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Kluge Beine, starke Gedanken

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Kluge Beine, starke Gedanken

Wenn es darum geht, amputierte Glieder durch Prothesen zu ersetzen, führt kein Weg an Otto Bock vorbei. Das Unternehmen setzt durch findige Innovationen immer wieder neue Trends im Weltmarkt der Prothetik.

Manhattan am Morgen des 11. September 2001: Curtis Grimsley sitzt an seinem Arbeitsplatz im 70. Stock des World Trade Center, als Terroristen ein Flugzeug in den Wolkenkratzer lenken. Kurz nach dem Einschlag des Jets stürmt der Computerfachmann zusammen mit vielen anderen Angestellten unzählige Stufen in dem brennenden Hochhausturm hinunter ins Freie. Die beherzte Flucht durchs Treppenhaus rettet Grimsley das Leben. Seine Prothese hat ihn nicht behindert. Der IT-Experte hat seit einem Unfall nur noch ein gesundes Bein. Das linke Bein ersetzt eine Prothese: ein C-Leg von der Otto Bock HealthCare GmbH. Das Unternehmen ist ein Gigant der Medizintechnik. Kein anderer Hersteller verkauft so viele Prothesen – und keiner ist so innovativ wie die Hightech-Schmiede in Duderstadt. Die Beinprothese C-Leg ist eines ihrer Vorzeigeprodukte. „C“ steht für „computerisiert“, was das Bein aus Aluminium und Kohlefaser zu einer enormen Hilfe für seinen Träger macht. „Mit dem C-Leg kann man auch als Amputierter natürlich und sicher gehen“, schwärmt Sven Zarling. Der Orthopädietechniker arbeitet bei Otto Bock im Bereich Entwicklung und Prüfwesen – und hat nur noch ein Bein. Er weiß aus Erfahrung, welchen gewaltigen Fortschritt das C-Leg, das seit 1997 angeboten wird, gegenüber früheren Prothesen bedeutet. Sensoren und ein Mikrochip passen die Einstellungen der Gelenke ständig an die Gehgeschwindigkeit und die Beschaffenheit des Untergrunds an. „So kann man normal eine Treppe hinuntergehen oder sich auf einer schrägen Rampe bewegen“, sagt Zarling. „Auch Kies oder glatte Bodenplatten sind kein Problem.“ Selbst Radfahren oder Skaten erlaubt die Prothese. Dazu muss man per Knopfdruck ein paar Einstellungen ändern. Und: Das C-Leg verhindert, dass man beim Gehen hinfällt. „Es ist nicht nur das komfortabelste, sondern auch das sicherste Produkt am Markt“, betont Zarling.

Auch für Menschen mit amputierten Armen bietet Otto Bock die passende Unterstützung. Zum Beispiel den DynamicArm – eine „myoelektrische“ Armprothese. „Das heißt: Die Prothese wird durch schwache elektrische Signale bewegt, die in den Muskeln des Armstumpfs entstehen“, erklärt Erik Andres, der bei Otto Bock den Technischen Service im Bereich Obere Extremität leitet. Die Technologie ist Standard – doch der DynamicArm kann mehr als andere Prothesen. „Ein stufenloses Getriebe im Armgelenk ermöglicht fließende Bewegungen ohne Ruckeln oder Knacken“, so Andres. Außerdem kann man mit dem Kunstarm bis zu sechs Kilogramm heben – mehr als mit anderen Prothesen. Und die Entwickler tüfteln weiter. Ihr neuester Coup ist eine Armprothese, die sich per Gedankenkraft steuern lässt. Im November 2007 wurde erstmals ein armamputierter Patient außerhalb der USA damit versorgt.
Ralf Butscher, Redakteur bdw

Otto Bock kurz und knapp…

Die Jahre nach dem Ersten Weltkrieg waren eine schwere Zeit für die Menschen in Deutschland: Viele kamen mit amputierten Gliedmaßen von der Front zurück. Um sie bestmöglich zu versorgen, gründete der Orthopädiemechaniker Otto Bock 1919 in Berlin sein Unternehmen, das Passteile für Arm- und Beinprothesen erstmals in Serie herstellte. Nach dem Zweiten Weltkrieg führte Otto Bock den Betrieb im niedersächsischen Duderstadt fort. Von Anfang an verfolgte er das Ziel, fortwährend innovative Ideen zu finden und neue Technologien und Materialien möglichst rasch in die Produkte seines Unternehmens zu integrieren. Mit Erfolg: So verwendete das Unternehmen in den Dreißigerjahren erstmals Aluminium statt Holz für Prothesenbauteile. Rund 20 Jahre später führte Otto Bock Kunststoffe ein. Und 1969 entwickelte das Unternehmen die erste modular aufgebaute Beinprothese – ein neuer Standard. Die Fülle an Innovationen schuf die Basis für die heute führende Stellung des Unternehmens, das bei Armprothesen einen globalen Marktanteil von 70 Prozent besitzt. Zum Produktspektrum von Otto Bock gehören neben Prothesen für Arme, Hände und Beine auch Orthesen, Bandagen und Rollstühle und andere Hilfsmittel. Mit der Neurostimulation hat Otto Bock die Tür zur Zukunft der Medizintechnik geöffnet: Das Neuroimplantat ActiGait kann Nerven gezielt stimulieren und die Gehfähigkeit von Schlaganfallpatienten mit Fußheberschwäche signifikant verbessern.
Gründung: 1919
Unternehmensleitung: Hans Georg Näder
Mitarbeiter: etwa 3700 weltweit
Umsatz 2007: 460 Mio. Euro
Wachstum 2007: 3 Prozent
Internet: www.ottobock.de

Das Hirn im Kniegelenk

Das Prinzip ist einfach, aber effektiv: Sensoren, ein Mikrochip, eine leistungsfähige Hydraulik und motorisch betriebene Ventile genügen beim C-Leg, um dem Träger der Beinprothese ein „rundes“ und sicheres Gehen zu ermöglichen. Die Sensoren in Kniegelenk und Unterschenkelrohr messen 50 Mal pro Sekunde, wie das Bein bewegt wird und welche Belastungen darauf wirken. Die Daten werden an den Chip übermittelt – das „Hirn“ des Hightech-Kunstbeins. Ein Prozessor auf dem Chip errechnet, wie die Ventile der Prothese arbeiten müssen, um ein gleichmäßiges Gehen zu gewährleisten, und steuert die künstlichen Gelenke entsprechend an. Der beinamputierte Patient gibt also Bewegung, Kraft und Tempo beim Gehen vor, und die Prothese kümmert sich um die Feinabstimmung. Nebenbei achtet das schlaue Bein darauf, dass sein Träger das Gleichgewicht behält und die Prothese belasten kann. Stolpert er, erkennen die Sensoren das sofort und der Chip erteilt unverzüglich einen Befehl zum Erhöhen der Widerstände im Gelenk. So lässt sich der Sturz mit dem Kunstbein abfangen. Der Clou: Es ist möglich, unterschiedliche Benutzungsmuster zu programmieren, auf die man unterwegs per Fernbedienung umschalten kann – etwa von Gehen auf Radfahren. Außerdem lässt sich ein Stehmodus aktivieren, bei dem das Kniegelenk arretiert wird, sodass man sich bequem auf das C-Leg stützen kann.
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