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Neue Technik verbessert Recycling

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Neue Technik verbessert Recycling

Neue Technik verbessert Recycling
Die Sortiermaschine mit Fließband, das den kleingeschredderten Plastikmüll transportiert. Bild: Fraunhofer IOSB
Kunststoffe | Schwarze Kunststoffe, wie man sie von Armaturenbrettern kennt, lassen sich mit optischen Verfahren nur schwer gemäß des Kunststofftyps sortieren. Eine neue Technik von Fraunhofer-Forschern kann nun schwarze Kunststoffe sortenrein trennen – zu erschwinglichen Preisen.

Nach einem Einkauf im Supermarkt quillt der Mülleimer über vor Plastikabfällen: Saft, Fleisch, Obst und andere Lebensmittel sind in Kunststoff verpackt. Die Mengen sind enorm – allein in Deutschland fallen pro Jahr etwa 5,7 Mio. t dieses Mülls an. Zwar sammelt der Großteil der Bürger die Verpackungen gewissenhaft in gelben Tonnen. Doch nur etwa 42 % dieser Abfälle ist ein zweites Leben als Windel, Fleece-Pullover, Stofftier und Co. vergönnt. Der Rest wird energetisch verwertet, er landet in Müllverbrennungsanlagen. Dies betrifft vor allem schwarze Kunststoffe, die bislang sortenrein mit optischen Verfahren schwer zu trennen sind. Bisherige Sortiersysteme arbeiten nämlich im Nahinfrarot-Bereich, der es generell ermöglicht, Plastik zu klassifizieren. Was bei den meisten Kunststoffen auch gut funktioniert, läuft bei schwarzen Ausführungen allerdings ins Leere: Der Ruß, der dem Plastik seine dunkle Farbe verleiht, absorbiert einen Großteil des Signals. Das optische System kann daher diese Werkstoffe nicht sehen. Dabei wird es immer wichtiger, auch die dunklen Kunststoffe wiederzuverwerten: Sollen die vereinbarten EU-Grenzwerte beim Recycling von Autos eingehalten werden, führt an der Wiederverwertung schwarzer Kunststoffe kein Weg vorbei.

Serientaugliches System trennt auch schwarze Kunststoffe
Forscher der Fraunhofer-Institute für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR in Wachtberg, für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB in Karlsruhe und für Intelligente Analyse- und Informationssysteme IAIS in Sankt Augustin bieten nun eine Lösung für das Problem. „Wir haben erstmals ein bezahlbares Sortiersystem entwickelt, das sowohl schwarze als auch alle anderen farbigen Kunststoffe erkennt – in Echtzeit und in großen Mengen: blackValue“, bestätigt Professor Thomas Längle, Abteilungsleiter am IOSB.
Das Herzstück des Systems ist die Radarkamera. Die Funktionsweise: Der kleingeschredderte Plastikmüll läuft über ein Fließband, an dessen Ende die Kunststoff-Flakes mit einer Geschwindigkeit von zwei bis drei Metern pro Sekunde in weitem Bogen herunterfallen. Durch diesen Strom fallender Flocken schickt die Radarkamera Terahertz-Strahlung, die zwischen Infrarotstrahlung und Mikrowellen liegt. Auf der anderen Seite des Strahls analysiert das System, auf welche Weise die einzelnen Stückchen die Strahlung verändert haben – und analysiert aufgrund der erhaltenen Spektren, um welchen Kunststoff es sich handelt. Binnen 35 ms fällt die Entscheidung, ob das Teil über einen gezielten Luftstoß aus dem Kunststoffstrom hinauskatapultiert wird oder darin verbleiben darf. Eine Farbkamera liefert zusätzliche Informationen über die Form des Objekts, um die Ausblasdüsen zur richtigen Zeit zu öffnen.
98 bis 99 Prozent sortenrein sortiert – bei erschwinglichem Preis
„Je höher die Frequenz, mit der solche Kameras arbeiten, desto genauer messen sie – allerdings steigt mit der Genauigkeit auch ihr Preis“, beschreibt Dirk Nüßler, Geschäftsfeldsprecher Produktion am FHR, die Herausforderung. „Radar oder Terahertz- Zeilenkameras, die beispielsweise bei einer Bandgeschwindigkeit von drei Metern pro Sekunde messen sollen, können schnell bis zu eine Millionen Euro kosten. Das ist unerschwinglich für Recyclinghöfe. Wir haben daher einen Kompromiss zwischen Genauigkeit und Erschwinglichkeit gesucht.“ Ausgeklügelte Algorithmen des IAIS helfen dabei, diesen Spagat zu meistern; sie erkennen auch kleinste Unterschiede in den Spektren. Und da sie selbstlernend sind, arbeiten sie im Laufe der Zeit immer präziser. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Die Kamera, die bei 90 Gigahertz funktioniert, schafft die geforderte Sortenreinheit von 98 bis 99 Prozent und ist mit einem Preis in der Größenordnung einer Hyperspektralkamera vergleichsweise ein Schnäppchen.
Die Anwendungen der Terahertz-Kamera beschränken sich keineswegs aufs Recycling. „Unsere Entwicklung ist eine Schlüsseltechnologie, die sich für zahlreiche Anwendungen anbietet – sei es fürs Stahlwalzen oder die Lebensmittelherstellung.“ Um die Kamera an unterschiedliche Anforderungen anpassen zu können, haben die Forscher sie modular aufgebaut. So lassen sich beispielsweise verschiedene Frequenzerweiterungen ähnlich wie Objektive aufstecken: Momentan sind Erweiterungen für 120 und 240 Gigahertz in Arbeit. Anfang 2017 soll die Kamera Recyclinghöfen zur Verfügung stehen und Ende 2017 auf den Markt kommen. (bö)
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