehmen aus dem Sondermaschinen-, Werkzeug-, Vorrichtungs-, Anlagen- und Metallbau dabei, inzwischen sind es 26. „Einige Gründungsmitglieder haben das Netzwerk wieder verlassen oder sind inzwischen insolvent, aber noch mehr Unternehmen sind neu hinzu gekommen“, berichtet TGZ-Geschäftsführer Dr. Jürgen Besold.
Insgesamt sind in Ostsachsen 350 Unternehmen in der Metallbranche tätig – meist kleine und mittlere Betriebe mit unter 50 Beschäftigten. Einige größere Unternehmen knüpfen an industrielle Traditionen wie den Papierschneide-Maschinenbau und den Backofenbau an, andere sind aus aufgelösten Großunternehmen im Schienenfahrzeug- und Landmaschinenbau hervorgegangen. Um auch anspruchsvolle Aufträge bearbeiten zu können, kooperieren sie schon seit Jahren untereinander oder geben sich gegenseitig Aufträge weiter, die nicht ins eigene Profil passen.
Das TGZ, in dessen Hallen sich auch Maschinenbauer eingemietet haben, gab schließlich den Anstoß, im Team 22 eine feste Basis für die Zusammenarbeit zu schaffen. Dazu gehören ein gemeinsames Marketing mit Messeauftritten unter eigenem Logo: Die Teilnahme an der Hannover Messe ist zur Tradition geworden, der Gemeinschaftsstand ist inzwischen auch auf wichtigen Zuliefermessen in Leipzig, Karlsruhe, Chemnitz, Dresden und im französischen Strasbourg zu finden. Auf einem Branchentag präsentierten sich die Netzwerk-Firmen im Juni bereits im TGZ ihren potenziellen Auftraggebern aus Sachsen, Brandenburg und Thüringen. Ein interaktiver Internetauftritt informiert über das Leistungsspektrum der Mitglieder und bietet eine Auftragsbörse. Einmal im Monat tauschen die Unternehmen ihre Erfahrungen aus und schieben neue Projekte an. Das Ziel des Netzwerkes ist, mit den gebündelten Kompetenzen, die von der Konstruktion bis zur Endmontage reichen, auch an größere Aufträge heranzukommen.
Dabei tritt ein Unternehmen gegenüber dem Kunden als zentraler Ansprechpartner auf und übernimmt die Koordination mit den Partnern. „Damit können wir Aufträge erfüllen, die über die Möglichkeiten der einzelnen Unternehmen deutlich hinausgehen“, erklärt Hubert Gottschall, als Projektmitarbeiter beim TGZ für das Team 22 zuständig. K&P-Vertriebsleiter Bernd Alber hofft sogar darauf, künftig im Verbund ein Serienprodukt für einen Kunden fertigen zu können. „Dann hätten wir eine Grundauslastung und würden weniger abhängig von der Lohnfertigung.“
Das ist allerdings noch ein langer Weg: In den ersten Jahren des Netzwerkes blieb es zunächst bei der bilateralen Zusammenarbeit. Als Bombardier die DSG damit beauftragte, eine Schweißvorrichtung für die Wannenböden von Reisezug-Waggons zu fertigen, wurde die Zusammenarbeit auf eine neue Stufe gehoben: Um die anspruchsvolle Vorrichtung fertigen zu können, brauchte DSG das Know-how von fünf weiteren Partnern.
„Für uns war das ein Großauftrag“, bekennt Dallmann. Das bezieht sich nicht nur auf den Auftragswert, sondern auch auf die Abmessungen: Die 22 m lange, knapp 4 m breite und 8 t schwere Vorrichtung füllte die Montagehalle aus und musste nach der Fertigstellung in zwei Teilen nach Görlitz transportiert werden.
Dallmann fühlt sich auch für noch größere Aufträge gerüstet: In der Nachbarschaft kann er in den früheren Hallen des Mähdrescherwerkes genügend Montagefläche anmieten, um mehrere solche Vorrichtungen gleichzeitig zu bauen. Für die Partner war der Bombardier-Auftrag eine übersichtliche fertigungstechnische Herausforderung: K&P hatte dafür eine Tonne Blechmaterial zuzuschneiden – neben monatlich knapp 400 t Blechzuschnitt für andere Kunden. Auch für Purtec war der Wunsch nach einer pneumatischen Steuerung, die von einem Druckwagen aus die Wandbleche der Waggonböden mit zwölf Zylindern auf drei Ebenen an das tragende Gerippe drückt, nichts Außergewöhnliches: „Das entspricht unserem Profil“, erklärt Geschäftsführer Roland Lange, der erstmals gemeinsam mit dem Singwitzer Unternehmen an einem Projekt arbeitete. „Wir können die Arbeit mit der DSG jetzt fortführen.“
Die Verknüpfung des TGZ mit dem Netzwerk soll auch Unternehmen zugute kommen, die sich in der Region ansiedeln wollen, und Unternehmensgründern den Start erleichtern. Funktioniert hat das schon bei der britischen Steelways GmbH, die von Bautzen aus den nahen polnischen und tschechischen Markt erschließen will. Sie ist mit ihrer Niederlassung zunächst im TGZ eingezogen und fertigt hier Kabelkanäle für Maschinen und Anlagen. Im Team 22 hat sie einen Partner für die Pulverbeschichtung gefunden. Um weiteren Metallbearbeitungs-Unternehmen den Start in der Region erleichtern und damit die Traditionsbranche stärken zu können, erweitert das TGZ seine bisher 2600 m² großen Räume bis Mai 2004 um einen Neubau auf 10 000 m².
Das Team 22 will sich auch mit anderen Netzwerken verknüpfen: So gibt es bereits einen Kontakt zum Interessenverband Chemnitzer Maschinenbau e.V., an dessen Einkaufspool sich die Ostsachsen beteiligen wollen. Die Verbindung zu einem französischen Netzwerk soll ausgebaut werden.
Der Blick geht auch über die nahen Grenzen zu Polen und Tschechien, wo es zwar kein vergleichbares Netzwerk, aber dennoch gute Chancen für Kooperationen gibt: K&P betreibt bereits seit vier Jahren mit polnischen Partnern erfolgreich eine Niederlassung in Niederschlesien. Ein weiteres Mitglied von Team 22, die Zittauer Schweißzentrum GmbH, hat eine viel versprechende Kooperation mit dem tschechischen Werkzeugmaschinenbauer Tos Varnsdorf begonnen. Gottschall ist überzeugt, dass von dem Kontakt auch die anderen Team-Mitglieder profitieren können – vor allem bei der gegenseitigen Nutzung freier Maschinen-Kapazitäten. „Damit lassen sich unnötige Investitionen vermeiden“, glaubt der TGZ-Manager. Tos hat jetzt erst einmal zu einer Betriebsbesichtigung nach Varnsdorf eingeladen.
Netzwerk kann Ansiedlung neuer Unternehmen in der Region erleichtern
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