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Mit List und Harmonie

China-Knigge
Mit List und Harmonie

Ohne interkulturelles Know-how kommt es oft zu Missverständnissen und Fehlentwicklungen. Worauf Unternehmer in China achten sollten, um Geschäftserfolge zu erzielen.

Hatte er richtig gehört? Dem deutschen Geschäftsmann stieg langsam die Zornesröte ins Gesicht! Ist ja nicht so schlimm, hatten die Chinesen eben gesagt, bisher hätte doch die Zusammenarbeit immer gut geklappt. Gestern war er in China angekommen, um die Anlage in der deutschen Tochter in Betrieb zu nehmen. Nichts war fertig! Die chinesischen Partner waren mit ihrer Arbeit mindestens drei Wochen in Verzug! Warum hatten sie ihn nicht informiert? Man hätte Verstärkung bereitstellen können. Aber jetzt? Jetzt würde man nicht rechtzeitig mit der Produktion beginnen können!

Er wollte das klären! Wer hatte das zu verantworten? Die letzte Anlage sei doch termingerecht in Betrieb genommen worden, sagten die Chinesen. Außerdem würden die beiden Unternehmen nun schon seit mehr als drei Jahren sehr gut zusammenarbeiten. Der Mittelständler war kurz vor der Explosion, warum dieses Herunterspielen? Sahen die Chinesen nicht, wie kritisch die Situation war?
Soziale Harmonie stellt einen wichtigen Wert in China dar. Die soziale Ordnung muss in gleicher Weise harmonisch wirken wie die Natur. Wird diese harmonische Ordnung gestört, entsteht nach chinesischem Verständnis das Chaos. Diskussionen werden als Störung der Harmonie und damit als äußerst unangenehm empfunden. Die chinesische Seite war sich des groben Fehlers durchaus bewusst. Im Konfliktfall wird aber zunächst versucht, die Harmonie wieder herzustellen und Gemeinsamkeiten zu betonen. Eine Klärung wie im westlichen Kontext oder das Finden eines Schuldigen ist nicht notwendig. Zugunsten der Harmonie dürfen Probleme unter den Teppich gekehrt und die Wahrheit verschleiert werden.
Natürlich gibt es im Umgang mit Chinesen viele Fettnäpfchen, in die der Europäer treten kann (s. Kasten). Er verliert zwar in den Augen des Gegenübers etwas Gesicht und damit Respekt. Nachhaltig negativ auf den Geschäftserfolg wirken sich aber vor allem Fehlinterpretationen durch Missverständnisse in der Kommunikation und im Verhalten aus: Seit einigen Jahren unterhält ein deutscher Anlagenbauer ein Vertriebsbüro in Beijing. Er vertraut seinem chinesischen Geschäftsführer vor Ort. Gewinne werden zwar dort auch nach vier Jahren noch nicht erzielt. Aber man hört ja allenthalben, der chinesische Markt sei schwierig und es bedürfe einer längeren Anlaufzeit und viel Geduld. Ein Mitglied der deutschen Geschäftsleitung fliegt hin und wieder nach China, um dort nach dem Rechten zu sehen. Wie sich später herausstellen sollte, hatte er einen groben Fehler begangen: Seine wenigen Besuche in China wurden von den Chinesen als mangelndes Interesse an einem gut laufenden Geschäft interpretiert. In solchen Situationen kommt oft die chinesische Kriegslist „Das Wasser trüben, um Fische zu fangen“ zur Anwendung: Man kann fern des Stammhauses sein eigenes Süppchen kochen. Das tat der chinesische Geschäftsführer auch und hatte es so zu einem kleinen Wohlstand gebracht.
Es gibt viele Dinge, die es zu beachten gilt, will man im Umgang mit chinesischen Geschäftspartnern, Kollegen und Teammitgliedern erfolgreich sein. Ziel der Aneignung von interkulturellem Know-how ist es, Handlungsweisen und Reaktionen der Partner, Kollegen und Mitarbeiter zu verstehen und im Sinne des Geschäftserfolges angemessen darauf zu reagieren. Interkulturelles Konfliktpotenzial sollte möglichst frühzeitig erkannt werden, um teure Fehlentwicklungen zu vermeiden. Ziel ist es aber auch, China zu verstehen und so Risiken und Chancen besser einschätzen zu können.
Ruth Schaefer, M.A. Interkulturelle Trainerin und Beraterin in München
Zugunsten der Harmonie die Wahrheit verschleiern

Do’s and Dont’s
… bei der Begrüßung
  • Visitenkarten sollten unbedingt in ausreichender Zahl und zweisprachig mitgeführt werden. Überreicht und entgegengenommen werden sie mit beiden Händen. Danach gilt es, die Karte aufmerksam zu lesen, um das Gegenüber entsprechend zu würdigen. Die Karte sollte niemals ungelesen in die Anzugtasche gesteckt werden oder in Anwesenheit desjenigen, der sie überreicht hat, beschrieben werden!
  • Im Westen wird ein fester Händedruck in Verbindung mit Blickkontakt als Zeichen einer aufgeschlossenen, selbstbewussten und verträglichen Persönlichkeit gesehen. In China dagegen wäre das ein Zeichen von Aggression. Dort werden die Hände nur leicht geschüttelt, direkter Blickkontakt wird vermieden.
… beim Geschäftsessen
  • Essen ist das soziale, netzwerkbildende und -pflegende Ereignis in China.
  • Die Sitzordnung unterliegt der Hierarchie, so sollte die ranghöchste Person mit Blick zur Tür platziert werden.
  • Beim Essen können auch schwierige Themen und Probleme angesprochen werden.
  • Stäbchen sollten niemals in die Reisschale gesteckt werden. Da in Speiseopfer, die den Ahnen dargebracht werden, Räucherstäbchen gesteckt werden, wäre das ein Zeichen dafür, dass die Speisen nicht für die Lebenden, sondern für die Toten bestimmt sind.
  • Alle Speisen werden unter den Anwesenden geteilt.
  • Lautes Schnäuzen bei Tisch und das anschließende Verstauen des bakterienbeladenen Taschentuches in eine Hosen- oder Jackentasche ruft bei Chinesen starken Ekel hervor. Vergleichbar vielleicht mit der Wirkung der chinesischen Variante in Sachen Schleimentsorgung auf uns: Nase hochziehen, anschließend geräuschvoll Räuspern und dabei den Schleim aus dem Rachen lösen, dann ausspucken.
  • Die Rechnung sollte nicht geteilt werden. Würde sie geteilt, wäre das gleichsam ein Signal dafür, kein Interesse an einem Netzwerk mit den anderen Tischgenossen zu haben.
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
Ausgabe
6.2024
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