Den finanziellen Mehraufwand für Zustandsüberwachung in der Pneumatik hält Prof. Hubertus Murrenhoff vom Aachener Ifas für gerechtfertigt, wenn das Condition Monitoring den Nutzwert einer Anlage steigert.
Das Interview führte Bernhard Foitzik, Fachjournalist in Neustadt an der Weinstraße
Wenn von Condition Monitoring in der Fluidtechnik die Rede ist, steht die Pneumatik ein bisschen am Rande. Welche ernsthaften Versuche gibt es aus Ihrer Sicht, die Überwachung für Pneumatik zu implementieren?
Ich kann Ihnen nicht ganz zustimmen, dass die Pneumatik nur am Rande steht oder die Möglichkeiten des Condition Monitoring nicht ernst nimmt. Es wird vielleicht nicht so viel über das Thema geredet und statt dessen viel in Produkte integriert. Ich denke da beispielsweise an Ventilüberwachungen bei feldbusgesteuerten Ventilinseln. Zudem ist über den Forschungsfonds Fluidtechnik im VDMA ein Gemeinschaftsprojekt ‚Diagnosemöglichkeiten in pneumatischen Anlagen‘ geplant. Ich denke, dies zeigt, dass die Pneumatikbranche hier sehr aktiv ist.
Ist Condition Monitoring nur etwas für Sicherheitsfanatiker oder Technik-Verliebte?
Der Fokus in der Automatisierungstechnik ist zunehmend auf die Life-Cycle-Kosten gerichtet. Meines Erachtens muss Condition Monitoring also einen Beitrag zur Wertsteigerung leisten. Es wird der Lieferant gewinnen, der über die Lebensdauer einer Anlage die geringsten Stückkosten belegen kann. Vorausschauende Wartung und Instandhaltung sowie das frühzeitige Erkennen und Beheben von Fehlern sind ja gerade die Aufgabe von Condition Monitoring.
Welche Anleihen kann die Pneumatik hier bei der Hydraulik machen?
Die Methoden des Condition Monitoring, wie signalgestützte, nicht deterministische, modellbasierte oder heuristische Überwachung sind die gleichen, ob es sich um einen servohydraulischen oder servopneumatischen Antrieb handelt. Insofern können entwickelte und erprobte Methoden in Pneumatik wie Hydraulik gleichermaßen eingesetzt werden.
Können Sie dafür ein Beispiel nennen?
Denkbar wäre etwa, dass sich ein Antrieb selbst überwacht, indem man parallel im Rechner ein Modell mitlaufen lässt und Abweichungen vom Modell signalisiert. Das bedeutet Aufwand, aber in der Hydraulik macht man das schon.
Ist ein funktionierendes Condition-Monitoring-System nur eine Frage des Aufwandes bezüglich von Elektronik und/oder Software?
Am einfachsten sind natürlich Condition-Monitoring-Systeme zu verkaufen, die keine zusätzlichen Hardware-Kosten bedeuten, weil vorliegende Signale zur Überwachung genutzt werden. Hier geht der Aufwand in die Entwicklung einer intelligenten, meist dezentralen Signalverarbeitung. Liegt ohnehin ein feldbusgesteuertes System mit dezentraler Intelligenz vor, beschränkt sich der Aufwand auf die Entwicklungsleistung des Ingenieurs. Die Rechenleistungen der integrierten Mikrorechner sind in der Regel kein Engpass.
Condition Monitoring kostet Geld, die Pneumatik gilt als preiswerte Technik. Wann lohnt es sich, eine Zustandsüberwachung pneumatischer Anlagen vorzunehmen?
Die Investitionskosten der Anlage können dann etwas höher liegen, wenn der zusätzliche Kundennutzen über die Anlagenlebensdauer deutlich gemacht werden kann. Hier kommt es natürlich auch auf das richtige Marketing an.
Welche Alternativen zur permanenten Zustandsüberwachung gibt es in der Pneumatik?
Nach meiner Einschätzung gibt es keine vernünftige Alternative. Schnelle Information hat in einer technischen Anlage den gleichen Stellenwert wie für den Entscheidungsträger in Unternehmen.
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