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Metall- mit Keramikteilensicher verbunden

Diffusionsschweißen löst schwierige Fügeprobleme
Metall- mit Keramikteilensicher verbunden

Wenn konventionelle Fügeverfahren versagen, kann das Diffusionsschweißen helfen. Damit lassen sich komplexe Bauteile aus schwer zu verbindenden Werkstoffen kostengünstig herstellen.

Prof. Dr.-Ing. habil. Günter Köhler ist Geschäftsführender Direktor, Dipl.-Ing. Edith Zimmermann ist Leiterin Sonderfügetechnik, Dipl.-Ing. Uwe Sauer und Dipl.-Ing. Thomas Furche sind Wissenschaftliche Mitarbeiter des Instituts für Fügetechnik und Werkstoffprüfung GmbH (IFW) in Jena

Mit der wachsenden Aufgabenvielfalt in der Industrie steigen die Anforderungen an gefügte Baugruppen, verwendete Materialien sowie an Genauigkeit und Qualität der Fügeverbindungen. So werden in verschiedenen Bereichen wie der Mikrosystem-, der Luft- und Raumfahrt- oder der Medizintechnik ungewöhnliche Kombinationen aus Werkstoffen wie hochschmelzenden Metallen, Kunststoffen, Kristallen, Keramik, Glas und anderen benötigt.
Mit Hilfe des Diffusionsschweißens lassen sich derartige Verbindungen herstellen. Das Verfahren eignet sich auch für Werkstoffe und Geometrien, bei denen die konventionellen Fügetechnologien aus Material- oder fügetechnischen Gründen versagen.
Das Prinzip des Sonderschweißverfahrens beruht auf Platzwechselvorgängen in festen Stoffen. Entsprechende Festkörperreaktionen wurden bereits im Altertum eingesetzt, um Legierungen ohne das Vorhandensein einer schmelzflüssigen Phase herzustellen. Mit Hilfe dieser Technik entstanden beispielsweise ästhetisch besonders schön strukturierte Damaszenerschwerter. Waren es einst die ästhetischen, so sind es heute vor allem die tech-nischen Möglichkeiten, die das Verfahren interessantmachen.
Fügezone besitzt die Eigenschaften des Grundmaterials
Eingesetzt wird das Diffusionsschweißen beim stoffschlüssigen Verbinden metallischer sowie nichtmetallischer Werkstoffe. Durch das Fügen mehrerer einfacher Geometrien können komplexe Bauteile wie Werkzeuge, Getriebeteile oder Kühlerstukturen kostengünstig hergestellt werden. Neue Einsatzgebiete ergeben sich aus Entwicklungen in denBereichen Sensorik/Aktorik sowie der Laser- und Medizintechnik. Auch beim Verbinden temperaturempfindlicher Kristalle oder von Piezokeramiken mit niedrigem Curiepunkt bietet das Verfahren gute Voraussetzungen, um die Fügeproblematik zu bewältigen. Nachteilig sind allerdings die vergleichsweise langen Prozeßzeiten und der relativ hohe gerätetechnische Aufwand.
Um eine Diffusionsschweißverbindung erfolgreich realisieren zu können, sind neben der Wahl derProzeßparameter Temperatur, Druck, Umgebungsatmosphäre und Prozeßzeit diechemisch-physikalischen Zustände der Fügeflächen von wesentlicher Bedeutung. Zum Verbinden zweier Diffusionspartner trägt eine Reihe von Faktoren bei. Dazu gehören beispielsweise
physikalische Wechselwirkungen wie Adsorption und Adhäsion sowie
chemische Reaktionen wie Oxidation oder die Neubildung von Phasen, Carbiden und Siliziden.
Beim Diffusionsschweißen von Metallen müssen die Fügeflächen vor dem Schweißvorgang mit üblichen Reinigungsmitteln wie Alkohol oder Aceton gereinigt und gegebenenfalls durch mechanische Bearbeitungsverfahren wie Drehen, Fräsen, Schleifen oder Bürsten von Rost- und Zunderschichten befreit werden. Die Anforderungen an die Oberflächenrauheit sind eher gering. Hohe Differenzen im thermischen Ausdehnungsverhalten, die zwangsläufig zu Spannungen in der Fügezone führen, können durch den Einsatz eines oder mehrerer Interlayer als Zwischenschicht reduziert werden.
Anforderungen an die Oberflächenrauheit sind gering
Miteinander und untereinander verbinden lassen sich hochfeste Leichtmetall-Legierungen, rostfreie Edelstähle oder gesinterte Hartmetalle wie AlZnMgCu1,5, TiAl6V4, FeCr18Ni10, FeSi Mo4, 42Cr und HG110. Bei den genannten Werkstoffen liegen die Prozeßtemperaturen im Bereich zwischen 500 und 1200 °C. Grundsätzlich sollten sie deutlich oberhalb der Rekristallisationstemperatur zumindest eines der zu verschweißenden Partner liegen. Nach oben werden sie durch den Faktor 0,6 bis 0,9 x TS – bezogen auf die niedrigste Schmelztemperatur TS innerhalb des Werkstoffverbundes – begrenzt. Im Idealfall zeichnet sich eine Diffusionsschweißverbindung zwischen gleichartigen Materialien dadurch aus, daß die Fügezone nicht mehr erkennbar ist und Grundmaterialeigenschaften besitzt.
Ein weiteres Anwendungsgebiet des Verfahrens ist das Verbinden piezokeramischer Komponenten. Allerdings sind bei spröd-harten Werkstoffen wie Keramik die Anforderungen an die Makro- und Mikrogeometrie der Fügepartner höher alsbei Metall. Piezokeramische Werkstoffe finden aufgrund ihrer Eigenschaften eine breite Anwendung in vielen Bereichen der Technik. Die Palette der Einsatzmöglichkeiten reicht von Ultraschallschwingern zur Echolotung über Piezozünder bis zu piezoelektrischen Stellelementen zum Positionsregeln.
Um das Anwendungsspektrum dieser Werkstoffe zu erweitern und Alternativen zu begrenzten Klebetechnologien bereitzustellen, wurden Versuche zum stoffschlüssigen Verbinden ferroelektrischer Keramiken in Form von Bleititanat-Zirkonat durchgeführt. Die keramischen Teile wurden bei einer Curietemperatur von 250 bis 300 °C miteinander und mit metallischen Komponenten gefügt. Voraussetzung für die diffu-sionsartigen Wechselwirkungen ist die vollständige Mischbarkeit der zu fügenden Werkstoffe im festen Zustand. Lassen sich diese nicht mischen, können aktivierende Zwischenschichtmaterialien wie Weichlot in Folienform verwendet werden.
Das Sonderfügeverfahren eignet sich auch zum Verbinden optischer Materialien wie infrarot-optischer Komponenten. Diffusionsgeschweißte, stoffschlüssig verbundene optische Baugruppen bieten folgende Vorteile:
Verbesserung der Farbkorrektur und der geometrischen Aberration,
größere Kompaktheit und geringeres Volumen des Gesamtoptiksystems sowie
Einsparung und/oder Minimierung von Prozeßschritten bei der Montage.
Nachgewiesen wurde, daß der Fügeprozeß die Transmission infrarot-optischer Baugruppen nicht beeinträchtigt.
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
Ausgabe
6.2024
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