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In China ist längst nicht alles hart, was glänzt

Deutscher Werkzeugbau punktet durch Nachhaltigkeit und Nutzen
In China ist längst nicht alles hart, was glänzt

Bange machen gilt nicht, betont Prof. Schuh vom Aachener Lehrstuhl für Produktionssystematik. Denn der deutsche Werkzeugbau gehöre nicht nur bei den Preisen zur weltweiten Oberliga, sondern mehr noch bei Leistung und langfristigem Kundennutzen.

Dipl.-Ing. Wolfgang Filì ist Journalist in Köln fachjournalist@fili.net

Es scheint, als könne die hiesige Branche da kaum mithalten: Mit höherer Jahresarbeitszeit, niedrigen Löhnen und Preisen, bei denen jedem Kostenrechner schwindlig wird, setzt Chinas Werkzeugbau die deutschen Betriebe rasant unter Druck. Nach den Offensiven der jüngsten Vergangenheit – zunächst der italienischen, portugiesischen, später der osteuropäischen und nun indischen Special Tooler – stehen Deutschlands Werkzeugbauer damit vor einem weiteren Problem: Immer öfter stellen die Kunden in Frage, ob sie ihre Werkzeuge nicht in noch größerem Stil aus China beschaffen sollten?
So korrekt dieser Ansatz aus Controller-Sicht zunächst auch sei, so wenig nachhaltig sei er letztlich für das Produkt, warnt Günter Schuh vom Labor für Werkzeugmaschinen und Betriebslehre (WZL) an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen. Er lehrt dort Produktionssystematik und hat gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT das Preis-Leistungs-Verhältnis der Fernostbetriebe mit Blick auf den gesamten Lebenszyklus untersucht. Dazu wurden die Daten von 20 000 chinesischen Werkzeugbauern ausgewertet und hunderte westeuropäische und chinesische Einkäufer interviewt.
Ergebnis Nummer eins ist, dass auch in China nicht alles Gold ist, was glänzt. Die Betriebe dort haben den technischen Stand deutscher und europäischer Special Tooler längst nicht erreicht. Zwar finden sich vereinzelt bereits sehr gute Leistungen – die Mehrzahl der Unternehmen arbeitet jedoch kaum mit tolerierten Elementen oder sie kennzeichnet Härtebereiche als „hart“, die hierzulande als Weichbearbeitung verstanden würden.
So wird über die Hälfte aller Werkzeuge auch nach der zweiten Bemusterung nicht als einwandfrei angenommen, was Defizite in Qualität und Präzision offenbart. Da chinesische Werkzeugbauer bislang noch keinen Service in Deutschland anbieten, ist die Inbetriebnahme häufig mit einer entsprechend teuren Not- und Nachbesserungsaktion durch deutsche Special Tooler verbunden. Hinzu kommt, dass auch die zugesagten Stand- oder Zykluszeiten nicht immer erreicht werden. Insoweit stellt das Preis-Leistungs-Verhältnis chinesischer Werkzeuge aus Sicht von 65 % der Anwender nicht zufrieden.
Ergebnis Nummer zwei wäre damit, dass sich für den deutschen Werkzeugbau weiterhin Chancen ergeben. Insbesondere diejenigen Bereiche, in denen auch der chinesische Wettbewerb den Vorsprung hiesiger Unternehmen sehen, müssten ausgebaut und genutzt werden, bilanziert Prof. Schuh: „Dies bezieht sich auf die technologische Leistungsfähigkeit, Produktivität und auch die Standzeit der Werkzeuge. Unternehmen, die ihren Kunden hier einen wirklichen Nutzen anbieten, werden auch langfristig erfolgreich im Markt agieren können.“ Gleichwohl dränge die Zeit. Denn die Regierung der VR China habe den Werkzeugbau als Schlüsselbranche für die produzierende Industrie deklariert.
Beim Beschaffen qualitativ gleichwertiger Werkzeuge aus China lohnt sich laut IPT die klassische Rechnung aller anfallenden Kosten: Berücksichtige das bestellende Unternehmen nämlich sämtliche Aufwendungen für Abstimmung, Qualitätskontrolle, Reisekosten rund um die Projektbetreuung, Transport sowie den Zoll, liege der Preisunterschied zwischen dem deutschen und chinesischen Tool unter 10 %.
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
Ausgabe
6.2024
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