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Mit neuen Konzepten bleibt die Ware im Fluss

Ausgeklügelte Kommissioniertechniken auf Pick-Pack-Forum
Mit neuen Konzepten bleibt die Ware im Fluss

Auf dem Pick-Pack-Forum in Offenbach wurde klar: Neue Versorgungskonzepte sind gefragt, um Zeit, Geld und Platz zu sparen. Im Trend liegen zentrale, automatische Lager.

Von unserem Redaktionsmitglied Thomas Preuß

Die Megatrends der Logistik, speziell für das Kommissionieren, formulierte Rolf Armbruster so:
– Die Kommissionierung müsse in Zukunft an Outsourcing-Spezialisten übertragen werden. Nur so könnten Unternehmen den ständigen Veränderungen gerecht werden.
– Die Belieferung vom Hersteller direkt an den Verbraucher (B2C) werde gegenüber derjenigen an den Handel wichtiger.
– Obwohl sich das Tempo erhöht, weil Wartezeiten zwischen Bestellung und Auslieferung sinken sollen, müssten die Kosten weiter zurückgehen. Wer das nicht in den Griff kriegt, hat das Nachsehen.
– In bestimmten Bereichen würden Online-Bestellungen übers Internet den Zwischenhandel und einige Stufen der physischen Kommissionierung ersetzen.
Armbruster, Mitglied der Geschäftsleitung der Bertelsmann Medien Services GmbH in Gütersloh, stellte diese Tendenzen vor kurzem anlässlich des Pick-Pack-Forums in Offenbach vor. Veranstalter dieses Forums zum Thema Kommissionieren, das schon zum sechsten Mal stattfand, war die Bundesvereinigung Logistik (BVL) e. V. in Bremen.
Kommissionierkonzept für Kfz-Ersatzteilmarkt
Wie beispielsweise die Sachs Handel GmbH, Schweinfurt, den steigenden Bestellzahlen mit immer kleineren Mengen und hohem Expressanteil begegnet, schilderte Frank Lößl, Leiter Logistik des Unternehmens. „Das erfordert gerade in der Logistik eine deutliche Leistungssteigerung“, sagte Lößl. Denn „über 1000 Kunden in 110 Ländern erwarten auch zukünftig eine termingerechte Lieferung.“ Daher habe man ein durchgängiges Konzept entwickelt. Sachs Handel beliefert weltweit den unabhängigen Kfz-Ersatzteilmarkt mit Kupplungen, Stoßdämpfern und Handelsprodukten.
Um den gestiegenen Marktanforderungen gerecht zu werden und die Potenziale der geänderten, schnelleren Informationsströme zu nutzen, hat Sachs Handel sein bestehendes Zentrallager in Schweinfurt erweitert. Mit einem neuen, vollautomatischen Hochregallager und dem Anbau am bereits vorhandenen automatischen Kleinteilelager wurde das Lagervolumen von 20 400 Plätzen auf 51 800 mehr als verdoppelt.
Moderne Lager- und Informationstechnik verleihen dem Sachs Logistics Center (SLC) eine höhere Dynamik. „Mit ausgeklügelter Kommissioniertechnik“, so Frank Lößl ein wenig stolz, „haben wir die Umschlagleistung pro Tag fast verdreifacht.“ Täglich verlassen nun über 530 Sendungen das SLC.
Im Mittelpunkt des Konzepts steht der Aufbau weltweit integrierter Informations- und Warenströme. Denn im optimierten Einsatz der lnformationstechnik, verbunden mit einem automatischen Warenflusssystem, liege ein sehr großes Potenzial für verbesserten Service im Handelsgeschäft. „Unsere Ziele sind ein flächendeckender Servicegrad von über 95 Prozent“, führte Lößl aus, „außerdem wollen wir den Bestand optimieren und die Beschaffung bündeln.“ Dazu werde unter anderem ein „Virtuelles Lager“ aufgebaut. Je nach Auftrag und Lieferadresse würden die Kunden dann vom optimalen Standort aus beliefert, obwohl sie unverändert bei ihren Sachs-Handelspartnern bestellten, etwa in England, Frankreich oder den USA.
Schon heute könnten Kunden über das internetbasierte System Teccom ordern, versicherte Frank Lößl. Ab Anfang 2001 solle es dann eine weitere eigene Applikation für E-Commerce mit Sachs Handel geben – ebenfalls über das Internet mit Anbindung an SAP R/3.
Um das virtuelle Lager zu realisieren und den Warenfluss zum Kunden zu beschleunigen, wird Sachs Handel seine zukünftige Zusammenarbeit mit Speditionen neu gestalten. Im Rahmen dieses Transportkonzepts soll es dann möglich sein, in Verbindung mit der neuen Funktionalität „Lieferscheinsplit“ in SAP R/3 und der schnellen Beauftragung per Datenfernübertragung bereits Teilsendungen zu verladen. Tracking and Tracing übers Internet wird dann ebenfalls angeboten. Der anschließende Schritt stellt sicher, dass jeder Kunde in Europa im „Nachtsprung“ beliefert werden kann. Hierfür entsteht europaweit ein Netz von Logistikzentren, die unabhängig von Landesgrenzen agieren. „Nur so können wir den Markt wirklich flächendeckend versorgen“, erklärte Lößl.
Kleinteilebelieferung in einem Automobilwerk
Wie sich die innerbetriebliche Logistik verbessern lässt, trug Claus Gallmeister vor, Teamleiter der Abteilung LMC der Daimler-Chrysler AG in Sindelfingen. Dort hat man die gesamte Prozesskette der Kleinteile-Belieferung mit VDA-Ladungsträgern – die vom Verband der Automobilindustrie e. V. (VDA), Frankfurt/M., genormt sind – für die Fahrzeug-Endmontage neu konzipiert. Allein dadurch spart das Unternehmen 15 DM je produziertes Fahrzeug ein.
Bei Kleinteilen sparen Norm-Behälter 15 DM je Fahrzeug
Die Behälter durchlaufen die gesamte Lieferkette vom Lieferanten bis an den Verbauort. Sie machen zwar nur 3 % des Volumenstroms aus, enthalten aber 25 % aller Sachnummern. Insgesamt sind 30 % aller Ladungsträger, die an die Verbauorte verteilt werden müssen, solche VDA-Behälter. Das Teilespektrum in den Kästen umfasst Schrauben, Abdämpfungen, Stecker oder Sicherungen, aber auch teure und empfindliche Schalthebel, Gurtschlösser oder Steuergeräte.
Mittelpunkt und Ergebnis des Projekts ist ein automatisches Kleinteilelager (AKL) mit etwa 80000 Fächern an zentraler Stelle zwischen den vier großen Montagegebäuden. Dort werden VDA-Ladungsträger eingelagert und verbrauchsbezogen nach dem Kanban-Prinzip in die Montagegebäude geliefert. Das geschieht täglich mit 6200 solcher Kästen. „Durch die Zentralisierung der Lagerfunktionen und die Automatisierung sparen wir erheblich Fläche und Personal ein“, fasste Gallmeister zusammen.
Vorher befanden sich die Lager für die VDA-Behälter in Sindelfingen in verschiedenen Gebäuden. Der Betrieb des Lagers und der Transport zur Montage mit Schleppzügen lagen in getrennter Verantwortung. „In den dezentralen Lagern wurde rein manuell gearbeitet, was einen hohen Personalaufwand bedeutete“, schilderte Gallmeister die damalige Situation. Und die einfache Technik benötigte viel Fläche, die Lkw mussten mehrere Abladestellen anfahren. Zusätzliches Schmankerl der neuen Organisation: Das Lager soll sich in weniger als dreieinhalb Jahren amortisieren.
Das AKL ist Teil des neuen Versorgungskonzepts für die Montage. Alle zwei Stunden wird der Bestand an den Verbauorten kontrolliert und fehlendes Material nachbestellt. Nach Ende der Bestellzeit beginnt das AKL mit der Auslagerung. Eine Dreiviertelstunde später hat der Besteller sein Material vor Ort und kann es an dem Montageplatz bereitstellen. Das AKL selbst zeichnet sich durch sehr kurze Abläufe und eine wirksame Automatisierung aus.
Die Behälter werden schon beim Lieferanten gekennzeichnet. Den vom VDA genormten Beleg, den der Lieferant am Behälter anbringt, verwendet das Lager zur automatischen Identifizierung des Materials.
Im Wareneingang sorgt ein „sehender Depalettier-Roboter“ dafür, dass die Ladungsträger automatisch von den Anliefer-Paletten auf die Fördertechnik umgesetzt werden. Gallmeister: „Wir konnten keine Mitarbeiter finden, die jeden Tag über 6000 Kästen depalettieren wollten.“
Das Einlagern in das Hochregal und die Auslagerung geschehen nun vollautomatisch. Die Behälter werden auf dem Geschoss ausgelagert, auf dem sie verbraucht werden, und sind stets in der richtigen Reihenfolge für die Verladung und den Transport zum Verbauort sortiert. „Wir wollen nicht umsortieren“, formulierte Gallmeister das Ziel. „Die Ware soll in der Reihenfolge das Lager verlassen, in der sie auch bestellt wird.“
Die Versorgung der Montage erfolgt im Halb-Stunden-Rhythmus durch Schleppzüge, die im AKL beladen werden. Eine neue, SAP-basierende Lagerverwaltungs-Software steuert den gesamten Lagerprozess. Um den Betrieb zu sichern, wurde hier eine Doppelrechneranlage mit einem Unix-Betriebssystem eingesetzt. Über eine gesicherte Schnittstelle sind darunter sechs Simatic-Steuerungen angeschlossen, die den gewünschten Materialfluss im AKL durchführen.
Für jedes produzierte Fahrzeug benötigt Daimler-Chrysler drei solcher Ladungsträger. „Das neue System spart uns etwa 5 bis 6 Mark pro Ladungsträger, also 15 bis 18 Mark je Auto“, freute sich Claus Gallmeister. Viel für eine Branche, die sonst schon um Pfennige kämpft.
Vorteile des AKL
– Amortisationszeit 3,4 Jahre
– Automatisierung spart Personal
– Nutzung der Höhe spart Fläche
– Anlieferzeit nur noch 45 min
– Hohe Versorgungssicherheit
– Reduzierter Werksverkehr
– Kurze Transportwege durch Zentralisierung
– Ergonomische Arbeitsplätze
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