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IP-Telefonierer profitieren von mehr Flexibilität und niedrigeren Kosten

Voice over IP: Internet-Telefonie an der Schwelle zum Massenmarkt
IP-Telefonierer profitieren von mehr Flexibilität und niedrigeren Kosten

Hohe Kommunikationskosten und ein undurchsichtiger Tarifdschungel bereiten vielen Firmen Kopfzerbrechen. Ein Ausweg ist die Zusammenlegung der Sprach- und Datennetze zu einem integrierten Kommunikationskanal. Gespräche über den Internet-Anschluss, die Voice-over-IP-Technik, setzen aber gut funktionierende Hard- und Software voraus.

Andreas Beuthner ist Journalist in Stockdorf

Sprache und Daten haben eines gemeinsam: Sie übermitteln Nachrichten. In der Welt der Informations- und Kommunikationstechnik allerdings verläuft die leitungsgebundene Übertragung zweigleisig. Einmal gibt es das von dem Internet Protocol (IP) dominierte weltweite Datennetz, das Computer verbindet. Zum anderen laufen Gespräche über das analoge oder digitale Festnetz der Telekom.
Physikalisch findet die Übertragung im öffentlichen Amtsbereich zwar meist über eine Leitung statt, technisch gesehen herrscht allerdings strikte Trennung. Die Folge für Unternehmen sind Administrations-, Service- und Wartungskosten für zwei Kommunikationsnetze. Das soll mit Voice over IP (VoIP) anders werden: „Der Kostenaufwand durch ein Netz, über das die gesamte Kommunikation läuft, wird wesentlich reduziert“, betont Klaus von den Hoff, Direktor des Beratungsunternehmens Mercer Management Consulting in München.
Laut einer Mercer-Studie investieren vor allem Geschäftskunden in VoIP. Die Nachfrage nach Internet-fähigen Telefonanlagen ist im Jahr 2003 gegenüber dem Vorjahr um 55 % gewachsen. Die Unternehmen hätten klar erkannt, dass sie auf diese Weise ihre Investitionen in die Telekommunikation zukunftsfähig machen können, heißt es in der Studie. Im Durchschnitt rechnen Firmen nach Angaben von Mercer mit einem Einsparpotenzial von etwa 30 % gegenüber herkömmlicher TK-Technik.
Auch kleinere Unternehmen profitieren von der Integration von Sprache und Daten in einem Netz. „Das Einsparpotenzial ist bei wenigen Nebenstellen und geringerer Komplexität der Vernetzung sehr hoch“, betont Henning Lesch vom Büro des Verbandes der deutschen Internetwirtschaft e.V. (Eco) in Berlin. Mehr Flexibilität und niedrigere Verbindungskosten sind laut Lesch die Vorteile. So lassen sich beispielsweise per Software virtuelle Nebenstellen einrichten, ohne teurere Hardware zusätzlich anzuschaffen.
Breitbandanschlüsse wie DSL sowie preisgünstige Gateways und Adapter für den PC ebnen VoIP den Weg. So ermöglicht der Einbau von Modulen oder Adaptern in Netzwerkomponenten den schnellen Übergang von der leitungsvermittelten Sprachvermittlung zur paketvermittelten Sprachübertragung per Breitbandanschluss und Internet. Dabei achten die Hersteller inzwischen darauf, dass vorhandenes TK-Equipment nicht schlagartig überflüssig wird: „Die bereits getätigten Investitionen werden nicht entwertet, sondern schrittweise nach Bedarf abgelöst“, versichert Martin Issakhani, Account Manger beim TK-Ausrüster Cisco.
Die Zahl der Anbieter für VoIP-Anlagen und -Dienste nimmt zu. Auffallend viele Newcomer wie Greentel, Ixnet, Corporate Communication Networks, Sipgate oder Snom drängeln sich neben den etablierten Großkonzernen wie Cisco, Siemens, AT&T, Telefónica, British Telecom oder Alcatel. Die Hersteller haben ihr Produktangebot im TK-Bereich in Richtung Internet-basierter Sprachverbindung ausgebaut und offerieren vom einfachen Adapteranschluss bis zum kompletten Kommunikationssystem eine breite Palette an TK-Ausrüstung auf IP-Basis.
Viele Netzadministratoren hegen seit langem den Wunsch, das Sprachnetz im Unternehmen auf IP-Basis umzustellen und das externe Telefonieren über den Internet-Anschluss zu lenken. Um die Kostenvorteile zu realisieren, müssen die Anwender allerdings mit spitzem Stift rechnen. Vor allem kleine und mittlere Betriebe sollten sich nicht nur die Verbindungskosten anschauen, sondern auch Implementierungs- und Serviceaufwand. Ein schneller Return on Investment (ROI) für das angeschaffte Equipment ist dabei nur ein Aspekt: „Die Vorteile einer einheitlichen Netzinfrastruktur kommen erst mit zusätzlichen Applikationen zur Optimierung von Arbeits- und Kommunikationsabläufen voll zum Tragen“, sagt Michael Meyer, Leiter Strategie, Planung und Kommunikation für Enterprise Networks bei Siemens ICN in München (siehe Interview).
Die TK-Spezialisten setzen bei VoIP-Systemen auf Telefone aus der Optipoint-Famile und Software zur Administration. Für größere Installationen mit bis zu 1000 Nebenstellanschlüssen konzipierte Siemens das Telefonsystem Hipath, das in der Version 3000 über die volle IP-Interoperabilität verfügt. Die Hipath-Familie besteht aus drei Ausbaustufen mit zentralem IP-Networking-Server unter Windows 2000 und bietet Funktionen wie die zentrale Verwaltung von Multi-Gateway-Systemen, zentrale Applikations-Schnittstellen und netzweite Telefonie-Leistungsmerkmale sowie zahlreiche Geräte- und Amtsanschaltemöglichkeiten.
Der Frankfurter Telekomdienstleister Tenovis setzt bei mittelständischen Unternehmen auf ein Miet- und Outsourcing-Angebot. Dabei können alle für die VoIP-Installation notwendigen Systeme auf Mietbasis betrieben werden. Der Vorteil einer gemieteten Anlage ist laut Tenovis die Verteilung der Investitionen auf die gesamte Laufzeit und die sehr geringen Anfangsinvestitionen. So sei es möglich, zunächst nur einzelne Firmenbereiche umzustellen oder die IP-Technik auf Applikationsebene einzuführen. Mit der Zeit lassen sich immer mehr Komponenten einbinden.
In diese Richtung zielt auch das IP Hybrid Telekommunikationssystem von Panasonic. Die TK-Anlage für den Small-Office-Bereich schaltet über ein IP-Gateway die Verbindung ins Datennetz und hängt über eine Port-Netzwerkkarte an der ISDN-Leitung. Über Speichererweiterungskarten und ein zusätzliches Netzteil lässt sich die Zahl der Nebenstellen bei Bedarf auf bis zu 52 Anschlüsse ausbauen. Die Hamburger betonen, dass der Ausbau durch die eigens entwickelte digitale Port-Technik ohne Neuverkabelung möglich sei.
Wer sich jetzt Hals über Kopf in die Internet-Telefonie stürzt und auf preiswerte Lockangebot verschiedener VoIP-Provider setzt, muss allerdings mit einem bösen Erwachen rechnen. Zwar gibt es fertig konfigurierte Ein- und Umsteigerpakete mit unterschiedlichen Konditionen, aber in der Regel sind diese Angebote nur auf wenige Arbeitsplätze beschränkt. Meist bieten die Provider einen kostenlosen Basisdienst. Um diesen nutzen zu können, ist ein IP-Telefon samt Breitbandanschluss und Flatrate oder ein Volumentarif erforderlich. Im Normalfall umfasst ein 10-minütiges IP-Telefonat ein Datenvolumen von 2 bis 3 MB. Wer einen Vertrag abschließt, erhält eine neue Rufnummer zum Telefonieren via Internet-Leitung und muss Geschäftspartner und Mitarbeiter auf die neuen Nummern einschwören.
Gibt es innerhalb der Unternehmensgrenzen erst mal eine IP-Infrastruktur mit Sprachzugang, sind Telefonate zwischen VoIP-Anschlüssen kostenlos. Die Einwahl ins leitungsvermittelte Festnetz allerdings lässt den Gebührenzähler der Netzbetreiber wieder anspringen. Auch schlagen Telefonate mit einem Internet-Telefon ins Mobilfunknetz oder Ausland mit den üblichen Tarifen der jeweiligen Telefongesellschaft zu Buche. Ob die Telefonrechnung deutlich günstiger ausfällt, kommt auf den Einzelfall an.
„Bei Voice-over-IP muss man eine Vollkostenrechnung machen“, rät Klaus von den Hoff. Auch sei die Akzeptanz bei Mitarbeitern bezüglich der Gesprächsqualität nicht immer gegeben. „Ein Vertriebsmann, der mit Gesprächsabbrüchen rechnen muss, ist nicht begeistert“, sagt der Mercer-Consultant . Ein weiteres Handicap sei die fehlende Trennung von Datenkanal und ISDN-Leitung. Wer über das DSL-Netz telefoniert und keine teure Standleitung bezahlen will, muss auch weiterhin mit Kosten für den ISDN-Anschluss rechnen. „Bei der Entbündelung von TK-Dienstleistungen gibt es noch erheblichen Regulierungsbedarf“, unterstreicht Eco-Vertreter Lesch.
IP-Ausbau macht vorhandenes TK-Equipment nicht überflüssig
Zwangsbündelung von TK-Dienstleistungen wirkt noch als Hemmschuh

„Die Projekte amortisieren sich schnell“

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Nachgefragt

Voice over IP ist den Kinderschuhen entwachsen. Für Siemens-Experte Dr. Michael Meyer hat die Internet-Technik die herkömmliche Telefonie längst überholt.
Andreas Beuthner
Was sind die entscheidenden Gründe für den Umstieg auf Internet-Telefonie?
Zwei Gründe: Zum einen lassen sich Betriebskosten und Verwaltungsaufwand erheblich reduzieren. Wie schnell sich solche Investitionen amortisieren können, zeigen zahlreiche Projekte, die Siemens im In- und Ausland realisiert hat. Mit unserem Hipath Business Case Builder können Anwender sofort kalkulieren, welche Investition sich wie schnell rechnet.
Und zweitens?
Dieser fast wichtigere Grund ist die zweite Generation der IP-Kommunikation, die mit dem Umstieg auf VoIP möglich wird. Hier findet die Konvergenz auf der Anwendungsebene statt, Kommunikation und Information werden nahtlos zu einer Einheit zusammengeführt, die in Echtzeit genutzt werden kann. Dies erleichtert dann die Synchronisierung von Menschen und den Informationen, die sie zur Durchführung von Maßnahmen und zum Fällen fundierter Entscheidungen benötigen. Gleichzeitig führt dies dazu, dass die Transaktionskosten gesenkt werden.
Erfüllt VoIP-Technik den erforderlichen Reifegrad gegenüber der etablierten Telefonie?
VoIP ist schon seit einigen Jahren den Kinderschuhen entwachsen. Bedenken hinsichtlich der Zuverlässigkeit solcher Lösungen hat die Praxis unzählige Male widerlegt. Die Sprachqualität und der Leistungsumfang ist über IP so, wie man es von der klassischen Telefonie gewohnt ist. Und mit den neuen Möglichkeiten hat die Kommunikation über IP technologisch gesehen die herkömmliche Telefonie schon längst hinter sich gelassen. VoIP ist wirtschaftlicher und flexibler als herkömmliche Telefonie und dabei genauso sicher und zuverlässig.
Gibt es bezüglich der Standardisierung noch offene Fragen?
Wir gehen davon aus, dass im VoIP-Umfeld vier Internet-Standards eine dominante Rolle spielen werden: SIP, Soap, Simple und Salt. Damit bietet VoIP ein erhebliches Innovationspotential. Diese Sicht bei der Standardisierung teilen übrigens auch führende Analysten mit uns.
Zu was raten Sie in puncto Sicherheit ?
Unabhängig davon, ob VoIP oder herkömmliche Telefonie – IT-Sicherheit sollte in jedem Unternehmen eine wichtige Rolle spielen. Und dass sich Sicherheit rechnet, lässt sich mit Rosi-Kalkulationen (Return On Security Investment) nachweisen. In jedem Fall sollte bei einer VoIP-Installation auch eine Sicherheitsanalyse durchgeführt werden, um eventuelle Schwachstellen aufzudecken und zu beheben. Eine Pauschalaussage wäre hier unseriös, da es nicht die eine Sicherheitslösung gibt, aber für jedes Unternehmen die richtige.

Auf VoIP gesetzt
Beim ADAC mit seinen 200 bundesweiten Geschäftsstellen übernimmt seit zwei Jahren ein VoIP-Netzwerk die Weiterleitung von Sprachanrufen über ein einziges Datennetzwerk. „Die Ablösung des herkömmlichen Multiplexerverfahrens war wirtschaftlicher als die Aufrüstung der Kanäle im Rahmen der herkömmlichen Technik“, hebt Ulrich Huber, Leiter TK-Technik beim Münchener Dienstleister, den Nutzen hervor.
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