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Mit der Auswahl des Systems ist es nicht getan

ERP und E-Business verändern Unternehmenskulturen
Mit der Auswahl des Systems ist es nicht getan

Wenn die Betriebsstrukturen nicht stimmen, hilft auch das Wundermittel E-Business nicht viel beim Werben um die Gunst der Kunden. Das wurde auf den 7. Aachener PPS-Tagen deutlich.

Von unserem Redaktionsmitglied Haider Willrett

Die Auswirkungen des Internet zwingen auch Prof. August-Wilhelm Scheer zum Superlativ. „Derart tiefgreifende Einschnitte in die Kultur und die Organisation von Unternehmen habe ich in den letzten 30 Jahren nicht erlebt“, bekundete der Chef der IDS Scheer AG in Saarbrücken. Das WWW erweitert die bekannten Funktionalitäten der IT-Systeme zur Steuerung betrieblicher Prozesse, des sogenannten Enterprise Resource Planning (ERP), erheblich. Prozess-Schritte, die bisher nacheinander abgearbeitet wurden, lassen sich nun vernetzen. Einzelne Stufen werden überflüssig. Die Internet-Techniken vereinfachen und beschleunigen die Kommunikation in allen Unternehmensbereichen.
Scheer, der auch das Institut für Wirtschaftsinformatik an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken leitet, erläuterte in seinem Vortrag auf den 7. Aachener PPS-Tagen, weshalb einige Firmen damit innerhalb kurzer Zeit großen Erfolg hatten: „Das Geheimnis von Firmen wie Dell oder Amazon liegt nicht in einem außergewöhnlichen Produkt, sondern in der Prozessidee.“ So habe der Computerhersteller Dell seine Vertriebsstruktur wesentlich vereinfacht, indem er die beiden Stufen Groß- und Einzelhandel einsparte und seine Geschäfte direkt mit den Endkunden via Internet abwickelt.
Sollen E-Business-Anwendungen, wie das Beispiel Dell zeigt, erfolgreich funktionieren, muss der Denkprozess allerdings viel früher beginnen als bisher üblich. Lediglich die clevere Auswahl eines ERP-Systems reiche nicht aus, mahnte Scheer. Vielmehr müsse die ganze Unternehmensstruktur auf das neue Ziel hin optimiert werden. Dass sich Geschäftsabläufe mittels E-Business nur beschleunigen lassen, wenn die komplette Wertschöpfungskette einbezogen wird, diese Meinung vertrat auch Prof. Walter Eversheim, Direktor des Forschungsinstituts für Rationalisierung e. V. (FIR) an der RWTH Aachen.
Aufgrund der raschen Entwicklung, etwa im Supply Chain Management (SCM), der Produktionsplanung und -steuerung (PPS), dem Customer Relationship Management (CRM) oder demE-Business, fordern viele Anwender immer mehr Funktionalitäten von ihrem ERP-System. Clemens Philippson vom FIR ist deshalb überzeugt: „Ein System allein kann heute nicht mehr alle Anforderungen abdecken. Es wird eine steigende Anzahl von Spezialsoftware geben.“ Um den Anwenderwünschen gerecht zu werden, entwickeln Lösungsanbieter modulare Zusatzsysteme, die sich mit dem Kernsystem koppeln lassen. Änderungen und Ergänzungen können durch den modularen Aufbau in deutlich kürzeren Zyklen erfolgen. Bei der Auswahl des Kernsystems halten die Wissenschaftler einen weiten Blick in die Zukunft für wichtig, um die richtige Entscheidung zu treffen.
Klaus Müller, Vorstand bei der Windhoff AG in Rheine, hat die Erfahrung gemacht, dass es „auch heute noch nicht das ideale System von der Stange gibt“. So wünschenswert standardisierte Software-Pakete wären, selbst innerhalb einer Branche hat jedes Unternehmen unterschiedliche Anforderungen und benötigt das dazu passende Werkzeug. Mit der früher gebräuchlichen Methode, eine eigene Lösung zu entwickeln, stoße man jedoch früh an Grenzen. Zudem sei diese Variante sehr teuer. Ein Standardsystem, das einen großen Teil der Anforderungen erfüllt, hält der Windhoff-Chef für die bessere Wahl. Vorausgesetzt der Anbieter ist bereit, als Partner aufzutreten und gemeinsam mit dem Anwender fehlende Funktionalitäten zu ergänzen und die Weiterentwicklung zu betreiben.
„Sie dürfen aber nicht davon ausgehen, dass Ihr Betriebsablauf mit einem neuen System auf Anhieb besser funktioniert“, so Andreas Claus Kistner. Der Executive E-Business Consultant des IBM Forums in Stuttgart warnte vor der schwierigen Zeit nach der Einführung. Denn dann gingen häufig die Probleme erst richtig los – Fehler müssen gesucht und ausgebessert, Anpassungen vorgenommen werden. Gelinge es nicht, diese Anfangsschwierigkeiten schnell in den Griff zu bekommen, könnten selbst solide Unternehmen in ernste wirtschaftliche Turbulenzen geraten.
Dennoch, stellte der IBM-Mann klar, „führt kein Weg an einem ERP-System vorbei“. Man dürfe sich nicht damit beschäftigen, was die Einführung bringe und was sie koste, vielmehr laute die Frage, „was es kostet, wenn man darauf verzichtet“. Ein funktionierendes ERP-System sei die Voraussetzung für E-Business, PPS und CRM.
„Das Konzept des E-Business muss für jede Firma und für jedes Produkt individuell betrachtet werden“, rät Prof. Eversheim vom FIR. „Dabei ist zu klären, ob sich ein Artikel eignet, über das Internet vertrieben zu werden, und ob die Kunden das akzeptieren.“ Roland Molz, Prokurist beim Mitveranstalter Cim GmbH, Aachen, verglich die derzeitige Situation rund um das Internet und E-Business mit einem Goldrausch: „Wahrscheinlich werden einige reich, aber viele werden enttäuscht sein.“ In diesem Sinne mahnte Prof. Eversheim: „Springen Sie nicht blindlings auf den E-Business-Zug auf. Fragen Sie sich, ob die Qualität Ihrer Leistungen besser, billiger oder schneller wird.“
Veranstalter:
– Forschungsinstitut für Rationalisierung e. V. (FIR), RWTH Aachen
– Cim GmbH Informations- und Produktionsmanagement, Aachen
Veranstaltung:
Die PPS-Tage finden jährlich statt
Zielgruppe:
Anwender von PPS-/ERP-Systemen
Inhalt/Ablauf:
– Vorträge von Anwendern und Wissenschaftlern zu verschiedenen Themen rund um PPS/ERP
– Fachmesse von Systemanbietern aus dem PPS/ERP-Umfeld
– Vorträge von Systemanbietern
Tagungsband:
Die Tagungsunterlagen können unter Tel. 0241/47705-0 bestellt werden. Weitere Informationen sind unter www.fir.rwth-aachen.de zu finden.
Aachener Marktspiegel: Im Check: Die Leistungsmerkmale von rund 90 PPS-/ERP-Systemen
Die Forscher vergleichen in ihrem Marktspiegel die Leistungsfähigkeit von rund 90 gängigen Softwarepaketen anhand von über 2100 funktionalen und technologischen Merkmalen.
Rechtzeitig zu den 7. PPS-Tagen erschien die neueste Ausgabe des Werks.
Es setzt sich aus zwei aufeinander aufbauenden Bestandteilen zusammen:
Das Printmedium enthält:
– Eine Abbildung der Struktur des zugrundeliegenden Fragebogens
– Eine Beschreibung der Erfassungskriterien
– Ein Kurzprofil aller Anbieter mit Kontaktadresse
– Eine detaillierte Beschreibung der Anbieter und ihrer Systeme
Ergänzend dazu ermöglicht die
CD-Rom:
– Den Abruf aller von einem System unterstützten Funktionen
– Die Eingabe unternehmensspezifischer Anforderungsprofile
– Eine Auswertung über alle erfassten Systeme
– Die tabellarische Darstellung der Suchergebnisse
– Die Ausgabe der Ergebnisdateien in ein Tabellenkalkulationsprogramm
In jedem Durchlauf kann der Nutzer des elektronischen Mediums bis zu 50 Merkmale auswählen, welche die gesuchte Software aufweisen soll. Das Suchergebnis enthält detaillierte Hinweise, welche Kriterien die gefundenen Produkte erfüllen.
Der Marktspiegel basiert auf den Einträgen in der Datenbank BAPSY (Bewertung und Auswahl von Standard-PPS-Systemen) des FIR. Um in diese Datenbank aufgenommen zu werden, muss ein Systemanbieter nachweisen, dass seine Software die von ihm genannten Funktionalitäten tatsächlich bietet. Die Wissenschaftler des FIR überprüfen die Angaben der Anbieter vor Ort. Dabei legen sie besonders Augenmerk auf Produkte, die seit der letzten Erhebung stark weiterentwickelt wurden und auf ältere.
Für die aktuelle Ausgabe des Marktspiegels wurde der Merkmals-Katalog vollständig überarbeitet.
Mitte 1999 ist bereits ein Marktspiegel über SCM-Systeme erschienen.
Weitere Informationen über die Reihe der Aachener Marktspiegel bietet das FIR unter: 0241/47705-151.
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