Startseite » Allgemein »

Kabel sind lästig, aber noch nicht zu ersetzen

Funktechniken: Mehr Vision als Wirklichkeit
Kabel sind lästig, aber noch nicht zu ersetzen

Wenn bei Reparaturen oder Inbetriebnahmen die passenden Kabel fehlen, steht der Monteur auf dem Schlauch. Drahtlose Verbindungen werden daher für die Automatisierungstechnik immer interessanter.

Von unseren Redaktionsmitglied Werner Möller ia-redaktion@t-online.de

Die Funktechnologie hat sich in den letzten Jahren bei Büroanwendungen mit großer Geschwindigkeit verbreitet. So stieg von 2001 zu 2002 allein die Zahl der verkauften WLAN-Geräte von rund 9 auf 20 Millionen Stück pro Jahr an, sagen Marktforscher der Münchener Gartner Group Dataquest. „Eine enorme Dynamik, besonders wenn man bedenkt, dass die der WLAN-Technik zugrunde liegenden Standards erst 1999 verabschiedet wurden“, unterstreicht auch Dipl.-Ing. Roland Bent. Den Grund dafür sieht das Mitglied der Geschäftsleitung der Phoenix Contact GmbH & Co. KG in Blomberg durch die Erfolge der Main-Stream-Technologien aus dem PC- und Software-Bereich.
Motiviert durch die Einflüsse der Ethernet- und Internet-Technologie, wurden vielfältige und lebhafte Diskussionen über die Nutzung und den möglichen Einfluss der Funktechnologien aus dem Bürobereich für die Automatisierungstechnik geführt. Hierbei böten sich besonders Technologien an, die im Bereich der lizenzfreien Frequenzbänder (ISM) angesiedelt sind.
Roland Bent glaubt sogar aus Diskussionsforen und Beiträgen eine Art Goldgräberstimmung zu erkennen, denn der Massenmarkt Office- und Home-Applikationen drückt die Preise für die Technologie und forciert die Innovationsrate. „Das technische Umsetzen in industrielle Applikationen erfolgt im Vergleich zu dieser Dynamik aber eher schleppend“, so der Automatisierungsexperte. Seine These: Eine Technologie sucht ihre Anwendung.
Er warnt jedoch davor, die Diskussion über Funktechnologien für die Automatisierung in immer neuen Arbeitskreisen vielfach akademisch zu führen. Für ihn drängt sich die Frage auf, ob bestehende Anwendungen neue Technologien fordern oder ob neue Technologien auch neue Anwendungen schaffen. Bent: „Die Antwort lautet aus unserer Sicht sowohl als auch.“ Technologien und Applikationen stehen hier in einer Wechselwirkung, die nur dann fruchtbar ist, wenn neue Technologien beim praktischen Umsetzen reifen.
Für Bent ist weiterhin klar, dass Standards vom Markt gemacht werden und nicht am grünen Tisch. Das hat schon die Feldbus-Technologie bewiesen. Schwierig ist dabei, dass quasi im öffentlichen Raum gefunkt wird. Im Gegensatz zur Bustechnik, deren Ausbreitung und gegenseitige Beeinflussung letztendlich durch Kabel begrenzt ist, erfordert die Funktechnik wesentlich mehr Abstimmung und Regularien im Vorfeld. Doch für Roland Bent sind heute die wesentlichen Voraussetzungen für Standards in verschiedenen Applikationen geschaffen. „Entscheidend für das Etablieren ist neben der Verfügbarkeit von Produkten der breite Einsatz in vielfältigen Applikationen“, so der Phoenix-Mann.
Für ihn existieren die Funktechnologie und erste industrietaugliche Produkte auch. Die lizenzfreien Technologien WLAN und Bluetooth werden sich weiter verbreiten, wobei unterschiedliche Anwendungsfelder adressiert sind. Eines ist für Bent jedoch sicher: „In der industriellen Automatisierung werden sich mittel- und langfristig nur die Funkstandards halten, die auf den Main-Stream-Technologien der Bürowelt basieren.“ Hierbei spielen Kostenfaktoren und die großflächige internationale Verfügbarkeit von Basistechnologie eine viel wichtigere Rolle als technische Details und die Diskussion um die absolut bessere Lösung. Der Einzug von Windows und Ethernet in der Automatisierungstechnik hat dies gezeigt. „Unter diesem Gesichtspunkt relativieren sich die Diskussionen um spezielle Funkbänder und Funktechnologien“, meint der Automatisierer, „nichts desto trotz ist es unsere Aufgabe, diese Technologien für den Einsatz im industriellen Umfeld in Bezug auf Robustheit, Verfügbarkeit, Sicherheit und Einfachheit tauglich zu machen.“ Ein wichtiger Aspekt ist hierbei das systemische Integrieren in die bestehenden Netzwerke und Systeme.
Für Bent macht dies aber nur Sinn, wenn sich damit neuer Kundennutzen generieren lässt. „Die kabellose Maschine wird so wenig real wie das papierlose Büro“, behauptet er, „denn bei aller Euphorie gilt auch hier der Grundsatz, dass nicht alles technisch Mögliche auch technisch sinnvoll ist.“ Aktuell seht Roland Bent drei Anwendungsfelder für die Funktechnik im Automatisierungsumfeld, in denen für bestehende Problemfelder eine bessere Lösung erzielt werden kann.
Einmal ist dies das vertikale Integrieren mobiler Bedien- und Beobachtungsgeräte, deren Daten von jedem Ort zu jeder Zeit die Prozesse effizienter machen. Dank mobiler Clients, die über eine schnelle Funkverbindung mit dem Fabriknetz verbunden sind, ist beispielsweise der Servicetechniker in der Produktion jederzeit online und kann im Bedarfsfall auf alle notwenigen Daten vor Ort zugreifen.
Der zweite Ansatz beschreibt das horizontale Integrieren bewegter Geräte und Anlagenteile. Hier bedarf es oft spezieller mechanischer Lösungen, die hohe konstruktive Aufwände erfordern. Zudem sind diese Lösungen meist wartungsintensiv und störanfällig. Die Lösung mit Funktechnologien schafft hier kostengünstige und wartungsfreie Möglichkeiten.
Auch generiert der Kabelersatz im Bereich schwer zugänglicher Sensorik und Aktorik neue Freiheiten bei der Konstruktion von Maschinen und Anlagen. Die drahtlose Kommunikation zu Sensoren und Aktoren oder I/O-Modulen kann zukünftig Kabelverbindungen in schwer zugänglichen Bereichen substituieren oder einfache Problemlösung für nachträgliche Strukturen sein.
Automatisierer Bent erscheint jedoch ein vollständiger Kabelersatz sowie das drahtlose Vernetzen aller Sensoren und Aktoren untereinander und mit der überlagerten Steuerung wenig real. Die Gründe hierfür liegen in der Komplexität und damit Störanfälligkeit der Strukturen und langfristig auch im Kostenumfeld. Zudem ergibt sich dann die Frage nach der Energieversorgung der Sensoren und Aktoren. „Es gibt hier zwar schon drahtlose Lösungen“, räumt Bent ein, „von deren industriellen Realisierung wir aber noch weit entfernt sind.“ Ein weiterer Hemmschuh hat für Bent einen physikalischen Grund: Jedes Metallteil zwischen Sender und Empfänger führt zu Reflexionen, Interfrequenzen und Abschattungen. Das Projektieren einer solchen kabellosen Maschine ist aufwendig und schwer zu beherrschen.
Funkende Produkte machen den Weg frei
Unsere Whitepaper-Empfehlung
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 7
Ausgabe
7.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de