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Nicht immer zählt der erste Eindruck

Geschäfte mit ukrainischen Lieferanten
Nicht immer zählt der erste Eindruck

Nicht immer zählt der erste Eindruck
Lieferanten müssen nachweisen, dass sie über Maschinen verfügen, die den Anforderungen des Kunden gewachsen sind Bild: Ost-Invest-Consult
Spätestens seit der so genannten orangenen Revolution nehmen deutsche Firmen die Ukraine immer stärker als Beschaffungsmarkt und als potenziellen Produktionsstandort wahr. Von großem Vorteil bei der Geschäftsanbahnung sind gute persönliche Beziehungen.

Noch immer stellt der Metallurgiebereich das Rückgrat der ukrainischen Wirtschaft und ukrainischer Exporte dar. Nichtsdestotrotz bleibt das nach Russland zweitgrößte Land Europas auch für Automobilzulieferer und Maschinenbauer interessant. Einige von ihnen haben durch Kooperationen mit ukrainischen Partnern ihre Beschaffungskosten um bis zu 30 % gesenkt.

Zu den interessantesten Produkten zählen Erzeugnisse aus Kupferlegierungen, Schmiede- und Drehteile, Aluminiumdruckgussteile, Graugusserzeugnisse, Wälzlagerkomponenten, Elektromotoren und deren Komponenten. Auch für die arbeitsintensiven Bereiche Kabelkonfektion, Montage von Elektronikkomponenten und Produktion von kompletten elektronischen Geräten hat sich der Subcontracting Service besonders im Westen der Ukraine als bemerkenswert profitabel erwiesen.
Genauso wie im Inland erfordert die Suche nach einem interessanten und kooperationswilligen Lieferanten in der Ukraine viel Zeit und Geduld. Der potenzielle Lieferant soll schließlich nicht lediglich die Kosten des Kunden reduzieren, sondern auch Qualitätsanforderungen erfüllen, einen bestimmten Grad an Flexibilität gewährleisten und Beschaffungsrisiken minimieren.
Die Suche nach einem passenden Partner lässt sich zweierlei gestalten: unternehmensintern oder mit Hilfe von externen Spezialisten. Bei einer unternehmensinternen Recherche helfen Außenwirtschaftskammer, Dachverbände, zahlreiche Unternehmensdatenbänke, Kataloge und B2B-Börsen. Im Falle der Recherche von externen Beratern wird die Marktuntersuchung eher auf der Basis der praktischen Erfahrungen und persönlichen Beziehungen durchgeführt.
Wenn die primäre Auswahl getroffen ist, können die Kontaktaufnahme und Verhandlungen mit den ukrainischen Unternehmen Schwierigkeiten für beide Seiten bereiten. Häufig sind es untransparente Organisationsstrukturen von ukrainischen Unternehmen, die die Suche nach einem richtigen Ansprechpartner erschweren. Andererseits beschränken sich die Aktivitäten der deutschen Unternehmen oft auf eine komplexe und aus ukrainischer Sicht unverständliche Anfrage, deren Übersetzung oder Angleichung an technische Normen sehr zeitaufwendig ist. Eine solche Anfrage findet keinen Verantwortlichen und landet im Papierkorb.
Bei interkulturellen Geschäftsbeziehungen darf der Zeitfaktor nicht unterschätzt werden. So hat ein deutsches Unternehmen aus der Baubranche Lieferanten für kostengünstige Baumaterialien gesucht. Knackpunkt waren die technischen Zeichnungen: Diese beinhalteten Verweise auf mehrere EN/DIN-Normen, die erst noch übersetzt werden mussten. Dadurch verzögerte sich die Erstellung von Angeboten auf insgesamt drei Monate. Zu diesem Zeitpunkt stand die Geschäftsführung des deutschen Unternehmens bereits unter starkem Zeitdruck – sie verschob die Reise in die Ukraine um ein halbes Jahr. Ergebnis: Die ukrainische Seite nahm die Anfrage des deutschen Kunden nicht mehr ernst, war verärgert über die umsonst investierten Anstrengungen und verlor das Interesse an der Zusammenarbeit.
Auch die Anfragen der deutschen Firmen nach sehr hohen Bestellmengen, denen aber sehr bescheidene Orders folgen, schrecken die ukrainische Lieferanten ab und verschlechtern insgesamt das Image von deutschen Abnehmern im Lande. Einen weiteren Grund für das Scheitern der Kooperationsverhandlungen stellen unrealistische Preisvorstellungen der beiden Seiten dar.
Bei den interessanten und wichtigen Lieferanten wird deswegen empfohlen, immer einen Vertreter in die Ukraine zu entsenden, der den potenziellen Partner persönlich unter die Lupe nimmt. Dabei können wichtige Hinweise gewonnen werden: ob der Maschinenpark auf dem Stand der Technik ist, ob die Produktqualität den Vorstellungen deutscher Abnehmer entspricht. Für strategische Entscheidungen sind Informationen über Produktionskapazitäten und die Fähigkeit, sich an steigende Anforderungen anzupassen, wichtig. Für eine funktionierende langfristige Zusammenarbeit sind gute persönliche Beziehungen auf der Ebene der Entscheidungsträger als auch zwischen den operativen Mitarbeitern vom großen Vorteil.
Ein großer Teil von Schwierigkeiten und Risiken kann vermieden oder delegiert werden, wenn die Firma die Lieferantenauswahl einem kompetenten Partner überlässt, der über fundierte Kenntnisse der Gepflogenheiten und Marktgegebenheiten in der Ukraine verfügt und der das Unternehmen bei der Suche nach geeigneten Lieferanten in Deutschland und vor Ort begleitet.
Dann sind Erfahrungen möglich, wie sie ein deutsches Unternehmen machte, das einen Lieferanten von Erzeugnissen aus Kupferlegierungen suchte. Die Geschäftsleitung hatte drei ukrainische Lieferanten besucht. Beim ersten schienen alle Voraussetzungen zu stimmen: freundlicher Empfang, moderne Ausrüstung. Lieferant B war ein Kleinunternehmer, lud die deutsche Delegation zu sich nach Hause und empfing diese mit hervorragendem Mittagessen. Beim dritten Lieferanten, einem Großunternehmen, war der zuständige Generaldirektor nicht anwesend. Sein Stellvertreter schien sich nicht für die Gäste zu interessieren, führte lediglich ein sachliches, kurzes und eher formelles Gespräch. Die deutsche Delegation hatte den Eindruck, dass die ersten beiden Lieferanten ein Potenzial für weitere Zusammenarbeit boten, der dritte nicht. Die externe Beratung bestand jedoch darauf, die Beziehung zu diesem Unternehmen nicht abzubrechen.
Mit Recht. Im Lauf der späteren Verhandlungen kam es zu keiner Zusammenarbeit mit den beiden ersten Lieferanten – der eine forderte viel zu hohe Preise, der andere hatte kein Interesse, die Vielzahl der deutschen Normen zu bearbeiten. Das dritte Unternehmen bot seine Leistungen zu sehr attraktiven Preisen an und leistete später einwandfreie Lieferungen frei Haus. Der Grund für den unfreundlichen Empfang: Am Tag des Besuches musste der Generaldirektor mit einer gefährlichen Diagnose ins Krankenhaus, sein Stellvertreter war mit der ausländischen Delegation schlicht überfordert.
Vsevolod Mnuskin Geschäftsführer der Ost-Invest-Consult, Nürnberg
Gepflogenheiten kennen und respektieren

Strategien und Stolpersteine
Universalität
Nicht gleich absagen, wenn die Produkte, die Sie interessieren, im Portfolio des potenziellen Lieferanten nicht vorhanden sind. Ukrainische Unternehmen sind oft bereit und fähig, auch solche Produkte herzustellen, die sie bisher nicht produziert haben.
Langfristigkeit
Bereitschaft, den Lieferanten über mehrere Monate bis hin zum ersten Serienauftrag zu entwickeln.
Schnittstelle
Kompetenter russischsprachiger Ansprechpartner – ob intern oder extern – mit interkulturellem Verständnis.
Flexibilität
Probeaufträge auch dann platzieren, wenn die Preise nicht wirklich stimmen: Oft sind der ukrainischen Seite selbst die tatsächlich anfallenden Kosten nicht bewusst.
Pauschalisierung
Bei Preisverhandlungen setzt man sich besser mit pauschalen Dreisatzrechnungen durch als mit detaillierten Kostenanalysen.
Zeitpuffer
Lieferfristen – besonders in der Anfangsphase der Beziehung – mit Zeitpuffer planen.
Bürokratie
Hoher bürokratischer Aufwand bei der Zollabwicklung.
Top-Down-Prinzip
Wichtige Fragen auch im operativen Bereich – etwa den nächsten Liefertermin – immer zuerst mit dem Geschäftsführer oder Eigentümer persönlich klären.
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