Startseite » Allgemein »

Nur offene Systeme können Standard werden

Ethernet am Antrieb: Wettrennen um Echtzeit ist nicht entschieden
Nur offene Systeme können Standard werden

Nur offene Systeme  können Standard werden
Mehrere Achsen lassen sich auch mit den Feldbussen Can-Open, Profidrive und Sercos koordiniert bewegen. Wo deren Performance nicht mehr ausreicht, sollen die neuen echtzeitfähigen Antriebsbusse auf Ethernet-Basis zum Einsatz kommen (Bild: ESR) Eine Reihe von Parteien arbeiten parallel an den Antriebsbussen. Über den Stand der Entwicklungen informiert im Lauf des Kongresses, der die Messe SPS/IPC/Drives in Nürnberg beleitet, die Session „Antriebskommunikation & Ethernet“. Der Autor eröffnet die Sitzung mit einem Übersichtsvortrag (Session 1b im Bereich Drives am 25.11.)
Mehrere Konsortien entwickeln echtzeitfähige Antriebsbusse auf Ethernet-Basis. Für die Anwender wären Offenheit und einheitliche Schnittstellen die wichtigsten Aspekte. Die ersten Produkte dieser Art wird es jedoch nicht vor 2004 geben.

Stefan Pollmeier ist Geschäftsführer der ESR Pollmeier GmbH in Ober-Ramstadt

Zwei Gründe bewegen heute die Anwender dazu, ihre Antriebe miteinander zu vernetzen: Im einen Fall sollen mehrere Achsen koordinierte Bewegungen ausführen – da diese immer schneller werden, steigen die Anforderungen an die Echtzeitfähigkeit der Motion-Control-Systeme. Im anderen Fall soll jeder Antrieb einen Zugriff von außen erlauben. Dafür sollte das System zum Beispiel gut mit dem Notebook eines Servicemitarbeiters im Netz kommunizieren.
Systeme, die beiden Anforderungen entsprechen, versuchen zurzeit eine Reihe von Herstellern und Konsortien zu entwickeln. Daher ist ein regelrechter Wettlauf im Gange. Jede Partei hofft, dass sich ihre Lösung als Standard durchsetzen wird. Ethernet wird meist als Systembasis verwendet, weil es eine einfache Integration in die PC- und IT-Welt verspricht und der Markt danach verlangt. Auch Firewire (IEEE 1394) bietet solche Integrationsmöglichkeiten, muss aber gegen die Dominanz des Ethernet ankämpfen. In geschlossenen Systemen werden einige Protokolle auf der Basis von Ethernet und Firewire bereits für Antriebe eingesetzt. Offenlegung und Standardisierung vor allem höherer Protokollschichten stehen aber noch aus.
Ethernet überträgt zwar sehr viele Daten pro Zeiteinheit und verwendet TCP/IP, ein Protokoll, das in PC und Laptops eingesetzt wird. Echtzeitfähig ist es deshalb aber noch nicht. Um dieses Ziel zu erreichen, bereiten die Entwickler spezielle Maßnahmen vor, die zum Beispiel auf einer Synchronisation der Uhrzeit in jedem Gerät basieren. IEEE 1588 etabliert sich hier als Standard. Der zweite Weg setzt darauf, exakte Zyklen zu definieren, in denen Teilnehmer Soll- und Ist-Werte austauschen.
Das Firewire-System wiederum wurde für Audio- und Videoübertragung entwickelt und ist daher von Haus aus auf Echtzeit getrimmt. Daher rechnen Experten damit, dass es sich leichter an Antriebsanwendungen anpassen ließe als Ethernet.
Alle Ansätze, die zurzeit in Arbeit sind, bringen aber Vor- und Nachteile mit sich. Diese zeigen sich zum Beispiel im Bedarf an speziellen Hardware-Komponenten, die zunächst höhere Kosten verursachen. Insgesamt sollen sie aber zu einem günstigeren System führen, da die erforderliche Verkabelung preiswerter sei. Ein weiterer Aspekt ist die Genauigkeit, die mit der jeweiligen Variante tatsächlich erreicht wird: Sie hängt im Wesentlichen vom Jitter ab, der bei den Systemen zwischen 1 und 10 µs liegen soll, zum Teil 1 µs sogar unterschreitet.
Die Feldbusse, deren Namen heute vertraut klingen, werden trotz der Entwicklungen nicht verschwinden. Viele Ethernet-Varianten basieren auf den bekannten Feldbus-Vorgaben, wie es zum Beispiel bei Profinet V3 der Fall ist, das sich an Profidrive anlehnt, oder bei der Next Generation von Sercos, die auf dem gleichnamigen Antriebsprofil basiert. Nachdem die Definition dieser Feldbusprotokolle abgeschlossen ist und auch die jeweiligen Antriebsprofile vorliegen, konzentrieren sich die zuständigen Gremien heute darauf, den Datenaustausch über alle Ebenen der Automatisierung transparent zu machen und geeignete Schnittstellen zu etablieren.
Aus Sicht der Anwender ist dies der wichtigste Aspekt der Neuerungen. Nur wenn die Anbieter die Protokolle, die sie für die Übertragung der Daten im Bus nutzen, allen Herstellern zugänglich machen, wird sich ein System tatsächlich als Standard durchsetzen können. An ein offenes System können sich alle Antriebs- und Steuerungshersteller anpassen. Der Anwender könnte dann auch Netze aufbauen, in denen verschiedene Systeme zusammenarbeiten. So ließe sich die beste Lösung für den jeweiligen Bereich nutzen.
Anwender wollen vor allem die freie Wahl der Komponenten erreichen

„Ethernet und Sercos wachsen zusammen“

208722

NAchgefragt

Der schnelle Antriebsbus Sercos öffnet sich der Ethernet-Welt. Dr.-Ing. Karl Tragl, Vorstand der Interessengemeinschaft Sercos Interface e.V. Rexroth Ag, geht auf die Erweiterungen ein.
Das Gespräch führte unser Redaktionsmitglied Werner Möller ia-redaktion@t-online.de
Herr Tragl, was genau verbirgt sich hinter Next Generation Sercos?
Sercos III, wie es voraussichtlich heißen wird, verbindet die bekannten Mechanismen mit dem Ethernet-Standard und dem Internet. Gleichzeitig berücksichtigen wir eine bestmögliche Abwärtskompatibilität zum aktuellen Sercos Interface.
In welchem Leistungsbereich positioniert sich dadurch die Antriebsschnittstelle?
Abhängig vom Umfang der Nutzdaten können mit Sercos III etwa 100 bis 150 Achsen bei einer Zykluszeit von 500 µs absolut synchron betrieben werden. Durch die höheren Übertragungsraten und möglichen Zykluszeiten bis 31,25 µs sind in Zukunft auch zentrale Steuerungskonzepte möglich. Wir gehen davon aus, dass bei solchen Anwendungen bis zu acht nichtintelligente Achsen in Echtzeit koordinierbar sind. Sercos III ist übrigens das einzige offene Motion-Control-System, das auch solche Strukturen unterstützt.
Welchen Einfluss haben die Änderungen auf die preislichen Entwicklungen?
Wir zielen darauf ab, Standard-Hardware-Komponenten zu nutzen und senken damit die Kosten pro Knoten. Wir reduzieren den Preis aber nicht nur im Vergleich zur aktuellen Sercos-Generation, sondern auch im Vergleich zu bisherigen Ethernet-Lösungen. Bei Sercos III ersetzen wir beispielsweise die Ethernet-Sterntopologie durch eine einfache Ring- oder Linienstruktur.
Wie durchgängig ist die neue Generation?
Durch den zusätzlichen Standard-IP-Kanal wachsen Ethernet und Sercos noch weiter zusammen. Anwender können so von der Unternehmenssoftware bis in den einzelnen Antrieb kommunizieren.
Unterstützt Sercos III auch die schnelle E/A-Kommunikation?
Sercos Interface unterstützt heute schon die schnelle E/A-Kommunikation. Mit Sercos III sind wir jedoch preislich auf gleichem Niveau wie andere Ethernet-basierte Bussysteme. Damit bietet sich Sercos III als universelle Schnittstelle auch für Ein- und Ausgabebaugruppen, kleine Servos und Frequenzumrichter oder hydraulische Achsen an.
Welche Vorteile hat Sercos III gegenüber den anderen Systemen?
Die nächste Sercos-Generation muss im Wesentlichen als ein Umstieg in der Übertragungsphysik gesehen werden. Durch einen Mix aus hoher Performance, bedingt durch geringen Protokoll-Overhead und Hardware-basierte Echtzeit, wird Sercos III auch in Zukunft wettbewerbsfähig sein.
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 7
Ausgabe
7.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de