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Motorenwerk fertigt spanend mit nur einem Öl

Mineralöl als Kühlschmierstoff in der Praxis bewährt
Motorenwerk fertigt spanend mit nur einem Öl

Mehr als 1600 Automotoren fertigt Daimler-Chrysler pro Tag in Bad Cannstatt. Diese Rate lässt sich nur realisieren, wenn die Betriebsmittel zuverlässig funktionieren. So hält Mineralöl als Kühlschmierstoff die Produktionsmaschinen voll verfügbar.

Dipl.-Ing. Anneliese Kull und Dipl.-Ing. Gerd Trommer sind Journalisten in Gernsheim

Konsequent hat die Daimler-Chrysler AG, Stuttgart, die Fertigung der V6- und V8-Antriebsaggregate für sämtliche Personenfahrzeuge der Mercedes-Familie auf Mineralöl als Kühlschmierstoff (KSS) ausgerichtet. Seit der Inbetriebnahme vor drei Jahren ist im Motorenwerk in Bad Cannstatt dasselbe Öl im Einsatz – das Multifunktionsöl Ecocut HFN 10 LE der Fuchs Dea Schmierstoffe GmbH & Co. KG, Mannheim. Es war noch kein Austausch nötig. Lediglich Verluste durch den Austrag über geschleuderte Späne, das Waschwasser oder die Abluft müssen ersetzt werden.
Die Fertigung der V-Motoren mit Mineralöl ist aus Sicht des Fertigungsleiters Thomas Hornikel ein Erfolg, denn „wir arbeiten permanent an der Kapazitätsgrenze und unterstellen Verfügbarkeiten, die es sonst weltweit nirgends gibt.“ Er weiß, dass Öl zwar nur ein Faktor für das Gelingen ist, aber dass es mit Emulsionen Störungen und Ausfälle gegeben hätte. Auch die Investitionen wären deutlich höher gewesen.
Die Bad Cannstatter nutzen Ecocut HF 10 LE für alle Prozesse der spanenden Bearbeitung. Dazu gehören einfache Zerspanoperationen – Grob- und Feinzerspanen – wie auch schwierige Operationen, etwa Tiefbohren, Gewindeschneiden, Reiben und Honen. Unter Serienbedingungen erfolgt das Schleifen auf CNC-gesteuerten Hublager-Schleifmaschinen im Pendelhubverfahren, das Stechen der Ventilsitze oder das erstmals eingesetzte Cracken von Stahlpleueln. Selbst ein patentiertes Herstellverfahren für sprühkompaktierte, in die Kurbelgehäuse eingegossene Laufbuchsen funktioniert mit Öl. Bearbeitet werden Stahl, Guss, Aluminium und selbst neue Werkstoffe, etwa mit erhöhtem Siliziumanteil für Zylinderlaufbahnen.
Sofern zwischen verschiedenen Bearbeitungsgängen ein Reinigungsschritt anfällt, dient das Öl gleichzeitig als Reinigungsmedium. Nur die Anlage zur Endreinigung wird wässrig betrieben. Die Filtertechnik der KSS-Zentralanlagen muss daher lediglich auf die verarbeiteten Werkstoffe sowie den Verschmutzungsgrad des Öls abgestimmt werden. Diese Maßnahmen erhöhen zusätzlich die generell langen Standzeiten für Mineralöl als KSS – Emulsionen müssen dagegen häufig ausgetauscht werden.
Ideal wäre es, den KSS ebenfalls als Hydrauliköl einzusetzen. Das scheitert an der erforderlichen niedrigen Viskosität des Bearbeitungsöls von 10 mm²/s bei 40 °C. Leckagen aus dem Hydrauliköl mit einer Viskosität von 46 mm²/s erhöhen zwar die Viskosität des Bearbeitungsöls, das kann jedoch bis zu einem Grenzwert von 13,5 mm²/s toleriert werden. Denn erst ab 15 mm²/s bei 40 °C sind negative Auswirkungen auf die Filteranlagen möglich. Um den KSS nicht zu beeinflussen, enthält das Hydrauliköl allerdings keine Antinebelzusätze.
Obwohl Mineralöl pro Einheit teurer ist als Emulsion, weisen alle Faktoren positiv in Richtung Öl. Auf der stofflichen Seite zählen dazu die hohen Standzeiten und geringfügigen Verluste des KSS. Zudem wirkt sich Öl kostensenkend aus, indem es die Werkzeugstandzeiten erhöht, die Produktionsmaschinen weniger korrosionsanfällig macht und ihre Verfügbarkeit entscheidend heraufsetzt. Anders als bei Emulsionen, führt Öl nicht zu verharzten und verklebten Maschinenelementen. Mit Öl als Kühlschmierstoff laufen die Maschinen problemlos an, auch wenn sie am Wochenende stillgestanden haben.
Allerdings müssen Konstrukteure Produktionsmaschinen für Öl anders konzipieren. Anstatt die Maschinen später zu verkleiden oder Leckagen mit Dichtmitteln zu tarnen, sollten sie von vornherein öldicht gebaut sein. Dazu gehört, Dichtelemente, wie Abstreifringe und Labyrinthe, richtig zu platzieren. Damit Öl nicht auf den Boden tropft, müssen unvermeidliche Übergabeprozesse von einer Maschine zur anderen ganzheitlich organisiert werden. Sollte trotzdem Öl auf den Boden tropfen, so trocknet es nicht wie Emulsion ab. Schon wegen der Unfallgefahr muss deshalb Leckagen direkt nachgegangen werden.
Die Kombination aus emissionsarmem Öl, gekapselten Maschinen und zentraler Absaugung schützt die Fertigung sicher davor, mit dem MAK-Wert für KSS-Nebel und -Dampf in Konflikt zu kommen. Der am Arbeitsplatz gemessene Wert von 10 mg/m³ unterschreitet den Grenzwert deutlich.
Als günstig für die Mitarbeiter hat sich auch ein anderer gesundheitlicher Aspekt herausgestellt: Öl löst kaum allergische Reaktionen aus. Das hat in Bad Cannstatt dazu geführt, dass Mitarbeiter in der Fertigung tätig sind, die aus Allergiegründen nicht mehr an Maschinen mit KSS-Emulsionen arbeiten können.
Die unerwünschte Eigenschaft von Mineralöl, bei Mischung mit Luft zur Explosion zu neigen, hat sich in der Praxis als weniger kritisch erwiesen. Aus stofflicher Sicht senken zunächst ein hoher Flammpunkt und niedrige Emissionen des eingesetzten Öls die Brand- und Explosionsgefahr. Zudem trägt die konstruktive Auslegung der Anlage erheblich zur Sicherheit bei. Es hat sich bewährt, Bearbeitungsräume möglichst klein zu gestalten und nicht bearbeitungsrelevante Maschinenelemente in ungefährdete Zonen zu verlagern. Seit der Inbetriebnahme des Werkes ist noch kein Brand aufgetreten, den maschinenseitig vorgesehene Brandschutzmaßnahmen nicht sofort entdeckt und mit CO2 gelöscht hätten.
Das Multifunktionsöl: Kenndaten des Ecocut HFN 10 LE
Eigenschaften
Dichte bei 15 °C 854 kg/m³
Farbzahl 1,0
Viskosität bei 20 °C 20 mm²/s
Viskosität bei 40 °C 10 mm²/s
Flammpunkt COC 160 °C
Ölnebelindex 2
Korrosionswirkung auf Kupfer/3 h 20 °C Korr.grad. 1a
Korrosionswirkung auf Kupfer/24 h 100 °C Korr.grad. 1b
Anwendung
Das Multifunktionsöl Ecocut HFN 10 LE ist sowohl für einzeln befüllte Maschinen als auch für die von Zentralanlagen versorgten geeignet. Zum Reinigen werden übliche Bandfiltrationssysteme empfohlen.
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