Das vierte Mitglied der Geschäftsführung beim Antriebstechnik-Hersteller Lenze Holding GmbH & Co. KG ist seit März der Software-Spezialist Prof. Otthein Herzog. Er wechselt von der Universität Bremen nach Hameln.
Das Interview führte unser Redaktionsmitglied Dr. Birgit Oppermann
?Professor Herzog, Sie haben schon als Lehrstuhlinhaber zusammen mit der Lenze-Gruppe Programme entwickelt, mit denen sich Antriebssysteme automatisch konfigurieren lassen. Welche Gründe gab es für Ihren Wechsel in die Industrie?
!Es war vor allem der Reiz, mich bei einem so innovativen und zukunftsorientierten Unternehmen zu engagieren. Ich habe das über die letzten Jahre als Mitglied des Beirats genau verfolgt und war sehr angetan von den technischen Entwicklungen, aber auch von der Flexibilität, mit der Lenze sich immer wieder an die Spitze von technologischen Trends setzt. Ich werde der Universität allerdings nicht ganz Adieu sagen und – in sehr reduzierter Form – weiter dort lehren.
?Automation und Antriebstechnik sind immer enger verzahnt. Wo spielt Ihrer Ansicht nach die Software in der Zukunft eine Rolle?
!In der Mechatronik wird es im Zusammenspiel von Mechanik und Software Gesamtlösungen geben, von deren Funktionalität, Flexibilität, Zuverlässigkeit und Kostengünstigkeit man noch vor einigen Jahren nur träumen konnte.
? Sie integrieren seit kurzem auch Steuerungselemente in Ihre Antriebe, wie beispielsweise mit der Drive PLC. Wie sieht es da mit der Konkurrenz zu Steuerungstechnik-Anbietern aus?
!Lenze wird nicht in den Wettbewerb mit Anbietern von Steuerungstechnik treten.
? Sind Standards in Sicht oder müssen sich Antriebstechnik-Hersteller den heutigen Vorgaben der Steuerungstechniker anpassen?
!Auf lange Sicht helfen nur Standards wie beispielsweise OPC oder IEC 1131 weiter. Sie können als Basis dienen, um weitere anwendungsspezifische Entwicklungen darauf aufzubauen.
?Als Systemanbieter sind Sie gezwungen, Fachleute mit ganz verschiedenen Ausbildungen an einen Tisch zu bekommen. Wie lässt sich Ihrer Erfahrung nach der Dialog zwischen den Informatikern und den Ingenieuren aus den klassischen Feldern des Maschinenbaus am effektivsten führen?
!Ganz einfach: indem einer die Sprache des anderen in konkreten Projekten verstehen lernt.
? Wo sehen Sie den wichtigsten Trend, was die Integration von Software in die Antriebe angeht?
!Es ist ein Bündel von Vorteilen, das die Integration von Software in Antrieben bietet. Dazu gehört, dass die Systeme flexibler werden oder Zusatzfunktionen enthalten können. Der wichtigste Trend aber ist, dass sich Antriebe mit dezentraler Intelligenz vernetzen lassen.
?Wie wird sich die Bedeutung mechanischer Antriebselemente wie Getriebe oder Kurvenscheiben entwickeln?
!Auf der einen Seite wird man noch lange Getriebe für die Umsetzung von Drehmomenten benötigen; andererseits bieten jetzt schon mechatronische Systeme wie beispielsweise Getriebemotoren mit Motec, also einem Frequenzumrichter am Motor, sehr viel Kundennutzen. Dort ersetzen Software-Funktionen die Kinematik.
?Welchen Anteil könnte in Zukunft die Informationstechnik an der Wertschöpfung haben?
!Meiner Ansicht nach wird der Anteil der Software in Zukunft auf mindestens 50 Prozent steigen.
?Welches Ziel möchten Sie als Geschäftsführer in der Lenze-Gruppe erreichen?
!Wir wollen in engem Kontakt mit den Kunden die passenden intelligenten Maschinensubsysteme auf der Basis innovativer Antriebstechnik weiter entwickeln.
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