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„Mit langfristig fünf Prozent Wachstum geht es Antriebs- und Fluidtechnik gut“

VDMA-Geschäftsführer Rauen: Ingenieurmangel darf nicht aus dem Blickfeld geraten
„Mit langfristig fünf Prozent Wachstum geht es Antriebs- und Fluidtechnik gut“

„Mit langfristig fünf Prozent Wachstum geht es Antriebs- und Fluidtechnik gut“
Hartmut Rauen, Geschäftsführer der Fachverbände Antriebs- und Fluidtechnik im VDMA: „Das langfristig festzustellende Wachstum von fünf Prozent ist eine sehr solide Basis für beide Branchen und liegt sogar noch über dem Durchschnittswert für den deutschen Maschinenbau.“
Der Kostendruck in der Industrie beschert den Herstellern von Automatisierungskomponenten mehr Umsatz. Antriebs- und Fluidtechniker rechnen für 2003 mit einer Konsolidierung des Umsatzes auf hohem Niveau, sagt Hartmut Rauen, Geschäftsführer der Fachverbände Antriebstechnik und Fluidtechnik im VDMA.

Das Gespräch führte unser Redaktionsmitglied Dr. Birgit Oppermann birgit.oppermann@konradin.de

Herr Rauen, im November 2002 meldete der VDMA ein „erfreuliches Plus“ beim Auftragseingang der Maschinenbauer. Wie sieht die Umsatzerwartung für Antriebs- und Fluidtechnik-Hersteller für das laufende Jahr aus?
Ein langfristiger Vergleich zeigt, dass die Antriebs- und Fluidtechnik jährlich um rund fünf Prozent wächst, wobei der Zuwachs in beiden Branchen sogar etwas über dem des deutschen Maschinenbaus liegt. Dies könnte mit der stärkeren Durchdringung der Weltmärkte mit deutschen Zulieferprodukten zusammen hängen. Für das Jahr 2002 werden wir allerdings einen Rückgang von etwa drei Prozent verzeichnen. Für 2003 gehen wir von einer Konsolidierung auf hohem Niveau aus. In beiden Branchen werden Automatisierungskomponenten aus Pneumatik, Linear- und Servotechnik an Zuspruch gewinnen, da sich in der Industrie ein hoher Rationalisierungsdruck abzeichnet.
Wo tun sich neue Märkte auf?
Neue Märkte scheinen in Grenzbereichen zur Medizintechnik zu entstehen, da dort mechatronische Komponenten oder Miniaturaktuatorik verwendet werden. Vielfach konzentrieren sich spezialisierte Unternehmen auf diese Nischen. Durch die zunehmende Funktionsintegration – Stichwort Mechatronik – und die kleiner werdenden Produkte ergeben sich teilweise auch neue Applikationsmöglichkeiten. Letzten Endes profitieren Antriebs- und Fluidtechniker aber von allen Wachstumsmärkten im verarbeitenden Gewerbe. Und selbst im traditionellen Bereich ist mit einem Wachstum von fünf Prozent pro Jahr eine sehr solide Basis gegeben.
Welche Rolle spielt die Windkraft in diesen Prognosen?
Auch die Windkraftindustrie wird – solange die politische Unterstützung andauert – auf Jahre hinaus ein kontinuierliches Wachstum ermöglichen, wobei gerade die deutsche Zulieferindustrie eine exorbitant gute Stellung einnimmt. Der Umsatz des Antriebsstranges ist hier schon auf rund 500 Millionen Euro im Jahr anzusetzen, mit bisher etwa 20 Prozent jährlichem Wachstum. Der Getriebemarkt beispielsweise wird von deutschen Unternehmen dominiert, und auch im restlichen Zulieferbereich sind deutsche Unternehmen führend. Der VDMA gründet zur Zeit eine Arbeitsgemeinschaft Zulieferer der Windkraftindustrie, um eine Brücke zu den Anwendern zu schlagen, die sich im VDMA in der Interessensgemeinschaft Windkraftanlagen engagieren.
Haben sich die großen Hoffnungen, die vor zwei Jahren in den E-Commerce gesetzt wurden, inzwischen erfüllt?
Zu 90 Prozent dürften sich die E-Commerce-Erwartungen wohl nicht erfüllt haben. Namhafte Großunternehmen haben dreistellige Millionenbeträge investiert und dennoch die Projekte in der letzten Zeit wieder eingestellt. Der Hype ist also vorbei, aber auf den verbleibenden Aktivitäten dürfte solide aufgebaut werden. Die Kostenpotenziale, die in einem vernünftigen E-Procurement liegen, werden nach und nach gehoben. Es gibt bereits heute Unternehmen, die einen Teil ihrer Bestellungen erfolgreich vollautomatisiert im Sinne von E-Business ablaufen lassen.
Wie groß ist das Interesse an firmenübergreifenden Marktplätzen?
Branchengetragene Aktivitäten, wie beispielsweise der VDMA-E-Market, finden immer mehr Zuspruch. 70 Unternehmen haben alleine im Jahre 2002 Zugang zu dieser Plattform gefunden, und allein im ersten Monat 2003 waren es weitere zehn Unternehmen. Sie können ihre E-Commerce-Lösungen sehr sinnvoll an den Marktplatz anbinden. Die Besucherzahlen für den E-Market haben sich im letzten Jahr verdreifacht. Dies ist ein Beispiel, wie sich nun nach und nach solide Lösungen in der E-Business-Welt etablieren.
Wo haben sich technische Entwicklungen in der Branche vollzogen?
Altbekannte Technologietrends wie Funktionsintegration und zunehmende Intelligenz der einzelnen Produkte haben sich fortgesetzt. Die Steuer- und Positioniergenauigkeit der Hydraulik wurde besonders stark verbessert, so dass es wiederum zu einem interessanten Wettbewerb mit der elektrischen Antriebstechnik kommen wird. Darüber hinaus gilt weiterhin die Devise, dass die Produkte bei höherer Leistungsdichte robuster werden und den Kundenanforderungen nach Zuverlässigkeit Rechnung tragen.
Wie wirkt sich die wirtschaftliche Flaute auf die Entwicklungsaktivitäten aus?
Die Statistiken zeigen, dass mit abnehmender Unternehmensrendite die Firmen auch weniger in F+E investieren, da diese Budgets eine flexible Masse darstellen. Vor dem Hintergrund schlechterer Renditen im Jahr 2002 werden daher auch die Forschungs- und Entwicklungsbudgets rückläufig sein. Hier kann man sich den Konjunkturzyklen kaum entziehen. Allerdings sind die Einschnitte in der Regel nicht dramatisch, da die Entwicklungskosten zum großen Teil Personalkosten sind und die Unternehmen ihr Kernpersonal im Bereich Forschung und Entwicklung in der Vergangenheit eher aufgebaut als abgebaut haben. Die ständig steigende Zahl von Ingenieuren im deutschen Maschinen- und Anlagenbau ist ein guter Beleg hierfür.
Welchen Einfluss hat der Ingenieurmangel zurzeit auf die Geschäfte?
Der Ingenieurmangel bleibt mittel- bis langfristig ein sehr ernst zu nehmendes Thema und dürfe allenfalls kurzfristig etwas aus dem Blickwinkel geraten. Der Maschinenbau wird in den nächsten Jahren deutlich weniger Ingenieure von den Universitäten erhalten, als er aufnehmen könnte. Das belegen ausführliche Studien der VDMA-Stiftung Impuls. Und in Zeiten konjunktureller Hitzephasen konnten viele Unternehmen Aufträge nicht annehmen, weil sie die Kapazitäten für kundenspezifische Entwicklungsarbeiten nicht bereitstellen konnten.
Bei der Leitmesse Motion, Drive & Automation fällt auf, dass mehr Aussteller aus Asien kommen und sich beispielsweise die Zahl chinesischer Anbieter seit 2001 verdoppelt hat….
Wenn sich die Ausstellerzahlen gerade aus dem asiatischen Raum deutlich erhöhen, so hängt das sicherlich auch mit den konjunkturellen Aussichten zusammen, die dort besser sind als hier – im Fall China natürlich auch mit dem Beitritt zur WTO und der Öffnung für die Weltmärkte. Die Motion, Drive & Automation befindet sich aber im Jahr 2003 generell auf Rekordniveau und ist mit Abstand die weltweit führende Messe. So ist es kein Wunder, dass die chinesischen Hersteller nach Hannover kommen, um ihr Leistungspotenzial zu zeigen. Die deutschen Unternehmen dürfen dem direkten Vergleich aber mit gesundem Selbstbewusstsein entgegen gehen.
Könnte in China eine Konkurrenz für die Wälzlagerindustrie entstehen?
Betrachtet man das Beispiel Wälzlager, ist klar, dass geringe Lohnkosten nicht unbedingt zu wettbewerbsfähigen Produkten verhelfen. Die Unternehmen betreiben hochautomatisierte Fertigungsanlagen für die Massenproduktion. Sie müssen entsprechende Vertriebs- und Servicestrukturen haben, die weltweit effizient arbeiten. Nicht umsonst wird gerade dieser Markt von wenigen Großunternehmen weltweit dominiert. Das Know-how dafür ist enorm und wird ständig erweitert. Daher ist davon auszugehen, dass der chinesische Markt der Wälzlagerhersteller sich in den nächsten Jahren dramatisch bereinigen wird und sicherlich mehr als 90 Prozent der Unternehmen verschwinden. Dennoch: Man sollte keinen Wettbewerber unterschätzen. Andererseits ist China ein interessanter Absatzmarkt mit enormen Wachstumsraten. Und auch diese Perspektive muss man einnehmen.
Die Leitmesse Cemat hat sich von der Hannover Messe abgespalten und findet vom Jahr 2005 an im eigenen, dreijährigen Rhythmus statt. In welchem Takt lassen sich die Innovationen in der Antriebs- und Fluidtechnik am sinnvollsten präsentieren?
Der Zweijahres-Turnus gilt in der Antriebs- und Fluidtechnik als optimal. In konjunkturellen Boomzeiten gibt es bei Unternehmen, die software- und elektroniknahe Produkte entwickeln, sogar die Tendenz zu einem Einjahresrhythmus. Im klassischen Industriebereich wiederum finden sich Fürsprecher für den Dreijahresrhythmus. Aber die breite Masse, geschätzt etwa 80 Prozent der Unternehmen, tendiert eindeutig zum Zweijahresrhythmus. Hinzu kommt, dass wir einen weltweit eingespielten Messerhythmus haben, der im Wesentlichen zwei Schwerpunkte setzt: Motion, Drive & Automation im ungeraden Jahr und dazwischen die Regionalmessen Mecanelem und Fluidtrans Compomac für die Märkte in Frankreich und Italien. Darüber hinaus spricht eine PTC in Shanghai den asiatischen Bereich an.
Was könnte Ihrer Ansicht nach die Lage der Antriebs- und Fluidtechnik-Anbieter verbessern?
Eine Beseitigung der weltweiten Krisen, um hier die Zuversicht für ein sicheres Wirtschaften und Investieren zu ermöglichen, sowie eine deutliche Änderung der deutschen Wirtschaftspolitik. Sie sollte klare Signale setzen in den drei Feldern Entfesselung des Arbeitsmarktes, Neuorientierung der sozialen Sicherungssysteme und Abbau der Bürokratie. Die Unternehmen selbst haben ihre Hausaufgaben gemacht.
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