Startseite » Allgemein »

Keine Angst vor großen Entscheidungen

Innovativer Mittelstand: Lorch Schweißtechnik in Auenwald
Keine Angst vor großen Entscheidungen

Ein Blick hinter die Kulissen der Lorch Schweißtechnik zeigt: Innovative Produkte allein reichen nicht für den Erfolg, auch die Unternehmensführung muss fortschrittlich sein.

Von unserem Redaktionsmitglied Tilman Vögele-Ebering – tilman.voegele@konradin.de

Mit der rechten Hand streicht Wolfgang Grüb langsam über das metallene Gehäuse. „Das ist ein Computer, der auch schweißen kann“, sagt er und grinst. „Oder ein Schweißgerät, das mitdenkt.“ Der Geschäftsführer der Lorch Schweißtechnik GmbH in Auenwald deutet auf die Innereien des Geräts, das sich gerade in der Montage befindet: „Da ist nichts drin, was der Kunde nicht ausdrücklich so wünscht und bestellt hat.“
Im vergangenen Jahr hat das Unternehmen für diese Schweißanlage mit dem Namen C-Dialog eine hohe Auszeichnung erhalten: den „Bundespreis des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie für hervorragende Leistungen für das Handwerk“. Die Arbeit geht dem Anwender mit dem Gerät wesentlich schneller von der Hand, und das bei konstanter Qualität. Wolfgang Grübs Vater, Seniorchef Helmut Grüb, nahm den Preis stolz auf der Handwerksmesse in München entgegen.
Neubau als große Investition für die Zukunft
Das prämierte Gerät entsteht in ganz neuen Räumen. Der Juniorchef steht in der lichtdurchfluteten Montagehalle des Produktions- und Verwaltungsgebäudes. Draußen scheint die Sommersonne. Durch die Fenster hat er freie Sicht auf ein Getreidefeld, eine Obstbaumwiese und ein paar Rinder. Vor wenigen Wochen erst hat der Mittelständler den Neubau in Auenwald bezogen, eine halbe Autostunde nördlich der Landeshauptstadt Stuttgart. Rund 5,5 Mio. Euro, fast ein Drittel des Jahresumsatzes, hat der 140-Mann-Betrieb investiert. Es ist die größte Industrieansiedlung in der 6000-Einwohner-Gemeinde.
Ein Innovationspreis, eine Investition in eine neue Produktionsstätte – während alle über den Standort Deutschland schelten. Außerdem: Ehrenamtlich ist Wolfgang Grüb seit Ende letzten Jahres Vorsitzender des ZVEI-Fachverbandes Elektroschweißgeräte. „Ich habe mich dort halt eingebracht und mitgearbeitet“, meint er bescheiden. Ganz der Mittelständler aus dem Bilderbuch? „Nein, als den Muster-Mittelständler sehe ich mich nicht“, sagt Wolfgang Grüb entschieden. Eine klassische Erfolgsgeschichte sei es nicht. Das Unternehmen hat er 1986 gemeinsam mit seinem Vater Helmut übernommen. Der Senior war im Vorgängerbetrieb schon seit der Gründung 1957 Vertriebschef. Grüb Junior, der diesen Herbst 40 Jahre alt wird, war damals gerade 24. Er brach sein Maschinenbaustudium ab, eine schwere Entscheidung. Dann startete das Vater-Sohn-Gespann ins Unternehmerdasein – „mit einem Haufen Schulden und ein paar Mark aus einem Existenzgründer-Programm“. Aber: „Ich wollte mir diese Chance nicht entgehen lassen“, erzählt der Juniorchef.
Wolfgang Grüb schreitet von der Montagehalle ins Lager und zeigt auf die Regale: „Wir haben hier nur noch eine ganz geringe Fertigungstiefe.“ Entwicklung, Test eine eine Kleinserie zur Probe machen die Schwaben selbst. Dann vergeben sie die Fertigung aller Teile an Zulieferer und montieren sie in Auenwald. Gefertigt wird stets auftragsbezogen, nach den Wünschen des Kunden. Dies bedeutet für Logistik und Produktionsplanung eine große Herausforderung. SAP R/3 hat mit dem Neubau durchgehend Einzug gehalten. Grüb kommentiert: „Es war ein Kraftakt, eine große Investition, aber sie wird sich mittel- bis langfristig lohnen bei unserer hohen Variantenvielfalt.“
Mitarbeiter auf ein gemeinsames Ziel einschwören
Nicht nur Investitionen und Innovationen sind nach Grübs Meinung wichtig für den Erfolg. „Man muss sehr viele Dinge richtig machen“, ist er sicher. Wesentlich sei es, die Mannschaft immer wieder auf ein gemeinsames Ziel einzuschwören. „Im Konjunkturtief müssen alle zusammenhalten und bereit sein, auch mal die Taktzahl zu erhöhen.“ Dann sei es entscheidend, ein Gefühl dafür zu haben, was der Kunde will, um dann die richtigen Produkte zu entwickeln. „Zuerst müssen die Fakten auf den Tisch, die müssen beurteilt werden, und dann entscheiden wir“, lautet einer von Grübs Grundsätzen. Erweist sich die Entscheidung als falsch, müsse man eben mit den Folgen leben.
Wichtige Entscheidungen benötigen Zeit. Ein Entschluss, der drei bis vier Jahre gebraucht habe, war die Führungskräfte am Unternehmen zu beteiligen. „Ich hatte die Homag AG vor Augen“, berichtet Grüb von dem in Fachkreisen bekannten Beispiel. Er hat sich an dem Modell orientiert: „Wenn die das können, können wir das auch, habe ich mir gesagt.“ Trotz aller Vorsicht müsse man ebenso die Chancen sehen und nicht nur die Risiken. Führungskräfte müssten nach Grübs Meinung wie Mit-Unternehmer denken und handeln. Jetzt sind mehrere Leistungsträger als stille Gesellschafter mit im Boot.
Um die Bilanz des relativ jungen Unternehmens im Gleichgewicht zu halten, ist Grüb einen ebenso fortschrittlichen Weg gegangen: Beteiligungskapital. Die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft (MBG) des Landes Baden-Württemberg ist als stiller Gesellschafter bei dem Schweißtechnikspezialisten eingestiegen. Mit der Förderinstitution des Landes hat der Firmenchef nur gute Erfahrungen gemacht. Die Finanziers üben als Kontrolle die Funktion eines Beirats aus. Private Risikokapital-Gesellschaften lagen dem Juniorchef hingegen weniger. „Die wollten viel mitreden oder das Unternehmen so schnell wie möglich an die Börse bringen.“
Die befürchteten Finanzierungsprobleme des Mittelstands vor dem Hintergrund von Basel II und Rating werden in seiner Firma nicht viel ändern, ist sich der Unternehmer sicher. Quartalsberichte und Business-Plan liefert Grüb schon immer bei seiner Hausbank ab. „Die hätten uns ohne eine enge Zusammenarbeit nie die Kredite gegeben.“
So zum Beispiel beim Thema Neubau: Die Entscheidung sei einfach notwendig ge-wesen, und die Bank hätte sie mitgetragen, berichtet Grüb. Die alte Raumsitua-tion mit zwei Standorten hätte die Wett-bewerbsfähigkeit behindert. Außerdem ist das zweigeschossig Gebäude flexibel einsetzbar. Aus Büros können jederzeit Produktionsflächen werden und umgekehrt. Denn er wisse ja nicht, „wie in zehn Jahren produziert wird“.
Grüb öffnet die Tür zu seinem Büro. Es ist bescheiden eingerichtet und gleicht genau den Büros der anderen Führungskräfte. Er will nicht das Bild eines Patrons hinter dem Mahagoni-Schreibtisch abgeben. Ein Foto mit drei lachenden Kindergesichtern auf den Bücherbord ist die einzige persönliche Note in dem Raum.
Seniorchef Helmut Grüb residiert ebenso in einem solchen Standardbüro am Ende des Ganges. Er wollte sich nach seinem 65. Geburtstag eigentlich zurückziehen. Doch er kommt natürlich immer noch jeden Tag. „Aber nicht mehr so früh am Morgen“, sagt er und legt den Brieföffner beiseite, mit dem er täglich seine Post erledigt. Grüb Senior steht auf, klopft seinem Sohn Wolfgang anerkennend auf die Schulter und lacht: „Ich halte mich jetzt aus vielem raus. Er ist genau im richtigen Alter. Wann soll er etwas bewegen, wenn nicht jetzt.“
Steckbrief: Lorch
Lorch Schweißtechnik GmbH, Auenwald
Gegründet 1957 in Fellbach
Rund 140 Mitarbeiter, rund 18 Mio. Euro Jahresumsatz, Produktion von jährlich rund 15 000 Schweißanlagen
Elektroden-Schweißmaschinen, MIG/MAG-Maschinen, WIG-Maschinen und Schweißtechnik-Zubehör
Rund 500 Vertriebspartner in 28 Ländern
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 7
Ausgabe
7.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de