Montage braucht oftmals die sichere Führung

Bernhard Foitzik ist Fachjournalist in Neustadt an der Weinstraße

Reproduzierbar genaue Linearbewegungen unter Last bekommen geführte Zylinder besser hin als andere Pneumatikzylinder – etwa solche, die „nur“ verdrehgesichert ausgeführt sind. Entsprechend groß ist laut Johann Asperger heute die Nachfrage. „Der Trend geht eindeutig zu Führungszylindern“, sagt der Geschäftsführer der Hoerbiger-Origa GmbH in Filderstadt. Erst im März dieses Jahres hatte das Unternehmen ein komplett erneuertes Programm auf den Markt gebracht.

Auch Heiko Merz, Produktmanager Handhabung und Automation bei der Bosch Rexroth AG in Schwieberdingen, verzeichnet in diesem Segment überproportionales Wachstum, „selbst wenn der Trend nicht neu ist.“ Gut zweistellige Prozentanteile am Pneumatikzylinder-Umsatz machten geführte Antriebe mittlerweile aus. Bei der Esslinger Festo AG & Co. KG kommen auf einen verdrehgesicherten Zylinder heute drei geführte Antriebe. Und aus Sicht von Olaf Niclasen, Marketing-Manager bei der Numatics GmbH, St. Augustin, „bevorzugen Konstrukteure heute auf jeden Fall komplette Einheiten.“

Ursächlich für den bevorzugten Einsatz von Führungszylindern ist sicherlich die Präzision, die damit zu erreichen ist. Bernd Müller, Produktmanager bei Festo, ergänzt: „Bei einem fertigen Subsystem muss sich der Anwender, sei es ein OEM oder ein Anlagenbetreiber, nicht um die Konfiguration im Detail kümmern und bekommt trotzdem die komplette Funktion.“ Das setzt allerdings eine weitgehende Standardisierung voraus. Im Gegensatz zu den Einheiten Marke Eigenbau sind Einheiten der neuen Generation aufeinander abgestimmt und zeichnen sich durch entsprechend hohe Lebensdauer aus. „Die Kombination von Antrieb und Führung steht bei uns bei jeder Neuentwicklung im Fokus“, sagt deshalb auch Dietmar Grün, Produktmanager Zylinder bei der Norgren GmbH in Alpen.

Üblichweise stehen die Führungszylinder in wenigstens zwei Varianten in den Katalogen: mit Gleitführung und mit Wälzführung. Gleitführungen sind preislich attraktiv und robust – während ein kräftiger Schlag bei Kugelführungen durchaus nachhaltige Eindrücke hinterlässt. Von Sonderlösungen abgesehen, lassen sich Führungszylinder mit Gleitlagern zudem nicht spielfrei ausführen. „Für Präzisionsaufgaben in der Montage ist eine Gleitführung daher kaum geeignet“, mahnt denn auch Bosch-Rexroth-Experte Heiko Merz.

Unter den wälzgelagerten Führungen wiederum dominieren die Kugelumlaufführungen. Daneben sind Kugelkäfigführungen und Rollenführungen erwähnenswert. „Gerade bei kurzen Hüben haben unsere Anwender gute Erfahrungen mit Kugelkäfigführungen gemacht“, sagt Heiko Merz. Prinzipbedingt werden hier die einwirkendenden Kräfte gleichmäßiger verteilt, so dass solche Führungen bei Hüben von etwa 100 bis 150 mm Hub eine hohe Steifigkeit bieten und mit dem Antrieb eine „unverwundbare“ Einheit bilden. Bei Umlaufführungen ohne Käfig hingegen könnten bei kurzen Hüben die Kugeln trocken laufen, was mit der Zeit fast zwangsläufig zu erhöhtem Spiel führt. Müssen längere Hübe bewältigt werden, tritt dieses Problem hingegen nicht auf. Daher kann man, wie einer der Produktmanager es formuliert, hier auch ohne Käfig „unendliche Hublängen sicher und dauerhaft fahren.“

Grenzwerte für maximal mögliche Momente sind schwer anzugeben, auch wenn man „auf die stärksten Führungseinheiten in Heavy-Duty-Ausführung ein Haus bauen“ könne, wie es einer der Umfrageteilnehmer ausdrückt. Norgren-Fachmann Dietmar Grün betont, dass „die Momente natürlich stark von Betriebsdruck, Art der Führung und dem Zylinderhub abhängen.“ Für die Hersteller heißt es also, gewappnet zu sein und ein breites Programm anzubieten.

Trotz des Versuchs, die Varianten zugunsten standardisierter, vielfältig einsetzbarer Module zu reduzieren, bleiben dem Anwender in der Praxis immer noch reichlich Möglichkeiten. Damit sich selbst Einsteiger nicht in der Unübersichtlichkeit verlieren, muss zur Unterstützung die Software ran: Ein „Interaktiver Designer“ wie bei Bosch Rexroth, ein 3D-CAD-Konfigurator von Numatics oder ein Produktkonfigurator von Festo führen schnell zu plausiblen Ergebnissen.

Abgesehen von den computergenerierten Empfehlungen ist es natürlich auch eine Preisfrage, welche Führung zum Einsatz kommt. Daher sind die verdrehgesicherten Zylinder selbst angesichts der Vorteile von Führungszylindern nicht am Aussterben. Verdrehgesicherte Zylinder können zwar keine hohen Momente aufnehmen, sind für einfache Anwendungen aber auf jeden Fall die preiswertere Alternative. Im Laufe der Jahre hat sich auch hier eine große Artenvielfalt entwickelt. Abgesehen von den außen angebrachten Verdrehsicherungen ist die Doppelkolbenstange fast schon der Klassiker. Auch über flache oder quadratische Kolbenstangen wird Verdrehsicherheit erreicht, wobei andererseits ein runder Kolben am einfachsten abzudichten ist. Der ovale Festo-Kolben hat sich hier als Kompromiss bewährt. Zusammen mit dem Dichtungshersteller Freudenberg hat Bosch Rexroth einen neuen Lösungsansatz entwickelt, den sogenannten Octagon-Zylinder: außen recht- eckig und innen mit achteckigem Profil. Dazu sagt Heiko Merz: „Bei Anforderungen mit minimalem Bauraum ist man mit dieser Verdrehsicherung, die die Außenmaße eines Normzylinders hat, perfekt unterwegs.“

Software behält auch bei Führungszylindern den Überblick

Zur Montage-Messe Motek präsentieren einige Hersteller neue Produkte für Linearbewegungen:

Weitere Neuheiten sowie Messe-Infos zur Motek im Special Montage/Handhabung (ab Seite 40)