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Kühlschmierstoff einfach vom Werkstück abschütteln

Reinigungsverfahren verringert Badverluste und Verschleppungen
Kühlschmierstoff einfach vom Werkstück abschütteln

Mit dem Vibrations-Absaugverfahren lassen sich anhaftende Reste von Kühlschmierstoffen mit geringem Energieaufwand im Prozess entfernen. Vor allem in puncto Umweltschutz bietet das vorgestellte Verfahren Vorteile, denn es macht auch die Zwischenreinigung mit umweltbelastendem Petroleum überflüssig.

Klaus Vollrath ist Journalist in Herne

Um in der Fertigungslinie Maßkontrollen realisieren zu können, müssen Werkstücke frei von anhaftenden Kühlschmierstoffresten sein. Mit dem Vibrations-Absaugverfahren, das die Präzitec GmbH in Unna entwickelt hat, lässt sich dieser Reinigungsschritt in nur 10 s vollziehen.
Der Anstoß für die Entwicklung kam aus der Motorenfertigung. „Die ständig verschärften Forderungen nach Emissionsminderung und Senkung des Verbrauchs moderner Autos haben dazu geführt, dass dort die Toleranzanforderungen immer enger gefasst werden“, weiß Präzitec-Inhaber Dipl.-Ing. Klaus Döhrer. Das mache es nötig, beim Bearbeiten von Kurbel- oder Nockenwellen eine Maßkontrolle zwischen Vor- und Fertigbearbeitungsprozess einzuschieben. Dazu müssen die Teile jedoch vorher gereinigt werden. Um erhebliche prozesstechnische Nachteile zu vermeiden, muss diese Reinigung in die Fertigungslinie integriert werden, denn jede Unterbrechung der Fertigung mit Zwischenpufferung und Durchlaufen zeitaufwendiger Reinigungsverfahren würde die Kosten erhöhen. Deshalb stehen für das Reinigen eines Teils lediglich rund 10 s zur Verfügung.
„Mit der Frage, wie der Kühlschmierstofffilm in solch kurzer Zeit effektiv von den Teilen herunterzukriegen ist, schlage ich mich schon seit 1991 herum“, verrät Klaus Döhrer. An vorhandenen Absaug-Lösungen störte ihn vor allem der schlechte Wirkungsgrad. Schließlich kam er auf die Idee, die Haftkräfte des Öls am Werkstück quasi zu überlisten.
Erste erfolgreiche Einsätze im Kfz-Bereich
Mit Hilfe von Schwingungen sei es möglich, auch große Massen mit relativ geringem Energieeinsatz stark zu beschleunigen und damit die Haftkräfte der an der Oberfläche klebenden Flüssigkeit leichter zu überwinden. Nach etlichen Vorversuchen konnte er sein Verfahren 1996 zum Patent anmelden und zwischenzeitlich zur Einsatzreife weiterentwickeln. Erste Anlagen wurden 1997 in eine Prozesslinie für die Fertigung von Kurbelwellen bei einem großen deutschen Kfz-Hersteller integriert. Diese Stationen bestehen aus einem Rahmen mit einem pneumatischen Schwingungsgeber, in dem die Kurbelwellen fest eingespannt werden, und einer geschlossenen Absaugvorrichtung, über welche die abgeschüttelte Flüssigkeit abgesaugt wird. Dabei leiste die Anlage, so Döhrer, gleich auch einen Beitrag zum Umweltschutz, denn die abgesaugten Kühlschmierstoffe brauchen nicht als Sondermüll entsorgt zu werden, sondern lassen sich wieder im Prozess einsetzen.
„Bis jetzt haben wir uns auf relativ einfache, rotationssymmetrische Körper ohne Hohlräume oder Hinterschneidungen beschränkt“, sagt der Präzitec-Chef. Damit gibt er sich jedoch nicht zufrieden, sondern hat sich zum Ziel gesetzt, das Verfahren auch für komplexere, näherungsweise kubische Körper wie Motorblöcke anwendbar zu machen. Erste Vorversuche zeigten, dass sich auch bei solchen Teilen durch Schwingungen Reinigungseffekte ergeben und sich sogar die Flüssigkeit aus Sackbohrungen heraustreiben lässt. Auf der anderen Seite wird die Aufgabenstellung jedoch wesentlich komplizierter, da die Ermittlung und Erzeugung der optimalen Schwingungsformen im Werkstück aufgrund der komplexen Geometrie erheblich aufwendiger ist als bei rotationssymmetrischen Teilen. Diese Technologieentwicklung solle jetzt im Rahmen eines von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, Osnabrück, geförderten Forschungsprojekts weiter vorangetrieben werden. In Arbeit sei eine Anlage für großformatige Alu-Motorenteile. „Bei den Schwingungsgebern“, so Döhrer, „haben wir in letzter Zeit einen Entwicklungssprung vollzogen.“ Elektronische Schwingungsgeber hätten gegenüber den ursprünglich verwendeten pneumatischen den wesentlichen Vorteil, dass sie sich relativ einfach auf die Eigenfrequenz des jeweiligen Werkstücks einregeln ließen. Solche Resonanzschwingungen seien besonders intensiv und gleichzeitig energiesparend.
Gute Erfolge habe er damit beispielsweise bei der Reinigung von Ringen für Kugellager erzielen könne. Durch die Vibrationsreinigung könne der Hersteller auf die bisher erforderliche Zwischenreinigung mit Petroleum verzichten, so dass die unter Umweltaspekten recht problematische Petroleumwirtschaft entfallen könne.
Durch kurze Zwischenreinigung könne man zudem die Dicke der abschließend auf die Teile aufgebrachten Konservierung reduzieren und so den Verbrauch an Konservierungsmittel um rund 60 % senken. Eine Testinstallation für die Reinigung von Kästen gebe es derzeit in der Getränkeindustrie.
„Eine hundertprozentige Sauberkeit der Teile im Sinne einer Endreinigung erreichen wir mit unserem Verfahren allerdings nicht“, stellt Klaus Döhrer klar. Sinnvoll sei der Einsatz jedoch in allen Fällen, wo eine Zwischenreinigung erforderlich sei oder die Minimierung des Verlustes oder der Verschleppung teurer Bäder und Badchemikalien im Vordergrund stehe.
Die abgeschüttelte und abgesaugte Flüssigkeit soll sich in der Regel direkt recyceln lassen, wodurch Kosten gespart würden. Das verlängere zudem die Standzeit eventuell nachfolgender Reinigungsbäder. Die Menge an Sonderabfällen werde deutlich verringert.
Industrieanzeiger
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