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Mitgegangen, mitgefangen

Blick nach. .. china
Mitgegangen, mitgefangen

Überraschend wenig kommentiert sind dieser Tage zwei deutsche China-Engagements beendet worden. Sie galten immer als sehr erfolgreich und dienten viele Jahre lang sogar als Trendsetter des so genannten Going China: Siemens Mobile und der Heimwerkermarkt Obi. Besitzer, Manager und PR-Abteilungen beider Firmen versäumten bis zum Absturz kaum eine Gelegenheit, die großartigen Möglichkeiten des Wirtschaftens auf chinesischen Märkten in die deutsche Öffentlichkeit zu transportieren. „Siemens setzt auf das mobile China und investiert 3 Mrd. DM“, hieß es da einmal oder: „Bald ist China für uns der drittwichtigste Markt.“ Obi ließ es ebenfalls nie an sensationell-optimistischen China-Prognosen mangeln.

Auch die Utopien der in China investierenden Autoproduzenten gingen jahrelang ungebremst durch die Presse, schufen ein geradezu euphorisches Klima und veranlassten so nicht wenige Mittelständler, ihnen zu folgen. Heute haben die vertrauensvoll mitgegangenen Zulieferer damit zu kämpfen, dass eine Pkw-Kapazität von rund sieben Millionen Fahrzeugen aufgebaut ist, aber nur zwei Millionen verkauft werden. VW startete jetzt im Kostenparadies China ein Kosten-Senkungsprogramm: Die Zulieferer werden wissen, wo die Sparkommissare zuerst ansetzen.
Diese Art China-PR verschafft nur börsennotierten Gesellschaften Vorteile. Sie kündigen über ihre Vorstände und PR-Abteilungen Aktivitäten an und unterschreiben Milliarden-Geschäfte oder -Investitionen während eines Besuchs des Bundeskanzlers. Medien vermarkten dies über ihre Wirtschaftsteile und bisweilen gar eigene, groß-tönenden China-Kongresse. Dann kommen die Analysten und Fonds-Manager. Sie nehmen ein China-Engagement als positives Wachstumssignal, loben und lenken Fondsgelder in die Aktien der beteiligten Unternehmen. Journalisten folgen weiter willig. Der Aktienkurs steigt, die Bewertung des Unternehmens auch, selbst wenn vor Ort tatsächlich gar nicht viel passiert.
„Kapital hat das Herz eines Hasen“, heißt es, doch im Falle China besänftigen die überall herumliegenden Riesenzahlen des Landes sonst vorhandenes Mißtrauen. Dabei empfiehlt es sich gerade hier, ein finanzielles Engagement völlig unabhängig von der auf kurzfristige PR-Erfolge zielenden Berichterstattung der Großfirmen abzuwägen. Einzig auf der Basis der eigenen Kapazitäten zu Hause und dem Wissen, dass die chinesische Welt einen enormen personellen und finanziellen Einsatz fordert, darf die Entscheidung getroffen werden. Und: Kann die Investition im ersten Jahr vollständig abgeschrieben werden? Falls die Antwort Ja ist, steht im nächsten Schritt die eigene, unabhängige Einschätzung der Markt-Situation an. Sind chinesische Kunden das Ziel? Geht es um eine Export-Produktion? Oder sind vielleicht die anderen ausländischen Investoren der Markt?
Nur weil die Obi-Posaune verkündete, 100 Mio. Euro in China zu investieren (so Chef Sergio Giroldi noch im Mai 2004) und Chinas Markt explodiert, wie Medien sekundierten, sollte niemand Geld dorthin bringen. Ein explodierender Markt ist im übrigen kein gedeihlicher Platz. Selbst das reine Überleben ist dort schwer.
Ein explodierender Markt ist kein gedeihlicher Platz
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