Vom Kobe Medical Industry Development Project können wir Deutsche etwas lernen, was die Entwicklung der Medizintechnik-Branche in einem Land angeht. Denn dort entsteht auf Initiative von Stadtverwaltung, Provinzregierung und japanischer Zentralregierung ein Forschungs- und Industriezentrum, das seinesgleichen sucht.
Das schwere Erdbeben von 1995, das die japanische Stadt Kobe in Schutt und Asche legte, war der eigentliche Auslöser für die Entwicklung. Der Neuaufbau der Stadt stand an, und mit ihm wurde ein auf 20 Jahre angelegter Masterplan erdacht, eben das Kobe Medizintechnik-Industrie Entwicklungsprojekt. Es läuft seit 1998 und sah vor, zwei miteinander verbundene Inseln in der Bucht von Kobe aufzuschütten: eine Insel für den neuen Flughafen, eine Insel, um den wissenschaftlich-medizintechnologischen Komplex aufzunehmen.
Heute ist bereits vieles davon Wirklich- keit geworden. Mit dem hoch spannenden Thema der Regenerationsmedizin, das auch für den Standort Deutschland interessant ist, soll das Ansiedelungsprojekt die japanische Medizintechnik-Industrie an die Spitze des Weltmarktes katapultieren.
Dem Besucher präsentiert sich das Port Island Areal mit faszinierender Geschlossenheit und Integrität. Mit dem Rikken-Institut für Entwicklungsbiologie, das der deutschen Max-Planck-Gesellschaft ähnelt, ist ein Partner für die langfristige Grundlagenforschung angesiedelt. Das Zentrum für biotechnologische Forschung und Weiterbildung der Universität Kobe bildet das Fachpersonal für neue medizinische Technologien aus. Das translationale Forschungszentrum für Informatik wiederum verbindet Medizintechnik-Entwicklung und neueste Software-Forschung. Das Institut für biomedizinische Forschung und Innovation deckt die angewandte Forschung im biomedizinischen Bereich ab. Ein Teil des Universitätsklinikums Kobe und ein Internationales Business Center runden den Campus ab. Die Infrastruktur rundherum ist perfekt: die Stadt Kobe ist per Nahverkehr zu erreichen, das Tor zur Welt ist der internationale Flughafen.
Und damit noch nicht genug. Im direkten Campus-Umfeld errichtet der Staat Gebäude für japanische und internationale Medizintechnikunternehmen. In einem großzügigen Anwendungszentrum können sie neueste Techniken der Regerationsmedizin testen und optimieren, in enger Zusammenarbeit mit Forschern, Ärzten und industriellen Entwicklern. Da ist eine gigantische, superlange Werkbank der Zukunft für die Medizin entstanden, und sie ist enorm strategisch angelegt.
Und Deutschland? Wir sind in der Forschung vorn, aber zersplittert, mit Zentren in Berlin, Potsdam, Dresden, Leipzig, Tübingen, Freiburg, Aachen, um nur einige zu nennen. Wir arbeiten an vielen Standorten, an denen wir jeweils vorne sind – sind aber immer zu klein, um international mitspielen zu können. Ob die gewachsenen deutschen Standorte gegenüber dem Modell Kobe eine Chance haben oder wir wie im Märchen der Hase sind, der gegen den gewitzteren Igel verliert, muss die Zukunft erst noch zeigen.
Für Medizintechnik ist in Kobe alles vorbereitet
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