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Gießen – hochmoderner Traditionsprozess

Simulationsmethoden holen das Optimum aus dem Rohmaterial
Gießen – hochmoderner Traditionsprozess

Mehr denn je lohnt sich die Überlegung, ob Teile nicht besser durch Gießen als durch Schweißen hergestellt werden. Selbst komplexe Strukturen mit Hinterschneidungen sind heutzutage kein Problem mehr.

Dr. Barbara Wantzen ist freie Fachjournalistin in Ulm

Die Chance, mehrere Funktionen in ein Bauteil zu integrieren, führt oft dazu, dass Schweißkonstruktionen durch gegossene Bauteile ersetzt werden. Daneben tragen Gussteile auch zur Kostensenkung bei, denn moderne Gießverfahren nutzen das Ausgangsmaterial zu 90 % aus und zeichnen sich zudem durch einen vergleichsweise niedrigen Energiebedarf von 30 bis 38 MJ pro Kilogramm des Endproduktes aus. Günstigere Werte zeigen nur die pulvermetallurgischen Verfahren. Mit 95% bieten sie die höchste Materialausnutzung und ihr Energiebedarf ist mit 29 MJ noch geringer. Zum Vergleich: Bei spanender Bearbeitung liegt die Materialausnutzung bei nur 40 bis 50 % und der Energiebedarf ist mit 66 bis 82 MJ mehr als doppelt so hoch, so jedenfalls die Erfahrung der Schunk Sintermetalltechnik GmbH, Heuchelheim.
Als Formgebungsverfahren mit langer Tradition hat das Gießen eine enorme technische Vorwärtsentwicklung erfahren. Mit verschiedenen auf die Seriengröße und den Werkstff abgestimmten Verfahrensvarianten von Sand-, Kokillen- und Druckguss werden heute die unterschiedlichsten Bauteile hergestellt – vom kleinsten Elektronikbauteil bis zum größten Motorblock für Schiffsdieselmotoren. Selbst komplexeste Strukturen, auch mit Hinterscheidungen, lassen sich prozesssicher und hochautomatisiert gießen, auch große und größte Serien. Dies ist mit allen technisch bedeutsamen Metallen wie Gusseisen, Stahl, Aluminium-, Kupfer-, Zink- und Magnesiumlegierungen problemlos möglich.
Entsprechend groß ist das Produktionsvolumen. Bei den deutschen Gießereien belief es sich im Jahr 2002 auf insgesamt etwa 4,6 Mio. t, wovon 3,75 Mio. t auf Eisen- und Stahlguss entfielen mit einem Kapitalvolumen von 5,39 Mrd. Euro. Den Hauptanteil an den 845 000 t Nichteisen(NE)-Metallguss hatte Aluminium mit 660 000 t.
NE-Metallguss steht bei einem Kapitalvolumen von 3,66 Mrd. Euro dem Eisen- und Stahlguss nicht sehr nach, was in erster Linie auf die höheren Materialkosten zurückzuführen ist.
Bedingung für die wirtschaftliche Herstellung eines eigenschaftsoptimierten Gussbauteiles ist eine enge Zusammenarbeit von Konstrukteur, Anwender und Gießer. Dies gilt gerade auch dann, wenn eine Schweißkonstruktion in ein Gussteil umgewandelt werden soll, wie das Beispiel einer Schubstange für den Reinigungsantrieb eines Mähdreschers zeigt.
Ursprünglich wurde die Schubstange aus sechs Stahlblechbauteilen zusammengeschweißt. Als Gussteil besteht sie nur noch aus einem einzigen Stück. Gefertigt wird sie mit Hilfe des Sandgussverfahrens aus Gusseisen mit Kugelgrafit EN-GJS-400-15, auch Sphäroguss genannt.
Durch das Umstellen auf das Gießen reduziert sich die Fertigungszeit, weil mehrere Arbeitsgänge wegfallen. Gleichzeitig verringert sich der Platzbedarf im Lager. Beide Aspekte tragen zusätzlich zur Kostenersparnis bei neben der besseren Materialausnutzung und dem geringeren Energiebedarf.
Auch technologische Vorteile kann die Gusskonstruktion aufweisen. Um die Spannungsverteilung in der Schubstange zu optimieren, führten die Techniker eine Lastanalyse durch. Die gestalterische Freiheit beim Gießen ermöglichte es ihnen, das Material im Bauteil so umzuverteilen, dass die maximale Vergleichsspannung gegenüber der Schweißkonstruktion um 13 % sank. Auch die Schwachpunkte der Schweißkonstruktion, die Schweißnähte und die Wärmeeinflusszonen, entfallen beim Gussteil.
Formfüllung und Erstarrung werden auf dem Computer simuliert, um ein geeignetes Gießsystem für ein lunkerfreies Werkstück zu erhalten. „Ganz wichtig ist es, Produkt- und Prozessentwicklung parallel und aufeinander abgestimmt zu betreiben“, erklärt Mirko Schulze von der Abteilung Produktentwicklung bei der Claas Guss GmbH, Gütersloh. „Nur so erhält man ein Gussteil mit optimalen Eigenschaften.“
Industrieanzeiger
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