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Neuartige IHU-Presse besteht den Elchtest

Schwedischer Anlagenbauer bietet alles aus einer Hand
Neuartige IHU-Presse besteht den Elchtest

Mit einer besonders stabilen und vibrationsarmen Innenhochdruck-Umformanlage will der schwedische Pressenbauer AP&T seinen Marktanteil vergrößern. Ebenfalls neu: Ein Forschungs- und Entwicklungszentrum, das den Kunden moderne Pressentechnik zu Testzwecken zugänglich macht.

Von unserem Redaktionsmitglied Dr. Bernhard Reichenbach

Schweden – Land der Wälder und Seen, Heimat von Elchen und Trollen, Nation, die die Welt mit Knäckebrot, kantigen Automobilen und selbstmontierbaren Billigmöbeln mit skurrilen Namen beglückt(e). Doch nicht nur damit: Die Skandinavier exportieren auch – bislang noch wenig wahrgenommen – innovative Pressentechnik.
Lieferant dieser Technik ist die AP&T Automation, Presses & Tooling AB im südschwedischen Tranemo. Das Unternehmen entwickelt, produziert und vertreibt mit 440 Mitarbeitern Fertigungs-systeme für die rohr- und blechverarbeitende Industrie – von der Einzelpresse bis zur kompletten Linie. Der Firmenname ist Programm und gibt Auskunft über die drei Hauptsegmente der Produktpalette:
– hydraulische Pressen zum Stanzen, Tiefziehen, Prägen und hydromechanischen Umformen mit Nennkräften zwischen 1000 und 100 000 kN und Tischgrößen bis zu 5000 mm x 3000 mm,
– Automatisierungsausrüstung wie Werk-stückzufuhr, Pressenroboter und Transferzufuhr für Teilege- wichte bis zu 200 kg sowie Zufuhrlinien für Blechband mit Breiten bis maximal 1600 mm,
– Werkzeuge für die Rohr- und Blechbearbeitung, vom Ziehen und Stanzen bis zum Innenhochdruckumformen.
Maschinen sollen etwa alle zwei Jahre ausgemustert werden
„Das breite Angebotsspektrum ist eine unserer Stärken“, meint Bo Ingman, Geschäftsführer der in Reichenbach/Fils ansässigen AP&T Vertriebs-GmbH. „Durch die Kombination von Maschine, Peripherie und Werkzeug können wir aus einer Hand Komplett-Systeme für unterschiedliche Industriezweige liefern.“ Eingesetzt werden die Anlagen beispielsweise zum Herstellen von Fahrzeugen, Haushaltsgeräten, Belüftungsausrüstung, Feuerlöschern, Filtern, Wärmetauscherplatten und dergleichen.
AP&T fertigt an drei Standorten in Schweden und einem in Italien. Der weltweite Verkauf wird über hundertprozentige Tochterunternehmen in Dänemark, Deutschland, Großbritannien, Italien und den USA abgewickelt. Darüber hinaus repräsentieren Handelsvertreter das 1962 als Werkzeugbaubetrieb gegründete Unternehmen auf zahlreichen anderen Märkten. Im vergangenen Jahr erzielten die Schweden einen Umsatz von etwa 130 Mio. DM – davon rund 75 % im Ausland. In diesem Jahr soll der Verkaufserlös auf etwa 140 bis 150 Mio. DM steigen. „Hierzu trägt Deutschland voraussichtlich rund zehn Prozent bei“, schätzt Bo Ingman und formuliert gleichzeitig ein ehrgeiziges Ziel: „Mittelfristig wollen wir unseren Umsatz hier auf 50 Millionen Mark steigern.“
Ein probates Mittel, um dieses Ziel zu erreichen, ist die neuartige modular konzipierte Innenhochdruck-Umformpresse HF 100 000, die im Januar diesen Jahres fertiggestellt wurde. Bo Ingman ist von deren Leistungsfähigkeit überzeugt: „Anders als die Systeme des Wettbewerbs, ist es keine konventionelle Presse, die lediglich an das Innenhochdruckumformen angepasst wurde. Sie wurde vielmehr speziell für das IHU-Verfahren entwickelt.“
Die Presse besteht aus drei Modulen und vereint drei Pressen in einer. Die Module mit einer Nennkraft von jeweils 33 500 kN und einer Tischgröße von 1600 mm x 1600 mm können zu einer 100 000-kN-Presse mit einer Tischgröße von 4950 mm x 1600 mm (L x B) verbunden werden. Der maximale Umformdruck beträgt 3000 bar. Trotz ihrer hohen Nennkraft nimmt die Presse verhältnismäßig wenig Raum ein. Der Höhenbedarf liegt bei 6,30 m, und mit rund 600 t ist ihr Gewicht ebenfalls relativ niedrig. „Eine auf konventionelle Weise konstruierte, vergleichbare Presse kann bis zum Doppelten wiegen“, merkt Bo Ingman an.
Durch das Baukastensystem sind die Anwendungsmöglichkeiten der Presse sehr vielseitig. Alle Module lassen sich separat oder kombiniert einsetzen. Mit den Einzelpressen kann der Kunde kürzere Werkstücke fertigen oder Werkzeuge testen. Auch können zwei verschiedene Schichten nebeneinander an derselben Presse arbeiten. „Sollen längere Teile gefertigt werden, lassen sich die drei Module ohne großen Aufwand zusammenschalten“, erklärt Bo Ingman.
Die Neuentwicklung soll hohe Stabilität mit geringer Vibration verbinden. Ursache hierfür: Jedes Modul ruht auf vier Säulen und somit das Gesamtsystem auf zwölf. Darüber hinaus ist jede Presse mit zwei Zugstangen pro Säule vorgespannt. Jedes Gestell wird individuell belastet, was zu einer gleichmäßigeren Kraftverteilung führt. „Da die Module einzeln stabilisiert werden“, so Bo Ingman, „vermindern sich die Vibrationen in der Mitte der Anlage erheblich.“ Ein weiterer Vorteil des Systems: Die kurzhubige Ausführung und die Ausstattung mit einem Vorformstößel mit Prismenführung erlauben ein Vorformen während der Schließphase des Werkzeugs.
Die Presse wurde kürzlich im Rahmen der Einweihung eines neuen Forschungs- und Entwicklungzentrums für Unternehmenskunden erstmals einem größeren Publikum vorgestellt. An der Einrichtung, die sich im südschwedischen Lagan befindet, sind drei Mitarbeiter ganztägig beschäftigt. Ihr Hauptzweck: Sie soll Kunden aus der blech- und rohrumformenden Industrie Gelegenheit geben, hier ihre Produktentwicklung von der Idee bis zur Fertigung zu realisieren. „Durch die frühzeitige Einbindung in die Produktentwicklung unserer Kunden können wir unsere Kompetenz und unser Know-how auf dem Gebiet des Blech- und Rohrumformens in den Produktionsprozess einbringen“, erläutert Bo Ingman.
Positiv auch: Unternehmen können neue technologische Entwicklungen testen, ohne ihre laufende Produktion unterbrechen zu müssen. Ein Beispiel ist das Innenhochdruckumformen. Viele Firmen stehen vor der Entscheidung, ob oder wann sie dieses Verfahren, das unter anderem in der Automobilindustrie stetig an Bedeutung gewinnt, einsetzen sollen.
Die Ausstattung des 600 m² großen F&E-Zentrums kann sich sehen lassen: Außer der IHU-Presse HF 100 000 sind folgende Systeme installiert:
– eine Tiefziehpresse des Typs LPS-2500-13/10 mit einer maximalen Nennkraft von 2500 kN und einer Tischgröße von 1300 mm x 1000 mm,
– eine für Blechronden bis zu 250 mm Durchmesser ausgelegte hydromechanische Umformeinheit des Typs HMU-250, die mit einem manuell verstellbaren Umformdruck von bis zu 800 bar arbeitet,
– eine für Ronden bis maximal 400 mm Durchmesser konzipierte hydromechanische Umformeinheit des Typs HMU-400-SE, die über einen programmierbaren Umformdruck von bis zu 800 bar verfügt.
Um den Kunden stets modernste Technik präsentieren zu können, sollen die Maschinen etwa alle zwei Jahre ausgetauscht werden.
Innenhochdruckumformen (IHU)
Gewichts- und Kostenvergleich
Pkw-Chassisbauteil – konventionelle Umformung – Innenhochdruckumformen
Anzahl der verwendeten Teile – 8 – 1
Anzahl der Prozessschritte – 32 – 3
Materialkosten (in DM) – 97 – 61
Materialverwertung (in %) – 50 – 95
Bauteilgewicht (in %) – 100 – 85
Bauteilkosten (in DM/Stück) – 194 – 95
Reduzierte Kosten und Gewichtseinsparungen sind die wichtigsten Argumente, um den Einsatz des Innenhochdruckumformens in der Produktion zu rechtfertigen (Quelle: AP&T)
Vorteile des Verfahrens
Beim Innenhochdruckumformen wird ein Werkstück aus ebenem, rohr- oder profilförmigem Blech mit Hilfe eines flüssigen Mediums unter hohem Druck gegen ein Werkzeug gepresst und somit zu einem fertigen Bauteil umgeformt. Mit dem Verfahren können komplexe Teile mit weniger Arbeitsschritten, höherer Präzision und niedrigeren Kosten produziert werden als mit herkömmlichen Methoden. Weitere Vorteile sind hohe Wiederholgenauigkeit sowie Torsions- und Biegefestigkeit, niedriger Materialverbrauch und geringes Bauteilgewicht.
Industrieanzeiger
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