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Just in sequence für Audi in Ingolstadt

Materialfluss: Aus 700 Radsatzvarianten die Richtige wählen
Just in sequence für Audi in Ingolstadt

Wer bei Audi ein Fahrzeug bestellt, kann sich eine von über 700 Radsatzvarianten aussuchen. Damit der Wagen auch seine richtigen Räder bekommt, hat der Ingolstädter Hersteller mit Vanderlande Industries die Produktionslogistik zur Just-in-Sequence-Versorgung der Montagelinien mit Kompletträdern neu konzipiert und realisiert.

Wenige Fahrminuten von den Fertigungslinien für die aktuellen A4- und A3- Modelle entfernt hat Audi die Komplettrad-Produktion in Ingolstadt auf eine neue Basis gestellt. Am neuen Produktionsstandort im Güterverteilzentrum werden Kompletträder – bestehend aus den Komponenten Reifen, Felge und Ventilsatz – vollautomatisch montiert, die Geometrie geprüft, ausgewuchtet und anschließend durch ein automatisches Hochregallager sequenzgerecht für die Fahrzeugproduktionslinien bereitgestellt. Die Räderproduktionsanlage besteht dabei aus drei einzelnen Produktionslinien. Vanderlande Industries lieferte dafür die beschickende, verbindende sowie abtransportierende Fördertechnik.

Regie über die komplexe Anlage führt eine Materialfluss-Steuerung, zu der auch das Steuerungs-Softwaresystem Radis gehört. Das neue Räderinformationssystem steuert den gesamten Materialfluss und verwaltet das Hochregallager. Das System kommuniziert mit sechs Fördertechniksteuerungen. Von insgesamt 24 Maschinen der Vormontagelinien empfängt es die gemessenen Prozessdaten der produzierten Räder. Die Daten werden gespeichert und später dem Fahrzeug zugeordnet, für das sie ausgelagert werden. Anschließend werden diese Daten im XML-Format an die zentrale Qualitätsdatenbank übermittelt.
Die auf Basis des SAP Web Application Servers (WAS) mit Abap-Objects und Business-Server Pages entwickelte Lösung stellt standardisierte Funktionen für das Einlagern, für die Auftragsabwicklung und Transportsteuerung sowie die Kommunikation mit anderen IT-Systemen bereit. Die projektspezifischen Anpassungen für das Räderinformationssystem der Audi AG wurden objektorientiert definiert. Das hatte zur Folge, dass das Rahmenwerk der Gesamtanlage nicht verändert werden müsste. Die vom SAP WAS genutzte Infrastruktur wie Benutzerverwaltung, Menügestaltung, Dialogdesign macht das System komfortabel und anwenderfreundlich.
Radis läuft auf dem SAP Web Application Server und ist dadurch von der allgemeinen IT-Plattform unabhängig. Während der Inbetriebnahmephase wurde das im SAP WAS integrierte Testtool E-Catt verwendet. Mit Hilfe der hinterlegten Testsets konnten die jeweils fertiggestellten Abschnitte der Fördertechnik sofort in Betrieb genommen werden, selbst wenn sich die Nachbarabschnitte noch im Bau befanden. Sowohl Radis als auch der SAP Web Application Server sind releasefähig und erneuerbar über kommende Produktgenerationen hinweg. Für IT-Systeme in der operativen Logistik soll damit eine neue Qualität und Beständigkeit erreicht werden.
Für die Audi-Anlage bedeutet dies, dass zu Beginn des Montageprozesses der Visualisierungs-PC die Bauaufträge gemäß Vorgabe des übergeordneten Produktionssteuerungssystems anzeigt. Die Felge wird dabei mit einem Etikett versehen, über das die Montagevorgänge und im weiteren Verlauf die Ein- und Auslagerprozesse im Hochregallager gesteuert werden. Über eine Förderanlage sind die Montagemaschinen sowie der Transport bis zum Hochregallager verkettet. Die Räder werden auf die vier Lagergassen über einen Mehrgurt-Sorter mit schmalen Transportgurten und im 90°-Winkel angeordneten Rollentransferen gleich verteilt. Die Rollentransfere nehmen die Räder auf beziehungsweise geben sie an den Einlagerstichen ab. Der Transportweg ist pro Durchmesser und Übergabeposition hinterlegt und wird frequenzgeregelt durchgeführt.
Die Anforderung der Audi AG war, das 10 240 Plätze umfassende Lager mit einem Füllgrad von 80 bis 90 % zu betreiben, um so Schwankungen in Produktion oder beim Verbau auffangen zu können. Über 600 Räder sollten so gleichzeitig ein- und ausgelagert werden. Das erfolgt nach Eingang des Sendungsabrufes der Montagelinie oder nach manueller Vorgabe eines Auftrags. Entsprechend der Abrufreihenfolge durch die Montagelinie werden die Räder von bis zu acht Fahrzeugen ausgelagert. Die erste Stufe des Sequenzers führt alle Räder eines Fahrzeugsatzes zusammen. In der zweiten Stufe wird die Verbaureihenfolge je Radsatz hergestellt, in dem die Räder eines Fahrzeugs auf fünf Bahnen verteilt werden.
Diese fünf Bahnen sind zweigeteilt ausgeführt, so dass die Räder für ein zweites Fahrzeug sortiert werden können, während der vorausgehende Radsatz auf den Abtransport wartet. Diese Reihe von vier oder fünf Rädern wird gemeinsam von einem Nachsequenzer abgezogen, das letzte Rad wird automatisch mit Barcode-Informationen zur Sequenz- und Verteilsteuerung etikettiert und der Radsatz je nach Destination auf eine der beiden Pufferstrecken verteilt und gestapelt. Eine gemeinsame Strecke ermöglicht bei Ausfall eines Staplers, dass der andere Stapler die Aufgaben übernimmt. Das Zuordnen der Ziele, also die Montagelinien A, B1 und B2, ist im Räderinformationssystem frei editierbar. Kann das Etikett an einem Identifikationspunkt nicht einwandfrei gelesen oder identifiziert werden, so wird das entsprechende Rad auf eine No-read-Strecke ausgeschleust. Hier bearbeitet ein Mitarbeiter das Rad mittels PC, Handscanner und Etikettendrucker nach.
Den Transport zu den Montagelinien übernimmt ein Spezialsattelauflieger mit eingebauten Aluminium-Lamellenförderern in drei Bahnen. Eine Ampelanlage zeigt an, welches Tor angefahren werden soll und ob die Beladeposition exakt erreicht ist. Nach vollständiger Verladung und Quittierung schließen beide Rolltore, und die Räder im Trailer werden nahe an das geschlossene Rolltor zurückgefahren, um ein Umkippen während der Fahrt zu verhindern. Ein Transponder am Trailer wird mit den Andockinformationen für die Entladung beschrieben.
Im Werk wird nach dem Andocken der Transponder ausgelesen. Ist alles in Ordnung, wird nach Freigabe durch den Fahrer der Auflieger automatisch entladen. Ein Eckumsetzer vereinzelt die Dreierreihen und übergibt sie einem Rollenstauförderer. Ein diskontinuierlicher Lift übernimmt die Stapel von den beiden Ebenen des Ladedocks und hebt sie auf das Niveau von etwa 13 m, oberhalb der Montagelinien. Nach der Entstapelung werden die Räder auf die Seiten links und rechts aufgeteilt und den Verbauorten zugeführt. Der Entladevorgang ist für alle drei Montagelinien identisch ausgeführt.
Peter Bimmermann Vanderlande Industries GmbH, Mönchengladbach
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