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High-Speed-Handling mit Kraft und Gefühl

Linearmotor spart Bauraum und steigert die Taktzahl
High-Speed-Handling mit Kraft und Gefühl

Die hohe Dynamik industrieller Linearmotoren lässt sich besonders gut in schnellen Handhabungs-Automaten nutzen. Dort sind die Direktantriebe nicht nur als Aktor nützlich, sondern tasten mit geschicktem Steuerungsprogramm auch Positionen ab.

Ernst Blumer ist Verkaufsleiter der Züricher Sulzer Electronics Ltd. Linmot

Lineare Direktantriebe haben sich in den letzten Jahren als Antriebe für hochgenaue Anwendungen besonders in der Halbleiterfertigung durchgesetzt. Da sie sehr dynamisch und flexibel sind und eine hohe Lebensdauer erreichen, erobern sie nun auch die Handling-Branche.
Die Motoren vom Typ Lin-Mot-P beispielsweise sind komplette Antriebssysteme mit integrierter Lagerung und Positionssensorik. Sie sind in abgestuften Größen als normierte Konstruktionselemente erhältlich und können vor allem dort eingesetzt werden, wo altbekannte Bauteile wie Pneumatikzylinder an die Grenzen ihrer Möglichkeiten stoßen. Beispielsweise ist die maximale Verfahrgeschwindigkeit industrieller Linearmotoren von über 4 m/s um den Faktor 2 bis 3 größer als die eines Pneumatikzylinders – das macht den Unterschied zwischen den Technologien deutlich sichtbar. Als Ergänzung zu Konstruktionselementen wie Servomotoren mit Riemen- oder Spindelantrieb, Kurvenscheiben oder Pneumatikzylindern bieten die industriellen Linearmotoren zusätzliche Möglichkeiten für neuartige und flexible Konstruktionen.
Da der Slogan „Zeit ist Geld“ in der Produktion nach wie vor das Schlüsselkriterium ist, müssen Bewegungen immer dynamischer werden. Totzeiten sollen durch exakte Synchronisation vermieden werden. Darüber hinaus soll die Flexibilität steigen, indem viele Bewegungsabläufe gespeichert werden. Linearmotoren entsprechen diesen Forderungen und weisen darüber hinaus sogar genügend Reserve auf, wenn die Leistung und damit die Geschwindigkeit in den Bereichen Handhabung und Montage weiter gesteigert werden soll.
Vor allem bei kurzen Taktzeiten gewinnt die präzise Vorgabe des Bewegungsprofils an Bedeutung. Denn was nutzt eine hohe Verfahrgeschwindigkeit, wenn die Beschleunigung nicht zu kontrollieren ist und das Produkt bei jedem Startvorgang vom Greifer fällt? Unkontrollierbare Beschleunigungen treten in bisherigen Konstruktionen vor allem dann auf, wenn die Bewegung eines Pneumatikzylinders einsetzt: Unterschiedliche Haft-Gleit-Reibung tritt an den Dichtungen auf und führt zum sogenannten Stick-Slip-Effekt. Um dieses Problem in den Griff zu bekommen, müssen die Bewegungen der Pneumatikzylinder mittels Dämpfern zusätzlich verlangsamt werden. Bewegungsprofile industrieller Linearmotoren lassen sich hingegen über die Steuerung nach beliebigen Kriterien definieren und bleiben über die gesamte Lebensdauer stabil.
Diese große Flexibilität und schnelle Umrüstzeiten sind gerade in modernen Handhabungs- und Montagesystemen gefragt, da kleinere Losgrößen in der Produktion nach wie vor im Trend liegen. Idealerweise erfolgt bei einer flexiblen Maschine der Produktwechsel durch einen einzigen Tastendruck auf der Steuerung. Linearmotoren erfüllen diese Forderungen, denn wo sie eingesetzt werden, entfallen sowohl das manuelle Verstellen mechanischer Endanschläge als auch der Wechsel von Kurvenscheiben als mögliche Fehlerquellen.
Darüber hinaus lassen sich auch komplexe Handhabungsaufgaben mit sehr kompakten und einfachen Konstruktionen lösen. Bei Pick&Place-Anwendungen mit Vakuum- oder Pneumatikgreifern beispielsweise sind die Einbauverhältnisse oft beengt. Das Zuführen der Luft- und Vakuumversorgung ist ein zusätzliches Problem. Bei Linearmotoren mit Lochläufern hingegen wird der Greifer durch eine Bohrung im Läufer versorgt. Da die lineare Bewegung direkt erzeugt wird, können auch aufwändige und platzraubende Konstruktionen mit Getrieben, Kupplungen, Spindeln oder Riemen entfallen. Dies führt, bedingt durch die wesentlich leichtere Bauweise, zu Einsparungen in Konstruktion und Produktion von Serienmaschinen.
Bohrung im Läufer versorgt den Greifer mit Druckluft
Viele Montage-Aufgaben werden jedoch auch heute noch manuell erledigt, da für die benötigten Abläufe das Tasten und Fühlen der menschlichen Hand gebraucht werden. Linearmotoren können solche Aufgaben, die aus den bisher üblichen Standardkomponenten nur mit großem Aufwand zu realisieren waren, auf einfache Weise wahrnehmen. Beim Linearmotor ist das bewegte Teil sowohl für das Positionieren wie auch für das Erzeugen der Kraft verantwortlich. Daher können die Informationen über die Ist-Position und die aktuell ausgeübte Kraft für das Steuern von Abläufen verwendet werden. So wirkt der Direktantrieb nicht nur als Aktor, sondern auch als Sensor.
Mit Linearmotoren lassen sich auch Formteile mit definierter Kraft gefühlvoll ineinander fügen. Solche Anforderungen entstehen, wenn beispielsweise eine Flasche mit Verschluss versehen werden soll. Rückmeldungen über Endposition und benötigte Kraft ermöglichen die Kontrolle, ob der Fügeprozess erfolgreich abgeschlossen ist: So lässt sich überwachen, ob alle Teile in der korrekten Ausgangsposition sind, der Deckel mit der gewünschten Kraft aufgedrückt und die Endposition erreicht wurde.
Wie die Beispiele zeigen, sind industrielle Linearmotoren multifunktionelle Elemente für dynamische Positionieraufgaben, die im modernen Maschinenbau einen festen Platz unter den Standardkomponenten einnehmen.
Anwendungsbeispiel: Motor lotet die Tiefe der Bohrung aus
Wenn die Steuerung entsprechend eingestellt ist, übernimmt der Linearmotor bei Handhabungs- oder Montageaufgaben zwei Funktionen. Er arbeitet als Aktor, der zugleich die Sensordaten liefert.
Ein Linearmotor kann als Tastelement eingesetzt werden, um zu fühlen, wie hoch ein Stapel bereits ist oder wie tief ein Loch gebohrt wurde. Beim Tastvorgang wird der maximale Strom und somit die maximale Kraft des Linearmotors über die Steuerung begrenzt. Auf diese Weise bringt der Motor lediglich die gewünschte Abtastkraft auf. Dann wird dem Motor eine Soll-Position vorgegeben, die weit unterhalb der zu erwartenden Abtastposition liegt. Der Linearmotor fährt nun mit der eingestellten Geschwindigkeit herab, bis er auf den abzutastenden Gegenstand trifft. Da er dort seine Sollposition noch nicht erreicht hat, schickt er eine Fehlermeldung ab, in der auch die Ist-Position enthalten ist. Diese interpretiert die übergeordnete Steuerung nicht als Hinweis auf ein Problem, sondern registriert, dass die aktuelle Position des Linearmotors der Stapelhöhe oder der Bohrlochtiefe entspricht. Über eine serielle Schnittstelle oder ein Feldbus-Interface wie CAN oder Profibus wird diese Position ausgelesen, so dass die Steuerung sie weiterverarbeiten kann.
Ein kostenloses Handbuch informiert über das Konstruieren mit Linearmotoren. Es enthält Praxisbeispiele und weiterführende Tipps für den Konstrukteur. Auch Zusatzkomponenten sowie deren Bezugsquellen sind aufgeführt. Der Anhang enthält Abmessungen und Umrechnungstabellen.
Tel. 0041-14452282
Das etwa 2 MB große Design Manual ist auch via Internet zugänglich unter www.linmot.com
Linearmotor in Stabform: Antriebssystem ohne Verschleiß
Ein linearer Direktantrieb vom Typ Linmot P besteht aus lediglich zwei Teilen: dem beweglichen Läufer und dem Stator. Da zwischen Läufer und Stator keine mechanische Verbindung besteht und die lineare Bewegung direkt durch elektromagnetische Kräfte erzeugt wird, tritt prinzipbedingt kein Verschleiß auf. So liegt die Lebensdauer um den Faktor 100 höher als bei pneumatischen Antrieben, selbst wenn hohe Zykluszahlen gefahren werden. Wie bei rotativen Servomotoren lassen sich mit den Linearmotoren beliebige Positionen anfahren, gespeicherte Bewegungsabläufe abarbeiten oder Bewegungen synchron zu einer Hauptwelle ausführen.
Der Läufer besteht aus einem Edelstahlrohr, in dem die Antriebsmagnete untergebracht sind. Die Lagerung für den Läufer sowie die Motorwicklung, die Temperaturüberwachung und die Magnetfeldsensoren für die berührungslose Positionsmessung sind in einem massiven Stahlgehäuse vergossen. Diese Konstruktionsweise gewährleistet den zuverlässigen Betrieb in rauer Industrieumgebung mit starker Verschmutzung oder bei Anwendungen unter Wasser.
Industrieanzeiger
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