Dreistellige Millionenumsätze verzeichnet die Schweiz mittlerweile in der Mikro- und Nanotechnologie. Als herausragendes Forschungsergebnis gilt die „Nose“, die feinste Gerüche identifizieren kann.
Richard E. Schneider ist freier Fachjournalist in Tübingen
Das Schweizer Kooperationsmodell Mikro- und Nanostrukturen (Minast) war nach Auffassung des Basler Physik-Professors Hans-Joachim Güntherodt ein „voller Erfolg“ für Unternehmen und Hochschulen. Der früher verpasste Anschluss in der Mikroelektronik sei jetzt gelungen, sagt der Minast-Programmdirektor. Die Bilanz nach sechs Jahren Projektarbeit: 52 Patente und Patentanmeldungen, zwei offizielle Marken-Registrierungen und 32 marktreife Produkte im Mikro- und Nano-Bereich. Der Umsatz mit Minast-Produkten erreicht inzwischen dreistellige Millionen-Beträge. Sieben Start-up-Unternehmen haben den Betrieb aufgenommen.
Das Projekt setzte von Anfang an auf eine starke Industriebeteiligung. Die 80 beteiligten Firmen mussten sich verpflichten, mehr als 50 % der Kosten zu tragen. Der Schweizer Bund hat umgerechnet rund 75 Mio. DM beigesteuert, während die Industrie knapp unter 100 Mio. DM investierte. Das Programm „Top Nano 21“ setzt das Projekt jetzt fort.
Die Trends in der Mikro- und Nanotechnik gehen hin zu Systemlösungen, wobei die Sensorik auch für die Schweizer Firmen im Mittelpunkt steht. Der Automobilbau zum Beispiel verwendet mikrotechnische Sensoren in Airbags, zur Druckmessung in der Motorenüberwachung oder zum aktiven Unterdrücken von Vibrationen und Schwingungen.
Als Vorzeigeprojekt aus der Nanotechnologie gilt den Schweizern die „Nose“, die vom IBM-Forschungslabor Rüschlikon in Zusammenarbeit mit der Universität Basel weiterentwickelt wird und in einer speziellen Ausprägung feinste Gerüche wahrnehmen kann (Nose = Nanomechanical Olfactory Sensors). Hier handelt es sich um so genannte Cantilever-Arrays, die etwa 500 µm lang, 100 µm breit und 1 µm dick sind. Sie werden auf der einen Seite mit 30 nm Gold beschichtet. Auf der anderen Seite sprühen die Nose-Wissenschaftler eine 5 µm dicke, homogene Schicht von Polymeren auf. Geraten darauf gasförmige Medien oder „Gerüche“, werden sie von der einseitigen Polymerschicht aufgesaugt. Die dadurch entstehenden intermolekularen Spannungen verbiegen den Cantilever in charakteristischer Weise. Diese im Nanometer-Bereich auftretende Verbiegung wird gemessen und aufgezeichnet. Dr. Christoph Gerber vom IBM-Forschungszentrum erklärt das Prinzip so: „Wir konvertieren biologische und chemische Prozesse oder Reaktionen in nanomechanische Bewegungen.“ Neben Alkohol wurden auch Gerüche von Backaromen wie Kirsche, Orange oder Vanille getestet. Die Nose erkannte sie alle. Einsatzmöglichkeiten sind in der Qualitätskontrolle und Prozessüberwachung zu erwarten.
Teilen: