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Maschinen in der Produktion von morgen

Technik wird nur ein kleiner Beitrag zur Wertschöpfung sein
Maschinen in der Produktion von morgen

Neben technischen Neuerungen müssen sich die Maschinenbauer in Zukunft vermehrt darum kümmern, wie sich ihre Produkte in die Fertigung der Kunden einbinden und möglichst günstig betreiben lassen.

Forschungsergebnisse und tägliche Praxis zeigen, womit sich Maschinenbauer in Zukunft beschäftigen müssen. Ihre Vision von der Maschine in der Produktion von morgen haben die Autoren, Mitarbeiter des Zerspanungs-Bereiches der Thyssen Production Systems, aus eigenen Beobachtungen abgeleitet.

Käme heute eine Fee zu einem Werkzeugmaschinenhersteller, würde dieser nicht mit drei erfüllten Wünschen auskommen, um erfolgreich zu sein. Denn neben reduzierten Kosten sind es vier Bereiche, um die er sich angesichts des hart umkämpften Marktes zukünftig kümmern muss:
– Die Maschinen müssen technologisch weiterentwickelt werden
– Es ist erforderlich, sie organisatorisch besser in den Produktionsprozess einzubinden.
– Die Kosten für den Betrieb sollen sinken.
– Der moderne Kommunikationstechnik nutzt, kann den Mehrwert verbessern.
An diesen Themen arbeitet eine Reihe von Forschern in laufenden Projekten. Ihre Ergebnisse zeigen, in welcher Richtung Lösungsansätze zu suchen sind, und prägen zusammen mit den Erfahrungen der Praktiker die Vision von der Maschine in der Produktion von morgen.
Anders als bisher wird der Weg sein, der zu einer gesteigerten Produktivität führt. In den letzten Jahren steckten in der Regel erhöhte Leistungsdaten dahinter: Beim Zerspanen beispielsweise hat sich die Hochleistungsbearbeitung etabliert, die besondere Anforderungen an Werkzeuge und Maschinen stellt. Beide sind heute soweit entwickelt, dass sie auch über lange Zeit zuverlässig stabile Prozessbedingungen ermöglichen. Der Preis für diese Sicherheit ist allerdings, dass die Konstruktion häufig so ausgelegt ist, dass sie auch dem ungünstigsten Bearbeitungsfall standhält – der vielleicht nie auftritt. Erhöhte Produktivität lässt sich hier in Zukunft mit besser erfassten Prozess- und Verschleissdaten erreichen.
Beim Drehen beispielsweise liefern Körperschallsignale schon während des Bearbeitens indirekt Informationen über die Temperatur an der Schneide, so dass eine gleichbleibende Qualität garantiert werden kann. Auch für das Bohren und Fräsen sind entsprechende Sensoren in Arbeit, die in europäischen Verbundprojekten gefördert werden. Für das Biegen ist der kontrollierende Blick in den Prozessablauf schon Realität: Die Ditzinger Trumpf GmbH + Co. KG beispielsweise sichert gute Fertigungsergebnisse, indem die Winkel am gebogenen Blech online erfasst werden.
Um durch veränderte Technik die Kosten weiter zu senken, verfolgen Maschinenhersteller zur Zeit vier Ansätze. Allen gemeinsam ist das Ziel, teure Produktionsmittel besser zu nutzen. Mehrspindlige Maschinen beispielsweise können zwei oder mehrere Einspindler ersetzen. In der Serienfertigung nimmt die Anzahl der Kombinationswerkzeuge zu, die sowohl Kernlöcher bohren, das Gewinde erzeugen als auch die Bohrung anfasen. Schnelleres Verfahren und Beschleunigen wiederum sollen die Zeiten verkürzen, die bisher zum Positionieren und zum Wechseln der Werkzeuge erforderlich sind. Dieser Weg ist allerdings aufwändig, da das gesamte Maschinenkonzept verändert werden muss, um die bewegten Massen zu reduzieren. Leichtbau, neue Werkstoffe wie Metallschäume oder parallelkinematische Strukturen sind hier gefragt. Wie sich solche Systeme kalibrieren lassen, ist von den Forschern allerdings noch nicht abschließend geklärt.
Schließlich lassen sich auch verschiedene Bearbeitungsverfahren in einer Maschine kombinieren: Wenn ein Laser die Zerspanmaschine unterstützt, können nicht nur hochfeste Bauteile oder auch Keramik bearbeitet werden. Das gebündelte Licht härtet beispielsweise vorgedrehte Bauteile lokal zwischen Schruppen und Finishen oder verschweißt sie.
Die Getriebefertigung ist ein gutes Beispiel dafür, was sich durch kombinierte Bearbeitungsverfahren erreichen lässt. Zahnräder, die besser zugänglich sind, können wälzgefräst werden, das langsamere Wälzstoßen entfällt ganz. Zuletzt würden die Einzelteile – noch immer in der gleichen Maschine – zu einer Welle verschweißt und spanend nachbearbeitet. Der Prototyp einer solchen Maschine steht im Werk Hessapp der Ludwigsburger Hüller Hille GmbH.
Noch präziser als in der Getriebefertigung müssen Maschinen arbeiten, die Produkte der Mikrosystemtechnik fertigen. Auch wenn dieser Industriezweig vielfach das Stadium der Forschung noch nicht verlassen hat, sind die Maschinen- und Werkzeughersteller schon jetzt gefordert, entsprechende Fertigungsverfahren zu entwickeln. Besonders in der Sensorik, der Medizintechnik und Fluidik ist mit neuen Produkten und Funktionen zu rechnen. Die etablierten Verfahren der Halbleitertechnik können jedoch nicht alle Anforderungen erfüllen, die mikrostrukturierte Produkte stellen. Kunststoffspritzguss, Heißprägen, Laserstrukturieren sind genauso gefragt wie Drehen, Fräsen und Bohren. Für die Maschinenbauer heißt das, sie müssen beispielsweise das präzise Bewegen im Submikrometerbereich ermöglichen und Spritzgussmaschinen entwerfen, die mit Füllgewichten von Hundertstelgramm zurechtkommen. Ohne neue Werkzeuge, angepasste Prozessüberwachung sowie Roboter und Montageanlagen wird so eine Fertigung nicht laufen.
Nicht weniger anspruchsvoll ist der Weg vom Hersteller zum Dienstleister und Anlagenbetreiber. In den letzten Jahren haben sich viele Unternehmen auf ihre Kerngeschäfte konzentriert und Kompetenzen, die sie als unwichtig erachteten, nach außen vergeben. Mit einer Anlage für ein bestimmtes Fertigungsverfahren geben sich solche Kunden nicht mehr zufrieden. Statt selber auszutüfteln, wie die Verfahren zu kombinieren sind, damit das gewünschte Produkt entsteht, verlagern sie diese Aufgabe zu den Maschinenbauern. Diese sollen ein Gesamtsystem zusammenstellen und dafür haften, dass es die gewünschte Leistung erbringt. Auch der Schritt zum Anlagen-Leasing ist hier nicht mehr fern
Klassischen Transferstraßen dürfte bei der großen Variantenvielfalt und den kurzen Produktlebenszyklen nur eine eingeschränkte Zukunft beschieden sei. Agile Systeme, die sich an veränderte Produkte und Stückzahlen anpassen lassen, werden den Forderungen nach flexiblem Arbeiten besser gerecht.
Die verbesserte Organisation beschränkt sich jedoch nicht auf die Fabrikhalle. Wenn die Kunden weltweit produzieren, muss dort auch der Maschinenbauer mit Vertrieb, Service oder Fertigung vertreten sein. Um dann noch kundenspezifisch konstruieren zu können, sind unter Umständen Veränderungen sogar am Stammsitz erforderlich. Die Technik bietet die Möglichkeit zur globalen Vernetzung – sinnvoll nutzen lässt sich diese jedoch nur, wenn die gleichen Technischen und Vertriebs-Informationssysteme eingeführt sind und Mitarbeiter an die Daten herankommen können, die im Produktionsplanungs- und -steuerungssystem (PPS) stehen.
Wenn der Maschinenbauer seine eigene Anlage schließlich auch betreiben soll, wird er mehr Wert als bisher darauf legen, wie sich schon durch konstruktive Änderungen die späteren Kosten senken lassen. Einfachere Bedienoberflächen für Maschinen und Steuerungen helfen, Fehler zu vermeiden. Gegebenenfalls könnten Hilfe-Funktionen, wie sie aus der Büro-Software bekannt sind, oder sogar eine leistungsfähige Sprachsteuerung den Umgang mit der Anlage vereinfachen.
Ist die Maschinensteuerung mit einem Service-Rechner gekoppelt, reduziert der Hersteller und Betreiber die Kosten für Vor-Ort-Einsätze seines Instandhaltungspersonals und erhält Informationen, mit denen er sein Produkt in Zukunft verbessern kann. Verkettete Maschinen mit dazwischengeschalteten Robotern wiederum reduzieren organisatorische Stillstandszeiten, in dem die Automaten beispielsweise Werkstücke entgraten, reinigen und messen oder den Werkzeugwechsel übernehmen.
Auch wenn die Kommunikationstechnik in die drei schon genannten Bereiche der verbesserten Technik, Organisation und der Betriebskosten hineingreift, lohnt es sich, ihr besonderes Augenmerk zu widmen. Denn zum einen lässt sich via Internet die Verwaltung in einem Maschinenbau-Unternehmen effizienter gestalten. Dienstleistungen wie das Bereitstellen von Software-Updates oder das Schulen von Mitarbeitern gehören hierher. Darüber hinaus entstehen intelligente Maschinenelemente. Statt beispielsweise eine Anlage mit einer Vielzahl von Sensoren zu spicken, wird zukünftig ein Gesamtkonzept erforderlich sein, in dem möglichst wenige Sensoren den Zustand von möglichst vielen Komponenten erfassen.
Die Vision davon, was von Maschinen in der Produktion von morgen erwartet wird, setzt sich also wie ein Mosaik aus einer Vielzahl von Einzelaspekten zusammen, die den technischen und den wirtschaftlichen Bereich betreffen. Auf dem Weg in die Zukunft werden sich die Hersteller daher immer wieder entscheiden müssen, ob sie in einem Sektor den Erfolg in der Technologieführerschaft oder der Kostenführerschaft suchen wollen.
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