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„Mit Objekten können wir jederzeit schnell auf Markttrends reagieren“

Dr. Helmut Polzer und Kurt Rembold, Vorstände der Brain International AG
„Mit Objekten können wir jederzeit schnell auf Markttrends reagieren“

Die Anwender unternehmensweiter Standardsoftware entdecken die Vorzüge der objektorientierten Technologie. Welche Wege das Software- und Beratungshaus Brain International beschreitet, schildern die Vorstände Dr. Helmut Polzer und Kurt Rembold.

Das Interview führte unser Redaktionsmitglied Dietmar Kieser

? Herr Dr. Polzer, als Sie sich 1971 mit Ihrer Beratungsfirma BIW in Weinstadt selbständig machten, präsentierte Intel den ersten Mikroprozessor. 1981 wagten Sie, Herr Rembold, in Breisach mit der Rembold + Holzer EDV-Beratung den Sprung in die Selbständigkeit. Im gleichen Jahr stellte IBM den ersten PC vor. Während die Hardware-Entwickler eine Elektronik-Revolution auslösten, steckte der Software-Sektor noch den Kinderschuhen. Konnten Sie als Software-Pioniere die Entwicklung auf diesem Gebiet absehen?
! Kurt Rembold: 1982 hörte ich den Vortrag eines amerikanischen Analysten in Monte Carlo. Er meinte, daß man bis zum Ende der 80er Jahre die Hardware verschenken müsse, um Software verkaufen zu können. Also weg von der Hardware, hin zur Software. Nun, so ist es dann doch nicht gekommen. Für uns war es ein Stück Bestätigung, auf das richtige Pferd gesetzt zu haben.
„Für kleinere Anwender ist weniger PPS oft mehr“
!Dr. Helmut Polzer: Wir hatten von Anfang an die Vision, Standardsoftware zu verkaufen – allerdings haben sich die mittelständischen Unternehmen erst zehn Jahre später für dieses Thema geöffnet. Erst dann kam der Durchbruch.
? Sie bringen es zusammen auf fast 50 Chefjahre. Inwieweit konnten Sie die Entwicklung auf dem Gebiet der betriebswirtschaftlichen Standardsoftware mitbeeinflussen?
! Dr. Polzer: Wir haben in unserem ERP-Labor Maßstäbe gesetzt. Vom Produktgenerator bis hin zum integrierten System der Vier-Quadranten-Planung.
Allerdings hatten wir in der Vergangenheit nicht die Marktmacht, diese Ideen in der Breite durchzusetzen.
! Rembold: Es wäre vermessen zu sagen, daß ich die Entwicklung mitbeeinflußt habe. Sicher ist aber, daß Rembold + Holzer sehr früh auf Standardsoftware und Branchen-Fokussierung gesetzt hat und im Bereich der Zulieferindustrie einer der Pioniere für das ist, was man heute Supply Chain Management nennt.
? Waren Sie gezwungen, dem Mainstream zu folgen oder konnten Sie es sich leisten, eigene Wege zu gehen?
! Dr. Polzer: Wir haben uns nie Modeerscheinungen und kurzfristigen Euphorien gebeugt, sondern konsequent unsere Linie beibehalten – Standard-Software für mittelständische Unternehmen auf Basis der AS/400.
! Rembold: Wir hatten schon immer das Glück, daß wir in unserem Marktsegment weitestgehend eigene Wege gehen konnten. Im Prinzip haben wir durch unsere Spezialisierung immer ein großes Stück „added value“ für unsere Kunden generiert, was uns natürlich auch ein Stück Eigenständigkeit gesichert hat. So haben wir uns und unseren Kunden, entgegen dem Trend, den Umstieg von der sehr erfolgreichen AS/400 auf Unix im wahrsten Sinne des Wortes „erspart“.
? Die großen Software-Würfe reichen von den Konzepten zur Materialbedarfsplanung, kurz MRP genannt, über das Einbeziehen der Kapazitätsplanung und der Entwicklung der Leitstände bis hin zum Abbilden der Geschäftsprozesse per ERP-System. Haben kleinere Anwenderbetriebe überhaupt das Know-how für anspruchsvolle Lösungen dieser Art?
! Dr. Polzer: Entscheidend ist es, das richtige System für den Kunden zu bieten – nicht den starren Monolithen, sondern das flexible Baukastensystem.
! Rembold: R+H hat im Jahre 1992 den Begriff „Lean Software“ in die Diskussion gebracht. Dies in einer Zeit, als CIM noch eine andere Bedeutung hatte als heute. Ich bin der Meinung, daß für kleinere Kunden weniger PPS oft mehr ist.
? Eine Studie des Fraunhofer-Instituts IPA rechnet vor, daß sich heute durchschnittlich alle 18 Monate die Unternehmensziele ändern. Kommen die heutigen Enterprise-Resource-Planning-Systeme, kurz ERP, mit diesen Änderungen noch mit?
! Rembold: Das hängt von der Flexibilität des Systems ab. Monolithische Systeme besitzen diese Flexibilität mit Sicherheit nicht.
! Dr. Polzer: Die Veränderungsdynamik wird weiter zunehmen, wenn Planungsintervalle auf zwölf Monate sinken werden. Deshalb haben wir bei Brain mit Common APPS eine Architektur objekt-orientierter Komponenten geschaffen. Damit können wir jederzeit schnell auf Markttrends reagieren.
? Wird das weltumspannende Internet zum Schlüsselfaktor für den erfolgreichen Einsatz von ERP-Systemen in global verteilten Firmen?
! Dr. Polzer: Die Browserfähigkeit einzelner Module – nehmen Sie die Vertriebsabwicklung – wird sicherlich eine Pflichtübung. Andererseits ist das Mahnwesen, um ein drastisches Beispiel zu nennen, sicher nicht zwingend Internet-fähig. Der Markt erwartet allerdings, daß die Einbindung von E-Commerce-Elementen zügig und reibungslos erfolgt. Mit der Kapselung der Softwaremodule in objektorientierter Technologie sind wir dafür bestens gerüstet.
? Was bringt dem mittelständischen Anwender ein objektorientiertes ERP-System?
! Dr. Polzer: Hohen Nutzen und dezidierte Kostenvorteile. Wenn sich durchgreifende Veränderungen anbahnen – als Stichworte nenne ich Internet, E-Commerce oder Spracheingabesysteme – müssen nur Bausteine, nicht aber das Gesamtsystem modifiziert werden. Für Hersteller wie Anwender entsteht eine echte Win-win-Situation: Wir schaffen bessere Arbeitsbedingungen, senken die Kosten für den Anwender, erlauben eine höhere Standardisierung der Funktionsbausteine und sind mit Innovationen zum Nutzen des Kunden schneller am Markt.
? Der ERP-Markt, auf dem sich viele Anbieter tummeln, zeigt sich einerseits leicht geschwächt. Andererseits operieren gerade mittelständische Unternehmen noch oft mit veralteten Individualprogrammen. Wie reagieren Sie als Anbieter auf diese Situation? Reicht es aus, sich mit solider Qualität ein gutes Image zu verschaffen?
„Der Trend heißt: weg vom Monolithen, hin zur Lean Software“
! Rembold: Ich stimme Ihnen zu, daß es – gerade im Mittelstand – noch ein sehr großes Potential für ERP-Systeme gibt. Dies wird dadurch verstärkt, daß es auf der Anbieterseite nach dem Jahr 2000 eine starke Bereinigung geben wird, weil die Anforderungen an „State-of-the-art-Systeme“ dramatisch zunehmen und dies von kleinen Software-Herstellern nicht mehr zu finanzieren ist.
! Dr. Polzer: Nicht der ERP-Markt schwächelt, sondern diejenigen Anbieter sind in Bedrängnis, die aufgrund ihrer Größe nicht in der Lage sind, die Marktanforderungen zu erfüllen.
? Mit der Fusion von BIW und Rembold + Holzer im vergangenen Jahr zur Brain International AG haben Sie Ihre Kapazitäten gepoolt. Bedeutet dies einen radikalen Wandel in der Strategie Ihrer bisherigen Unternehmen?
! Rembold: Mit der Fusion und dem Gang an die Börse im März 1999 haben wir die Voraussetzungen dafür geschaffen, daß Brain International der Faktor im Mittelstand sein kann. Es zeichnet sich ab, daß diese Zielsetzung erreichbar ist. Insofern haben wir, um auf Ihre Frage zurückzukommen, unsere Strategie den Markterfordernissen angepaßt. Sicher ist, daß weder R+H noch BIW dieses Ziel allein hätten erreichen können.
? Welche Entscheidungen müssen Sie als Systemlieferant heute für die Zukunft treffen?
! Dr. Polzer: Wir müssen softwaretechnisch das Thema Objektorientierung weiter vorantreiben und sehr sensibel die zentralen Entwicklungsströme in der Wirtschaft in unserer Software umsetzen.
! Rembold: Eines der primären Ziele ist das Wachstum des Unternehmens. Dies geht einher mit dem Verstärken unserer Aktivitäten im Ausland. Wir gehen in unseren Planungen davon aus, daß wir bereits im Jahr 2004 über 50 Prozent unseres Umsatzes im Ausland erwirtschaften werden. Außerdem arbeiten wir schon heute verstärkt daran, unsere mittelständischen Kunden komplett und umfassend in allen IT-Fragen zu betreuen. Das heißt, wir intensivieren unsere Bemühungen, als IT-Komplett-Dienstleister aufzutreten.
Ein weiterer und strategisch sehr wichtiger Punkt ist, daß wir uns durch unser Know-how im Umgang mit mittelständischen Firmen verstärkt um die mittelständisch strukturierten Tochterfirmen von Konzernen bemühen. Dort hat man schon heute festgestellt, daß schlanke Strukturen auch schlanke Softwaresysteme benötigen. Hier ist eine echte Trendwende erkennbar – weg vom Monolithen, hin zur „Lean Software“.
Industrieanzeiger
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