Der internationale Wettbewerb im Werkzeug- und Formenbau ist hart. Hubert Waltl, Leiter der Sparte Werkzeugbau bei der Audi AG in Ingolstadt, erläutert, wie deutsche Betriebe trotzdem erfolgreich sein können.
Das Gespräch führte unser Redaktionsmitglied Haider Willrett haider.willrett@konradin.de
Herr Waltl, wie steht´s um den Werkzeug- und Formenbau in Deutschland? Ist er noch eine Vorzeigebranche?
Auf jeden Fall. Ich halte den deutschen Werkzeug- und Formenbau nach wie vor für den Marktführer in Sachen Durchlaufzeit und Qualität. Andererseits muss man aber auch sagen, dass es vielen Betrieben nicht gut geht. Weltweite Überkapazitäten haben in den letzten Jahren zu einem Preisverfall von bis zu 50 Prozent geführt. Zudem sind die Kosten, etwa für Rohstoffe, zum Teil drastisch gestiegen.
Wird sich diese Entwicklung fortsetzen?
Das kann so nicht weitergehen. Ich glaube allerdings auch nicht, dass sich die Preise wesentlich erholen werden. Vielmehr gehe ich davon aus, dass sie sich etwa auf dem derzeitigen Niveau einpendeln. Und wir als Anbieter müssen unsere Prozesse so gestalten, dass wir damit klarkommen.
Wie ist das zu schaffen?
Nicht das Investitionsvolumen in Maschinen und Anlagen gibt den Ausschlag zum Erfolg, sondern die Organisation, das optimale Prozess-, Methoden- und Personalmanagement. Überhaupt sind unsere Mitarbeiter unser größtes Kapital. Wie clever sie ihre Werkzeuge – von der Kalkulation über die Konstruktion, die Fertigung bis hin zum Qualitätsprozess – einsetzen, entscheidet darüber, ob wir im internationalen Wettbewerb bestehen können. Wir bei Audi investieren viel in unsere Mitarbeiter, damit sie für die kommenden Aufgaben gerüstet sind. Gute Mitarbeiter in schwierigen Zeiten zu entlassen, das würde sich rächen.
Wo stehen die deutschen Betriebe im internationalen Vergleich?
Natürlich haben wir die ausgiebig diskutierten Probleme – Steuern, Abschreibungen, Löhne, Arbeitszeiten … Da muss sich etwas tun. Trotzdem: Die Produktivität ist bei uns mit Abstand am höchsten. Wir leben in einem globalen Markt, und das wird sich auch nicht mehr ändern. Ich sehe das als Herausforderung. Jeder muss schauen, wo er gut ist, wo er Verbesserungspotenzial hat und was er besser zukauft. Wir müssen uns permanent weiterentwickeln, unsere Märkte genau beobachten, ihren Bedarf analysieren und auf Veränderungen schnell reagieren. Das ist Unternehmertum. Betriebe, die heute in Schwierigkeiten stecken, haben ihre Prozesse nicht rechtzeitig an Entwicklungen angepasst, die abzusehen waren.
Also wird der Standort Deutschland für den Werkzeug- und Formenbau interessant bleiben?
Er muss es sogar. Wenn wir nicht mehr in der Lage sind, Werkzeuge zu bauen, dann werden wir bald auch unsere Entwicklungskompetenz verlieren. Nur wer weiß, wie ein Produkt wirtschaftlich herzustellen ist, kann es auch fertigungsgerecht entwickeln. Wir brauchen die Kompetenz für die gesamte Prozesskette. Außerdem haben wir hier entscheidende Standortvorteile: Wir sprechen die Sprache unserer Kunden, verstehen ihre Mentalität, wir haben langjährige Geschäftsbeziehungen, sind technologisch auf höchstem Niveau, und wir sind vor Ort. Wenn ein chinesischer Wettbewerber ein Werkzeug schneller liefert als ich, dann habe ich etwas falsch gemacht.
In welchen Bereichen sehen Sie für die deutsche Branche gute Zukunftschancen?
Im Bereich hochwertiger, komplexer Werkzeuge, etwa für Außenhautteile mit höchster Anmutungsqualität, sehe ich gute Chancen für die heimischen Betriebe. Hochpräzise Mehrkomponenten-Spritzgießwerkzeuge, Mikroformen oder Werkzeuge für Strukturbauteile aus hochfesten Werkstoffen sind weitere Beispiele dafür. Bei den einfachen Tools können wir mit den Billiganbietern preislich nicht mehr mithalten.
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