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„Kombinierte Verfahren sind gefragt – von warm bis kalt“

Dr. Theodor L. Tutmann begründet Neuorientierung des Industrieverbandes Massivumformung
„Kombinierte Verfahren sind gefragt – von warm bis kalt“

Den Industrieverband deutscher Schmieden gibt es nicht mehr. Unter dem Label Massivumformung wollen die Verbandsführer Mitglieder gewinnen und sich neu aufstellen, wie Geschäftsführer Dr. Theodor Tutmann im Exklusiv-Interview erläutert.

Das Gespräch führte Thomas Baumgärtner, Journalist in Kusterdingen

Den Industrieverband Deutscher Schmieden gibt es nicht mehr. Er heißt Industrieverband Massivumformung. Warum diese Namensänderung?
Die Umbenennung ist äußeres Zeichen für den Wandel der Branche im Innern. Denn viele unserer Mitgliedsunternehmen leisten über den eigentlichen Schmiedevorgang hinaus heute deutlich mehr für ihre Kunden.
Ist Schmieden nicht genug?
Zulieferer müssen oft mehr bieten. Zum Beispiel sind Verfahrenskombinationen gefragt: von warm bis kalt. Oder auch Komponenten- und Systemzulieferungen, Simultaneous Engineering, Entwicklungsberatung und internationale Präsenz.
Also weil die Verfahren zusammenwachsen, öffnet sich der Verband auch anderen Technologien?
Insbesondere die Unternehmen der Kaltmassivumformung, die noch nicht verbandlich organisiert sind, wollen wir ansprechen und für eine Mitgliedschaft im Industrieverband Massivumformung gewinnen.
Welche Vorteile bietet eine Mitgliedschaft?
Sehr vielfältige. Wir initiieren und organisieren Projekte, die unseren Mitgliedsunternehmen helfen, wettbewerbsfähiger zu werden und Kosten einzusparen. Wir bereiten Markt- und Branchendaten für Entscheider in unseren Mitgliedsunternehmen auf. Die Schmiede-Akademie bietet Aus- und Weiterbildungsveranstaltungen zu branchenspezifischen Fragestellungen. Wir organisieren den fachspezifischen Meinungs- und Erfahrungsaustausch in zahlreichen Arbeitskreis- und Branchenveranstaltungen. Unser Produkt ist die Information, die wir unseren Mitgliedern online rund um die Uhr zur Verfügung stellen.
Direkte Angebote an die Mitglieder sind das Wesen jedes Verbandes. Wie tritt der Industrieverband nach außen auf?
Die Kommunikation mit der Öffentlichkeit und der Fachwelt zu Themenstellungen und Problemen der Branche ist heute wichtiger denn je. Wenn Sie heute gehört werden wollen, ist ein professioneller Umgang mit den Medien unverzichtbar. Der Industrieverband Massivumformung ist das Sprachrohr der Branche. Dies kann ein einzelner Betrieb allein nicht leisten.
Welche Lobbyarbeit leistet der Verband?
Wir bündeln und vertreten zusammen mit weiteren Branchenverbänden der Stahl- und Metall verarbeitenden Industrie im Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung (WSM) die Interessen unserer Mitgliedsunternehmen gegenüber marktmächtigen Kunden, Vormateriallieferanten und der Politik.
Haben sich die Erwartungen der Mitglieder an den Verband verändert?
Die Verbandsarbeit ist für Verbandsmanager und -managerinnen in den letzten Jahren anspruchsvoller geworden. Die Zeit und Möglichkeit, Fragen der Branche in Ruhe diskutieren zu können, werden immer begrenzter. Von den Verbandsmanagern wird erwartet, dass sie entscheidungsreife Vorlagen erarbeiten. Das setzt Kompetenz, Branchenkenntnis und Erfahrung voraus. Desweiteren werden von den Mitgliedsfirmen immer mehr verbandliche Dienstleistungen gefordert, die möglichst kurzfristig rechenbare Vorteile bieten. Dies ist für die Verbände Herausforderung und Chance. (Weiter S. 64)
In der Zulieferbranche ist seit Jahren ein Konzentrationsprozess zu beobachten. Verspüren Sie einen Mitgliederschwund?
Den Trend kann ich bestätigen, die Produktionsmengen und Branchenumsätze entwickeln sich nach oben, die Anzahl der Mitgliedsunternehmen ist eher rückläufig. Letzteres aber auch deshalb, weil einige Firmen aufgrund des immer härteren Ausleseprozesses aus dem Markt ausscheiden.
Viele Automobilzulieferer sind im VDA organisiert. Er ist schließlich der maßgebliche Verband der Branche. Wie positioniert sich der Industrieverband Massivumformung?
Auf nationaler Ebene bündeln und vertreten wir die Interessen industrieller Zulieferer zusammen mit weiteren Branchenverbänden der Zulieferindustrie in der Arbeitsgemeinschaft Zulieferindustrie, die immerhin 8000 Zulieferer mit einem Jahresumsatz von 125 Mrd. Euro repräsentiert. Wir versuchen ein Gegengewicht zu organisieren gegenüber Großabnehmern, die zum überwiegenden Teil im VDA organisiert sind. Da, wo wir mit Zulieferern im VDA Interessenkongruenz haben, arbeiten wir zusammen. Wir genießen jedoch größere Unabhängigkeit als der Automobilverband und können bestimmte Probleme offener ansprechen.
Welche Aktivitäten gibt es international?
Auf internationaler Ebene sind wir über unseren europäischen Branchenverband Euroforge Mitglied in der Clepa, dem europäischen Automobilzulieferer-Verband und stärken damit das europäische Netzwerk der Automobilzulieferer. In der Clepa vertreten wir die Zulieferinteressen unserer Mitgliedsfirmen gegenüber den OEM zusammen mit starken Partnern wie Bosch und ZF.
Der Verband war wesentlich an der Gründung der German Cold Forging Group beteiligt. Was verbirgt sich dahinter?
Es fehlte bisher an einer gemeinsamen Plattform, die Forschungsinstitute und mittelständische Industrie zusammen führt und deren Aktivitäten koordiniert und mit gestaltet. Mit der Gründung der German Cold Forging Group schaffen wir die Voraussetzungen für einen konstruktiven und konzertierten Dialog zwischen Wissenschaft und Wirtschaft.
Welche Vorteile bringt das für die Betriebe?
Die Technologie soll weiterentwickelt werden. Die Gemeinschaftsforschung im Bereich der Kaltmassivumformung soll gestärkt werden. Durch die koordinierte Zusammenarbeit der führenden Institute und Unternehmen der Kaltmassivumformung, beispielsweise durch gemeinsame Forschungsprojekte und Veranstaltungen, wird darüber hinaus der dringend benötigte wissenschaftlich-technische Nachwuchs gefördert und praxisnah ausgebildet.
Verbandsmitglieder erwarten immer mehr Dienstleistungen
Gemeinsame Plattform für Gemeinschaftsforschung

Massivumformung
In Deutschland sind etwa 250 Unternehmen im Industriebereich der Massivumformung mit 20 und mehr Beschäftigten auf dem Markt tätig. 44 % davon beschäftigen 50 bis 199 Mitarbeiter, weitere 40 % befinden sich in der Größenordnung bis 49 Beschäftigte.
Als typische Zulieferbranche beliefern die Unternehmen der Massivumformung vorrangig die Wirtschaftszweige Fahrzeugbau (48 %) und Maschinenbau (35 %). Europaweit spielt der Fahrzeugbau eine noch größere Rolle.
Die überwiegende Mehrzahl der Betriebe hat ihren Standort in Nordrheinwestfalen (66 %). In Baden-Württemberg und Bayern befinden sich 15 %.
Die große Auswahl umformbarer Stähle und die verschiedenen Verfahren der Wärmebehandlung von Formteilen der Massivumformung erlauben die optimale Anpassung der Bauteileigenschaften an den Verwendungszweck.

Die ArGeZ
Arbeitsgemeinschaft
Zulieferindustrie
Die Arbeitsgemeinschaft Zulieferindustrie (ArGeZ) ist eine im Jahr 1993 von deutschen Wirtschaftsverbänden gegründete Interessengemeinschaft. Sie hat die Aufgabe, die Belange der zumeist mittelständischen Zulieferfirmen in der Öffentlichkeit und Politik deutlich zu machen und diese gegenüber den Abnehmerbranchen zu vertreten. Die ArGeZ setzt sich ein für faire Geschäftsbeziehungen und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Zulieferer und Kunden aus Industrie und Handel.
Die Mitgliedsverbände:
  • Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung (WSM) e.V
  • Deutscher Gießereiverband e.V. (DGV)
  • Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie e.V. (GKV)
  • Wirtschaftsverband der deutschen Kautschukindustrie e.V. (WDK)
  • Wirtschaftsvereinigung Metalle e.V.
Kontakt ArGeZ:
Tel. (0211) 6871-215
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