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Intelligente Getriebe erscheinen am Horizont

Spezialisierte Hersteller lassen die Robotergetriebe schrumpfen
Intelligente Getriebe erscheinen am Horizont

Intelligente Getriebe erscheinen am Horizont
Superflach und mit großem Hohlwellendurchmesser: Bei Robotergetrieben geht der Trend zu kompakteren Bauformen bei höheren Abtriebsmomenten (Bild: Harmonic Drive)
Die kontinuierliche Entwicklung bei Robotergetrieben hat einen Knick bekommen – nach oben. Die Ursachen sind Preisdruck, Erfindungsreichtum, neue Fertigungsmethoden und optimierte Steuerungen. Sie alle sorgen für mehr Präzision beim Übertragen des Drehmomentes.

Bernhard Foitzik ist Fachjournalist in Neustadt

Wie gut die Konjunktur bei Robotern ist, stellen Getriebehersteller frühzeitig an ihren Absatzzahlen fest, und die waren im vergangenen Jahr wieder einmal sehr gut. Nach der Roboter-Statistik der UN-Wirtschaftskommission wächst der Umsatz in Europa um 25 %. Das Plus in Deutschland dürfte annähernd in der gleichen Größenordnung gelegen haben, so dass gut 12 000 Roboter neu installiert wurden. Rechnet man mit fünf bis sechs Achsen pro Roboter, ergibt sich ein Markt von 60 000 bis 70 000 Robotergetrieben pro Jahr.
Tatsächlich werden es weniger sein. Denn Scaras haben weniger Achsen und Getriebe, oder sie sind direkt angetrieben. Darüber hinaus werden viele Geräte importiert. Von den weit über 250 Getriebeherstellern, die im deutschsprachigen Raum produzieren, haben sich denn auch nur wenige auf das Spezialgebiet Robotergetriebe verlegt: Das Ausrüsten mehrachsiger Knickarmroboter und Scaras gilt immer noch als Herausforderung, sowohl wegen der Produktionstechnik als auch wegen der notwendigen Investitionen.
Die Entwicklungsvorgaben für die Getriebehersteller ergeben sich aus den aktuellen Trends in der Robotertechnik. Chihiro Higuchi, Geschäftsführer der deutschen Niederlassung der Teijin Seiki Europe GmbH in Düsseldorf fasst zusammen: „Höhere Traglasten, Wartungsfreiheit, höhere Präzision und natürlich der Preis bestimmen den Trend.“
Bisher haben vor allem kleine Schritte die Entwicklung geprägt. Doch zur Leitmesse Motion, Drive & Automation warten nun einige Hersteller mit deutlichen Leistungssteigerungen auf. Die Igersheimer Alpha Getriebebau GmbH beispielsweise kündigt „einen Quantensprung im Getriebebau“ an, wie es aus dem Unternehmen heißt. Kennzeichen der spielarmen Planetengetriebe TP High Torque ist eine Verdopplung des Drehmomentes und der Drehsteifigkeit. Die Arbeit der Igersheimer Entwickler ist um so bemerkenswerter, als sie die neuen Leistungsdaten durch eine optimierte Kraftverteilung bei gleicher Getriebebaugröße erreicht haben. „Die Leistungsdichte der neuen TP-Getriebe ist um 100 Prozent höher“, stellt Pressesprecher Ulrich Boelcke fest. Für den Anwender ergäben sich damit zwei Möglichkeiten: Entweder er nutzt bei gleicher Baugröße das höhere Drehmoment, oder er kann entsprechend kleinere Antriebe einsetzen. Bei kompletten Servoachsen bedeutet dies einen Raumgewinn.
Das Reduzieren der Baugrößen spielt auch bei anderen Herstellern eine wichtige Rolle. Sowohl die Super-Flat-Getriebe mit 50 % geringerer axialer Baulänge als auch die Kompaktgetriebe mit Hohlwelle hat die Limburger Harmonic Drive AG abgespeckt. Bei ihren Hohlwellengetrieben konnte 30 % der Baulänge entfallen.
Hohlwellengetriebe haben mittlerweile alle einschlägigen Hersteller im Angebot. Reichten die Bohrungsdurchmesser früher zunächst nur aus, um einige Kabel hindurchzuführen, gibt es inzwischen Getriebe, bei denen die Hohlwelle schon ein Drittel des Außendurchmessers erreicht.
Neu ist bei den Limburgern die CSG-Baureihe. Bessere Verfahren bei der Beschichtungs- und Wärmebehandlung einiger Getriebekomponenten haben die Tragfähigkeit der Verzahnung merklich gesteigert. Folge: Die Drehmomentkapazität ist um ein Drittel höher bei einer um 40 % längeren Nenn-Lebensdauer. Auch Sumitomo Heavy Industries Cyclo Drive (Europe) GmbH, Markt Indersdorf, hat in diese Richtung entwickelt. Bei unveränderten Außenabmessungen übertragen ihre Robotergetriebe nun höhere Momente.
Komplette Einheiten kommen montagefertig zum Roboterhersteller
Einen eigenen Weg geht die ZF Friedrichshafen AG. Die Getriebespezialisten vom Bodensee liefern für große ABB-Roboter-Systeme den unteren Teil, der die ersten drei Achsen umfasst. Zur Motion, Drive & Automation kann die ZF Maschinenantriebe GmbH den Serienanlauf vermelden. Geschäftsführer Egon W. Behle: „Unsere Einheiten, die immerhin 40 Prozent der gesamten Konstruktion ausmachen, liefern wir fertig zur Montage an.“
Ob und wie sich die Übertragungsgenauigkeiten bei Robotergetrieben zukünftig entwickeln, sehen die einzelnen Hersteller durchaus differenziert. Geschäftsführer Behle vertritt die Meinung, dass die Positioniergenauigkeit an einem Punkt angelangt sei, an dem es keinen Sinn macht, mit noch weniger Spiel zu arbeiten, da sonst die Prozesssicherheit gefährdet würde. Ebenso sieht Peter Köhler, Produktmanager bei Sumitomo Cyclo Drive die Entwicklung: „Die Präzision bei der Mechanik hat die Grenzen des Möglichen erreicht.“ Für Dr. Rolf Slatter, Leiter Marketing und Vertrieb bei Harmonic Drive, ist dagegen „eine weitere Verbesserung der Übertragungsgenauigkeit durch verfeinerte Fertigung nur eine Frage der Zeit“.
Wie aber wird die weitere Entwicklung aussehen? Fernziel ist nach Ansicht von Peter Köhler sicher das „intelligente Getriebe mit integrierter Sensorik“. Wettbewerber Slatter kann dem nur beipflichten: „Steuerungs- und Regelungstechnik werden sicherlich eine zunehmend wichtigere Rolle spielen.“ Beschleunigungs- und Momentensensoren könnten, kombiniert mit leistungsfähigen Servoreglern, die Dynamik von Robotern noch verbessern. Bei Teijin Seiki kommentiert Chihiro Higuchi das Thema so: „Für die Genauigkeit eines Roboters wird die Sensorik künftig genauso entscheidend sein wie die Präzision eines Getriebes.“
Was den Einfluss neuer Steuerungsgenerationen auf die Genauigkeit von Robotern betrifft, geben sich die Hersteller auffallend bedeckt. Schließlich steht die Leitmesse vor der Tür. Angesichts vager Aussagen ist zu vermuten, dass spätestens im kommenden, wenn nicht schon in diesem Jahr, entsprechende Konzepte und Lösungen präsentiert werden.
Harmonic Drive jedenfalls wird in Hannover zwei neue Sensortypen vorstellen, die entweder in Getriebe oder Servoantriebe integriert werden können, um eine höhere Funktionalität sowie bessere dynamische Eigenschaften zu erreichen. Dieses Mehr an Funktionalität könnte vor allem für neue Anwendungen in der Servicerobotik von Interesse sein.
Präzise Getriebe passen auch in eine Werkzeugmaschine
Allein auf Abnehmer aus dem Kreis der Roboterhersteller werden sich die Getriebelieferanten jedoch kaum konzentrieren können. Produktmanager Köhler sieht eine ganze Reihe von Verwendungsmöglichkeiten für die Präzisionskomponenten: „Präzisionsgetriebe eignen sich nicht nur für den Einsatz in Roboterachsen, sondern auch für Werkzeugmaschinen samt deren Peripherie wie Drehtische oder Fräsköpfe, sowie für Anwendungen in der Montage- und Handhabungstechnik – eigentlich überall dort, wo man Spielfreiheit, Steifigkeit des Antriebs und hohe Wirkungsgrade braucht.“
Präzisionsgetriebe auf der Messe
Alpha Getriebebau GmbH, Igersheim: Halle 25, Stand C15
Harmonic Drive AG, Limburg: Halle 25, Stand E 05
Sumitomo Heavy Industries Cyclo Drive (Europe) GmbH, Markt Indersdorf: Halle 26, Stand M16
Teijin Seiki Europe GmbH, Düsseldorf: Halle 17, Stand A 55
ZF Maschinenantriebe GmbH, Friedrichshafen: Halle 25, Stand B32
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