Mit cleverem Automationskonzept in die Offensive

Von unserem Redaktionsmitglied Dr. Bernhard Reichenbach bernhard.reichenbach@konradin.de

Nicht nur im Fußball setzen Holländer auf Offensive und Schnelligkeit, sondern auch in der Blechteile- und Baugruppenfertigung, wo ebenfalls ein harter Wettbewerb herrscht. Um in Sachen Produktivität und Wirtschaftlichkeit weiterhin am Ball zu bleiben, legte sich die in Nuenen bei Eindhoven ansässige Heavac B.V. eine automatisierte Revolverstanzanlage zu: die C5 Compact Express des finnischen Herstellers Finn-Power Oy, Kauhava.

Das expandierende niederländische Unternehmen, das mit 23 Mitarbeitern hauptsächlich Heizsysteme für Busse entwickelt, konstruiert und baut, wollte mit der 350 000-Euro-Anlage seine Kapazität erweitern. Sie wurde aus ursprünglich vier „Kandidaten“ ausgewählt, im März bestellt und ist seit Juni im Ein-Schicht-Betrieb im Einsatz.

Die Niederländer haben ihre Wahl bislang nicht bereut: „Mit der neuen Anlage können wir die Heizungsgehäuse, die meist aus 1,5 Millimeter dickem Aluminium bestehen, wesentlich schneller und kostengünstiger fertigen als mit unserer älteren Stanzmaschine“, freut sich Geschäftsführer Han Rutten. „Außerdem konnten wir durch das leistungsfähige Verschachtelungsprogramm den Schrott-Anteil von rund 30 auf etwa 15 Prozent reduzieren.“

Basis der zur Messe Emo 2003 erstmals vorgestellten servohydraulischen Mittelformat-Stanze ist ein robuster, geschweißter O-Rahmen. „Die starre Konstruktion von Rahmen und Koordinatentisch ermöglicht eine hohe Achsengeschwindigkeit und Beschleunigung und damit eine hohe Produktivität“, betont Stephan Schwarz, Geschäftsführer der Finn-Power GmbH in Hallbergmoos. „Zudem trägt sie zu einer hohen Stanzqualität und Werkzeugstandzeit bei.“

Für Heavac erwies sich die Neuanschaffung nicht nur als schneller und kostengünstiger, sondern mit einer Stanzkraft von 300 kN über den gesamten Hub auch als stärker als die Wettbewerbssysteme. Mit ihrer schnellen Hydraulik schafft sie bis zu 1100 Nibbelhübe/min und 420 Stanzhübe/min bei 25-mm-Schritten. Beim Markieren sind bis zu 3000 Hübe/min möglich.

Dank des servokontrollierten Stanzhubs lassen sich Hubgeschwindigkeit und -position individuell in beide Richtungen einstellen. So können langsame Hubgeschwindigkeiten gefahren werden, um beispielsweise beim Einsatz großer Werkzeuge den Geräuschpegel zu senken. Die programmierbare Hublänge und -geschwindigkeit bietet außerdem viele Möglichkeiten, um Umformungen bis zu 16 mm Höhe herzustellen. „Dies reicht bis zu Biegeoperationen, für die sonst Gesenkbiegepressen erforderlich wären“, hebt Schwarz hervor.

Das optionale indexierbare Umformen von unten nach oben, das in dieser Form nur Finn-Power bietet, trägt nicht nur zu mehr Flexibilität bei: Die hydraulische Bewegung des Matrizenhalters verhindert Beschädigungen wie Verkratzen des Blechs oder Verbiegen des Teils, die durch die herkömmlichen hohen Umformmatrizen ausgelöst werden.

Die spezielle Konstruktion des auf hohe Genauigkeit hin ausgelegten Werkzeug- Revolvers erlaubt die kundenspezifische Konfiguration des Tellers und den Einsatz vorhandener Werkzeugsysteme. Beim Einsatz von Multitool-Stationen kann der Anwender den Revolver potenziell mit über 200 Werkzeugen ausstatten, wobei das größte einen Durchmesser von 89 mm haben kann. „Damit bietet die C5 deutlich mehr Möglichkeiten als Wettbewerbssysteme“, ist Schwarz sicher. Die Werkzeuge lassen sich aufgrund des Revolvertellers innerhalb von 1 bis 3 s wechseln.

Von den 20 vorhandenen Stationen des Werkzeug-Revolvers können bis zu zehn mit Dreh- (oder Index)-Stationen bestückt werden. Sie halten die Set-up-Zeit niedrig und tragen zu einer schnellen, flexiblen Fertigung bei. „Keine andere Revolverstanze bietet eine vergleichbare Zahl an Drehstationen und eine entsprechend hohe Vielseitigkeit“, weiß der Finn-Power-Chef. „In jeder Drehstation kann die volle Tonnage eingesetzt werden – und zwar bei jeder Werkzeuggröße und bei maximaler Blechdicke.“

Die am Revolverteller separat angebrachte servoangetriebene Gewindeeinheit mit sechs Stationen gefiel Heavac-Chef Rutten besonders: „Da wir keine Gewindemuttern mehr einsetzen müssen, sparen wir Zeit und Geld.“ Bei Vorlochung lassen sich mit den sechs Rollformsystemen pro Minute 20 bis 30 Gewinde einbringen.

Die mit einer 2584 mm langen X-Achse ausgestattete Maschine kann Mittelformat-Blech bearbeiten. Durch automatisches Nachsetzen lässt sich der Arbeitsbereich erweitern. Fertig bearbeitete Teile bis 500 mm x 500 mm Kantenlänge können über eine spezielle Klappe vom Bearbeitungstisch über eine Rutsche abtransportiert und anschließend gestapelt entnommen werden.

Zu den Stärken der Anlage zählt ein rationelles Automationssystem für das Materialhandling, das voll integriert und daher besonders platzsparend ist. Somit benötigt die automatisierte Anlage mit 54 m² kaum mehr Stellfläche als die Stand-alone-Version des Stanzsystems.

Für Heavac heißt automatisierte Fertigung personalsparende Fertigung: Ein Mitarbeiter kann ohne Probleme zwei Anlagen bedienen oder bei Bedarf andere Aufgaben erledigen. Den Niederländern kam überdies entgegen, dass die kompakte Neuerwerbung von einer Seite aus zu Be- und Entladen ist. „So konnten wir sie bequem in einer Ecke unserer Halle unterbringen“, berichtet Han Rutten.

Für die Finn-Power-Anlage sprach außerdem, dass sie einfach und komfortabel zu handhaben ist. „Die zugehörige Software war leichter anzuwenden und an unsere Verhältnisse anzupassen als die anderer Stanzsysteme“, so Rutten. „Das Programmieren ist ganz einfach. Wir brauchen nur Zahlen einzugeben, den Rest erledigt die Software.“

Für die Heavac-Verantwortlichen spielten jedoch nicht nur die Wirtschaftlichkeit und Nutzerfreundlichkeit eine Rolle, sondern auch die optische Erscheinung: „Das moderne Design der Anlage hat uns von Anfang an gefallen.“ Es ist eben wie beim Fußball: Für Holländer ist nicht nur das Resultat wichtig – es soll auch schön aussehen.

Finn-Power zeigt die C5-Stanzanlage auf der Messe Euroblech in Halle 12, Stand D70

Beim Markieren sind bis zu 3000 Hübe/min möglich