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Nicht nur ein Martini ist trocken gut

Minimalmengenschmierung verbessert die Produktivität
Nicht nur ein Martini ist trocken gut

Nicht nur ein Martini ist trocken gut
Untersuchungen des Instituts für Produktionstechnik und Logistik (IPL) der Universität Kassel zeigen: Der Kostenanteil der Kühlschmierung an der mechanischen Fertigung bei verschiedenen Automobilherstellern liegt zwischen 2 und 16 %. Dabei beeinflussen unter anderem Fertigungsverfahren, Werkstückform und örtlich unterschiedliche Umweltauflagen das Einsparpotenzial
Der Einsatz der Minimalmengenschmierung erfordert eine genaue Analyse des Fertigungsprozesses. Richtig angewandt, reduziert die Technologie Kühlschmierkosten und Umweltbelastung deutlich.

Von unserem Redaktionsmitglied Haider Willrett

Bei der Bearbeitung eines Getriebegehäuses aus GGG 40 konnte einer unserer Kunden die Produktivität um über 400 Prozent steigern“, zeigt Dr.-Ing. Dirk Kammermeier die Möglichkeiten der Minimalmengenschmierung (MMS) auf. Erreicht wurde dieses Ergebnis durch die im Vergleich zur konventionellen Kühlschmierung deutlich höheren Schnittparameter. Die um etwa 20 % höheren Werkzeugkosten seien vor diesem Hintergrund nebensächlich, meint der Direktor Entwicklung und Konstruktion Standardprodukte bei der Kennametal Hertel AG in Fürth.
Nicht überall seien so dramatische Fortschritte möglich, aber bei Einsatz der entsprechenden Technologie hält Chef-Entwickler Kammermeier eine Verbesserung der Produktivität um bis zu 100 % für realistisch – abhängig vom Bearbeitungsverfahren und verschiedenen Rahmenbedingungen wie der Spannung von Werkzeug und Werkstück oder der Werkstückform.
Wo die konventionelle, nasse Schmierung über 120 l Schmierstoff pro Stunde verspritzt, benötigt die MMS weniger als 50 ml/h. Ein Mengenunterschied, der sich nicht nur im Kaufpreis und den Lagerhaltungskosten niederschlägt. Das Einsparpotenzial ist auch abhängig vom Standort des Unternehmens – häufig verteuern strenge Umweltauflagen sowohl die Anwendung als auch die Entsorgung der als Gefahrgut eingestuften Emulsionen.
Lediglich den Schmierstoffhahn zuzudrehen, führt allerdings nicht zum Erfolg. Die Minimalmengenschmierung erfordert zunächst eine genaue Analyse der Prozesse. Das geplante Fertigungsverfahren, die Maschinen und die Werkzeuge müssen den Anforderungen gerecht werden. Ausreichend dimensionierte Spindellager und Führungsbahnen der Maschine sind ebenso wichtig wie die Oberflächenqualität und die konstruktive Auslegung der Werkzeuge. Eine große Spannut, filigrane Schneidkanten oder ein besonderer Schliff sind einige Merkmale der speziell entwickelten Schneidmittel. Werden die entscheidenden Faktoren berücksichtigt, so ermöglicht die Minimalmengenschmierung nicht nur höhere Drehzahlen und Vorschübe und damit kürzere Bearbeitungszeiten. Zum Teil deutlich verbessern lassen sich auch die Standwege der Werkzeuge.
Moderne, filigrane Bauteile erfordern zunehmend feine und exakte Bearbeitungsverfahren. Die dafür nötigen Werkzeuge mit präzisen und hochfesten Schneidkanten lassen sich nur aus feinkörnigen Gefügen herstellen. Diese Materialien reagieren jedoch sehr empfindlich auf Thermoschocks, wie sie bei der abrupten Abkühlung der heißen Werkzeuge durch eine wässrige Emulsion auftreten. Kennametal-Chef-Entwickler Kammermeier ist deshalb überzeugt, „dass Zerspanungsvorgänge im Hochleistungsbereich zukünftig trocken laufen werden“.
Ein weiterer wichtiger Faktor im Technologie-Cocktail der Minimalmengenschmierung sind die Schmierstoffe. Meist kommen Öle auf Esther- oder Fettalkoholbasis zum Einsatz. Das Aerosol genannte Gemisch aus Öl und Druckluft kann auf zwei Arten an die Wirkstelle gebracht werden: Die äußere Zuführung ist zwar einfacher zu montieren, sie kann jedoch nur für Bohrtiefen bis zum doppelten Bohrungsdurchmesser eingesetzt werden. Bei der inneren Zuführung erfolgt der Transport des Aerosols durch die Maschinenspindel und durch das Werkzeug. Das heißt allerdings, dass die Schneidmittel über innere Kühlkanäle verfügen müssen. Spindeln und Werkzeugaufnahmen benötigen eine Durchführung, die für den Einsatz der MMS und die verwendeten Drehzahlen geeignet ist. Ein System, mit dem sich vorhandene Steilkegel-Werkzeugaufnahmen ohne großen Aufwand an die Erfordernisse der Minimalmengenschmierung anpassen lassen, befindet sich derzeit bei der Komet Präzisionswerkzeuge GmbH, Besigheim, in der Erprobung. Bestehende Durchmesserübergänge und Toträume werden dabei mit einem federnd im DIN-Anzugsbolzen gelagerten Rohr überbrückt, so dass eine strömungsgünstige Zuführstrecke für das Aerosol entsteht.
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