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„In Düsseldorf hatten wir immer Bombengeschäfte“

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„In Düsseldorf hatten wir immer Bombengeschäfte“

„In Düsseldorf hatten wir immer Bombengeschäfte“
Zahlreiche Firmen, die der Interkama in Düsseldorf über Jahrzehnte die Treue hielten, stellen sich ab diesem Jahr den neuen Bedingungen im Verbund der Hannover Messe. Während die einen darauf hoffen, an alte Erfolge anknüpfen zu können, setzen die anderen auf einen Neuanfang (Bild: Archiv Industrieanzeiger) Heinz Hoster, Germex GmbH (Bild: Germex):
Die Fachmesse Interkama findet in diesem Jahr erstmals im Rahmen der Hannover Messe statt. Die Deutsche Messe AG verspricht einen Mehrwert durch den Messeverbund. Langjährige Interkama-Aussteller blicken teilweise mit gemischten Gefühlen nach Hannover.

Von unserem Redaktionsmitglied Uwe Böttger uwe.boettger@konradin.de

In den Hallen 5 bis 9 und in der Halle 11 auf dem Hannover Messegelände dreht sich vom 19. bis 24. April alles um die Prozessautomation. Auf rund 30 000 m² Ausstellungsfläche findet die neue Interkama+ statt, die ihren Umzug von Düsseldorf nach Hannover nun hinter sich hat. Die Deutsche Messe AG rechnet mit rund 800 Ausstellern.
Einer davon ist Heinz Hoster, Geschäftsführer der Germex GmbH in Grevenbroich (Halle 6, Stand C04). Das Unternehmen vertreibt hochwertiges Kalibrierequipment des finnischen Herstellers Beamex. Zum Portfolio gehören spezifische und kombinierte Geräte für Druck, Temperatur und elektrische Signale. Umfangreiche Kalibrierdatenbanken, die den Anwender bei der Dokumentation unterstützen sollen, werden ebenfalls über Germex in Deutschland verkauft. „Für uns war die alte Interkama die beste Messe aller Zeiten“, schwärmt Hoster. „In Düsseldorf hatten wir immer Bombengeschäfte. Die alte Interkama war das richtige Produkt zur rechten Zeit am rechten Ort.“
Der Germex-Chef versteigt sich bei seinen Worten nicht in einer nostalgischen Verzückung oder urteilt aus dem Bauch heraus. Schließlich war er 30 Jahre Daueraussteller in Düsseldorf. Hoster befürchtet, dass die neue Interkama im Hannoveraner Bauchladen untergeht und er seine Kunden aus Düsseldorf nicht mehr wiedersieht: „Ich hoffe, die kommen. Aber ich glaube es nicht.“ Vom Besucherstrom in Hannover erwartet er nicht allzu viel: „Denen müssen sie erst mal den Begriff Kalibrieren erklären.“ Auch hier kann Hoster auf eine jahrzehntelange Erfahrung zurückblicken. Die Finessen eines Standgesprächs kennt er aus dem FF: „Ob das ein Informationsgespräch wird oder ein Neukunde, weiß ich nach dem ersten Satz.“
Für Michael Ziesemer, Vorsitzender des Fachbereichs Messtechnik und Prozessautomatisierung bei der Endress + Hauser AG in Weil am Rhein (Halle 6, Stand D32/D42), schlägt das neue Herz der Prozessautomatisierung direkt in Halle 6 auf dem Hannover Messegelände: „Die Interkama war und ist unsere Leitmesse und wir möchten alle, dass das so bleibt. Aber die Interkama in Düsseldorf war in großer Gefahr.“ Den Grund dafür sieht Ziesemer in dem Trend, dass der Anlagenbetreiber nicht mehr nur Teilbereiche oder einzelne Produktionsschritte betrachtet. Vielmehr rücke der gesamte Prozess immer stärker ins Blickfeld. „Das ist vor allem in den Unternehmen der Fall, die sowohl Fertigungs- als auch Prozessautomatisierung einsetzen“, so der Manager. Als Beispiel nennt er die Automobilindustrie und deren Zulieferbranche. So sei beispielsweise die Reifenherstellung auf der einen Seite eine typische Fertigungsautomatisierung. Auf der anderen Seite gibt es bei dieser Anwendung auch Tanklager und Rohstoffsilos, dem Prozess müssen Luft, Wasser und Wärme zugeführt werden. Dies sind typische Anwendungen aus der Prozessautomatisierung. „In Düsseldorf war dieses Zusammenwirken verschiedener Disziplinen nicht ausreichend darstellbar“, fasst Ziesemer zusammen. „Für die Interkama+ eröffnen sich im Verbund mit den anderen Leitmessen völlig neue Möglichkeiten.“
Endress + Hauser nutzt denn auch die Interkama+, um neue Produkte vorzustellen, die das „Zusammenwirken verschiedener Disziplinen“ und damit den gesamten Prozess unterstützen. So lässt sich etwa mit den neuen Systemkomponenten Fieldgate FXA320, FXA520 und FXA720 der Datenaustausch zwischen Feld- und Leitebene sicherstellen. Zudem können ausgewählte Messgrößen über das Internet hinaus ins Internet gestellt werden. Dadurch ist der weltweite Zugriff auf Prozess- und Geräteparameter gegeben. Mit einem zugehörigen Softwarepaket lassen sich die Feldgeräte von der Warte aus parametrieren. Ein weiteres Programmpaket liest die Prozessdaten zyklisch ein und stellt sie für eine Weiterverarbeitung zur Verfügung.
Die Keller HCW GmbH, Spezialist für die pyrometrische Temperaturüberwachung, hat sich auf der Interkama+ einen Stand in Halle 7 gesichert (Stand E12). Das Unternehmen aus Ibbenbüren stellte über viele Jahre regelmäßig auf der Interkama in Düsseldorf aus. Für Albert Book, Vertriebsleiter MSR, war sie die wichtigste Messe überhaupt. „Bis Ende der neunziger Jahre lief die Veranstaltung für uns sehr gut“, erinnert sich Book. „Der Auslandsanteil bei den Besuchern lag bei rund 40 Prozent. Immer montags und dienstags kamen die Asiaten auf den Stand, die für unser Geschäft sehr wichtig waren.“ Die letzte Messe im Herbst 2001 hingegen war aus Sicht von Book eine Katastrophe. Mehr als die Hälfte der Besucher blieb aus, die anwesenden 50 % erwiesen sich als mehr oder weniger unqualifiziert. „Einen Grund für den Niedergang der Interkama haben wir nicht gefunden“, so Book. Die Neuauflage in Hannover schätzt Book positiv ein. Er hält das Konzept der Deutschen Messe AG für eine sinnvolle Zusammenführung verschiedener Technologien. Allerdings glaubt der Vertriebsspezialist nicht daran, dass die neue Interkama so gut wird wie die alte zu guten Zeiten: „Ich befürchte, dass wir den Auslandsanteil von Düsseldorf in Hannover nicht bekommen werden.“
Johannes W. Steinebach, Geschäftsführer der TWK Elektronik GmbH (Halle 7, Stand D12) und langjähriger Interkama-Aussteller, hat klare Erwartungen an eine solche Veranstaltung: „Wir gehen nicht auf eine Messe wegen der guten Hallenluft oder dem guten Essen – sondern wegen der Besucher.“ Und mit denen ging es laut Steinebach in Düssledorf immer weiter bergab. Innerhalb der letzten zehn Jahre hätten sich die Kontakte halbiert. Zum Schluss hat das Düsseldorfer Unternehmen nur noch einen Stand gemietet, weil die Veranstaltung praktisch vor der Haustüre stattfand. „Im Grunde sind wir froh, dass es vorbei ist.“ Als Hersteller von Winkel- und Wegsensoren war TWK Elektronik auch Daueraussteller auf der Hannover Messe. „Wir befürworten den neuen Messeverbund und sind gespannt, ob wir an alte Erfolge anknüpfen können.“
Die J. Dittrich Elektronik GmbH in Baden-Baden (Halle 7, Stand B 11) beschäftigt sich mit der klassischen Gasmesstechnik und war mit ihren Produkten auf Partnerständen während der Düsseldorfer Interkama vertreten. Geschäftsführer Jürgen Dittrich ist gespannt auf die Interkama+ und hofft auf ein internationales Publikum. Ausländische Besucher hält er für wesentlich aufgeschlossener gegenüber neuen Produkten. „In Deutschland wird lange über Normen diskutiert“, weiß Dittrich. „In der Zwischenzeit ist das Produkt veraltet.“ Im Hannover Messeverbund rechnet der Manager mit Standbesuchern, die sich wendiger zeigen. „Dann läuft auch das Geschäft besser.“
Die Interkama in Düsseldorf war in großer Gefahr
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