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Nicht einmal Blitzeinschlag stoppt die Druckluft

Druckluft für die Chipfabrik: Höchste Verfügbarkeit gefordert
Nicht einmal Blitzeinschlag stoppt die Druckluft

Für die Chipfertigung ließ sich die Siltronic AG in Freiberg eine Druckluftversorgung aufbauen, die sogar gegen Druckabfälle im Sekundenbereich gefeit ist: Versorgungssicherheit hat oberste Priorität bei dieser Station.

Norbert Barlmeyer ist Fachjournalist in Bielefeld

Die Siltronic AG, München, fertigt am Standort Freiberg so genannte Wafer, hauchdünne Scheiben aus Reinstsilizium. Sie bilden die Grundlage der Mikroelektronik für Computer, Mobiltelefone, Airbags, Flugzeugsteuerungen und vieles mehr. Siltronic ist ein Partner nahezu aller führenden Chiphersteller. Im Juni 2004 wurde ein neuer Werksbereich für die Herstellung von Wafer-Scheiben mit 300 mm Durchmesser in Betrieb genommen – und mit ihr eine maßgeschneiderte Druckluft-Station der Superlative, die eine kaum mehr zu überbietende Versorgungssicherheit bietet.
„Wir benötigen die Druckluft unter anderem zum Reinigen der Wafer, für Lagerungen an hochdrehenden Maschinen, in Reinräumen, als Steuerluft und als Hilfsenergie für Automatisierungsprozesse. Wir stellen allerhöchste Ansprüche an sie“, betont Facility-Manager Uwe Großmann. Die Druckluft muss folgende Kriterien erfüllen:
  • Sie darf maximal drei Feststoffpartikel/m³ enthalten mit einer Partikelgröße von höchstens 0,3 µm.
  • Sie muss absolut ölfrei und absolut trocken sein (Drucktaupunkt –40 °C) sowie
  • ununterbrochen mit 7 bar Druck verfügbar sein.
Bei der Planung der Druckluft-Station konnte Siltronic auf den seit 1992 im Freiberger Stammwerk gemachten Erfahrungen aufbauen. „Mit D & A Energietechnik als Generalunternehmer und Compair als Kompressorenhersteller sind wir so gut gefahren, dass wir diese Zusammenarbeit fortsetzen wollten“, betont Großmann. Die neue Station besteht in der ersten Ausbaustufe aus drei zweistufigen, ölfrei verdichtenden Schraubenkompressoren der Compair Drucklufttechnik GmbH, Simmern. Die Maschinen des Typs D 250 RS haben eine Nennleistung von 300 kW und eine maximale Leistungsaufnahme von 282 kW. Die D & A Energietechnik GmbH, Riesa, baute die ursprünglich nicht drehzahlgeregelten Anlagen in Zusammenarbeit mit Compair zu drehzahlgeregelten Anlagen aus. Alle drei verfügen nun über integrierte Siemens-Steuerungen S7-300, die alle wichtigen Parameter überwachen und über ein Profibus-DP-Bussystem mit der übergeordneten Steuerung verbunden sind.
Alle drei Verdichter lassen sich über Frequenzumrichter feinfühlig und ohne Leerlaufzeiten an den schwankenden Bedarf im Leistungsbereich von jeweils 958 bis 2179 m³/h anpassen. Später soll die Druckluft-Station auf fünf Anlagen erweitert werden. Alle übrigen Komponenten sind bereits für die Endausbaustufe ausgelegt.
Ihre Frequenz-Sollwerte erhalten die Umrichter von der übergeordneten Steuerung. Zunächst startet ein Verdichter. Bei einem Bedarf von über 2179 m³/h wird die zweite Anlage aktiviert. Dann laufen beide Anlagen drehzahlparallel mit gleicher Liefermenge, während die dritte als Reserve vorgehalten bleibt. Ein automatischer Grundlastwechsel sorgt für die gleichmäßige Auslastung der Maschinen. Im Normalfall fährt die Station mit einem engen Druckband nahe 8,5 bar, um Druckverluste im Netz auszugleichen. D & A Energietechnik hat die Gesamtstation bis auf den Kühlwasserbereich geplant und installiert und führt nun auch den Service durch.
Um die feuchtigkeitsgesättigte Druckluft zu trocknen, wurden zwei warmregenerierte Adsorptionstrockner mit extern erhitzter Ventilatorluft installiert (Drucktaupunkt –40 °C). Jedes dieser Geräte könnte die gesamte Luftmenge aus fünf Kompressoren der Endausbaustufe trocknen. Ein Trockner ist aktiv, während der andere im Stand-by-Betrieb vorgehalten wird. Je ein Vor- und ein Nachfilter holen Staub, Schmutz und Trockenmittelabrieb aus der Druckluft heraus. Taupunkt-Messgeräte hinter den Trocknern und vor den Verbrauchern überwachen den Prozess.
Der neue Werksabschnitt in Freiberg wird über ein Allgemeinluft-Netz (Höchstdruck 8,3 bar) und Steuerluft-Netz (Höchstdruck 7 bar) getrennt versorgt. Vor den Folgen unerwarteter Stromausfälle schützt ihn ein akribisch durchdachtes Konzept: Für eine höchstmögliche Versorgungssicherheit wird die getrocknete Druckluft zunächst in einem 10 m³ großen Behälter mit 8,3 bar gespeichert. Zwei weitere 10-m³-Behälter bevorraten Luft mit 16 bar Druck, die von einem ölfreien Kolbenkompressor nachverdichtet wurde. Diese Reservemenge kann Stromunterbrechungen von maximal 2 s überbrücken, wenn beispielsweise Blitzschlag oder externe Schaltvorgänge die Kompressoren lahmlegen. In dieser „Stromlücke“ speisen die zwei 16-bar-Behälter Druck-reduziert in das Produktionsluft-Netz ein (Höchstdruck 7 bar beim Verbraucher). Mit dem Wiedereinsetzen der Stromversorgung startet der Reserve-Kompressor, da sich die abgeschalteten Kompressoren noch in der 7 s dauernden Auslaufphase befinden. Anschließend läuft der über die Grundlast-Wechselschaltung aktivierte Grundlastverdichter wieder hoch, und die als „Notkompressor“ gestartete Reserve-Anlage wechselt wieder in den Stand-by-Zustand.
Dauert der Stromausfall länger als 2 s, erhält der Master-Kompressor ein Notstrom-Signal. Der Druckluft-Eintritt in das Allgemeinluft-Netz wird geschlossen. Zusätzlich werden auch die zwei Kältetrockner abgeschaltet, da sie die Druckluft ohne Regeneration noch bis zu 36 h lang trocknen können. Die Druckluftmenge von 1400 m³, die für das ordnungsgemäße Abfahren der wichtigsten Produktionsvorgänge erforderlich ist, wird aus den zwei 16-bar-Behältern entnommen und mit einem auf 7 bar reduzierten Druck ausschließlich in das Produktionsluft-Netz eingespeist.
Nach 30 s liefert ein inzwischen aktiviertes Notstromaggregat wieder Strom – allerdings nur für einen Verdichter, der dann mit reduzierter Liefermenge das planmäßige Abfahren im 7-bar-Bereich sicherstellt. Sobald das EVU wieder Strom liefert, schaltet die Station auf Normalbetrieb um.
Außer dem kleinen Nachverdichter verfügt jeder Compair-Verdichter und jeder Trockner über eine Einzelsteuerung mit Anzeige- und Bedientableau. Alle Komponenten schicken ihre Meldungen zunächst an die übergeordnete Steuerung in der Station. Diese – ebenfalls redundant vorhandene – Managementzentrale berichtet an die zentrale Leittechnik. Bei Ausfall der übergeordneten Systeme fahren die Verdichter automatisch autark über ihre eigenen Druckaufnehmer.
„Für unsere neue Ausbaustufe haben wir genaue Spezifizierungen, Druckluftmengen und Parameter vorgegeben“, berichtet Uwe Großmann. „Wegen der extrem schwankenden Abnahmemengen hielten wir das von D & A Energietechnik empfohlene Konzept mit drei drehzahlgeregelten, ölfrei verdichtenden Compair-Schraubenverdichtern für die beste Lösung.“
Bei Stromausfall springen 2 s lang die Behälter ein
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