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Oberflächenqualität lässt kaum Wünsche offen

Schmiedegesenk-Fertigung: HSC-Fräsen ersetzt Senkerodieren
Oberflächenqualität lässt kaum Wünsche offen

Schmiedegesenke bestehen aus schwer zerspanbaren Werkstoffen. Dank eines optimierten Fertigungsprozesses kann der Dienstleister Horst Klein HSC-gefräste Gesenke zu wirtschaftlich interessanten Konditionen anbieten.

Dipl.-Ing. Klaus Vollrath ist Fachjournalist in Herne

Wenn wir dem Fräserhersteller erzählen würden, was wir mit seinen Werkzeugen anstellen, würde er glatt die Hände über dem Kopf zusammenschlagen”, verrät Horst Klein, Inhaber der Firma Horst Klein CNC-Technik GmbH in Velbert. Sein 15-Mitarbeiter-Betrieb hat sich auf CNC-Lohnbearbeitungen im Werkzeug- und Formenbau spezialisiert.
Gerade wird auf einer 3-Achsen-Fräsmaschine des Typs Röders-Tec RMS 6 ein massiver Block aus Werkzeugstahl X38CrMoV5-3 (1.2367) bearbeitet. Ein Rundkopffräser aus Vollhartmetall mit einem Durchmesser von 6 mm greift mit hoher Drehzahl und hohem Vorschub an. Dass dabei „hart rangegangen“ wird, macht schon die tief dunkelblaue Anlauffarbe der herumfliegenden Späne deutlich.
Im hinteren Teil der Werkstatt sind einige Resultate der Frästätigkeit untergebracht. Dort liegen zwei fertig bearbeitete Gesenkhälften, die zum Schmieden von Vierzylinder-Kurbelwellen für Pkw-Motoren eingesetzt werden. „Die Oberflächenqualität dieser Gesenke”, sagt Horst Klein stolz, „ist selbst in den tiefen, schmalen Taschen für die Wangen der Kurbelwelle so gut, dass nur noch wenig nachgeputzt werden muss.” Anschließend könne das Gesenk sofort auf die Schmiedepresse gespannt werden.
„Um die ersten Aufträge mussten wir hart kämpfen, denn die Schmieden verfügen schon seit langem über wirtschaftliche Senkerodierverfahren für die Serienfertigung solcher Gesenke”, erzählt Frank Laufmann, gelernter Stahlformenbauer und verantwortlich für die Arbeitsvorbereitung. Nach ersten Probeaufträgen Ende 1999/Anfang 2000 sei der Kunde aber immer mehr auf das Fräs-Verfahren eingeschwenkt. Seit einem halben Jahr könne man von regelrechter Stückzahlfertigung sprechen. Die Auftragsmengen seien in den letzten Monaten stetig gewachsen.
Hinsichtlich der Vorteile gefräster Gesenke sagt Frank Laufmann: „Wir erhalten vom Kunden hierüber zwar keine genaueren Angaben, doch scheinen sich die gefrästen Gesenke im Dauereinsatz besser zu halten als ihre senkerodierten Gegenstücke.” Der Grund sei wohl, dass vor allem beim Schrupp-Erodieren das Gefüge bis tief ins Material hinein in Mitleidenschaft gezogen werde, was für die bei Schmiedegesenken wichtige Thermoschock-Beständigkeit nachteilig sei.
Ein weiterer wichtiger Aspekt sei der Zeitfaktor: Einen Auftrag über ein einzelnes Gesenk lasse sich innerhalb eines einzigen Tages oder auch zwischen Freitag 15.00 und Montag 8.00 Uhr abwickeln. Hieraus resultiere für den Betreiber einer Schmiede deutlich mehr Flexibilität bei der Lagerhaltung sowie kurze Reaktionszeiten im Falle von Pannen.
Um beim Fräsen der Gesenke von den Kosten her überhaupt zurechtzukommen, mussten die Maschinenzeiten stark nach unten gedrückt werden. Dabei gingen die Velberter aufs Ganze und ignorierte von Anfang an die von den Werkzeugherstellern empfohlenen Einsatzdaten. Sie setzten die Fräser bei ihrer Art der Bearbeitung deutlich oberhalb aller „Gefahrenmarken“ ein.
Schmiergesenke sind schnell beim Kunden
Die zu spanende Legierung muss im Schmiedeeinsatz sowohl hohen Temperaturen als auch extremen Temperaturwechseln widerstehen. Sie ist mit etwa 42 HRC zwar nicht gerade superhart, dafür jedoch besonders zäh und sehr schwer zu zerspanen. Zu Beginn der Versuche sei es häufig zu Werkzeugbruch gekommen.
Wochenlange Versuche waren nötig, um aus dem Angebot von fast einem Dutzend Werkzeuglieferanten diejenigen Fräser herauszusuchen, die den Belastungen sicher standhielten. „Insgesamt hat es rund ein halbes Jahr gedauert, bis die Konfigurationen aus Werkzeug und Fräsparametern soweit eingespielt waren, dass wir die Jobs nachts unbeaufsichtigt durchlaufen lassen konnten”, erzählt der Firmenchef.
Zu den größten Herausforderungen zählen die tiefen und gleichzeitig sehr schmalen Aussparungen für die Wangen der Kurbelwelle. Dabei müsse mit einem 6-mm-Fräser bis zu 70 mm und mit einem 5-mm-Fräser sogar bis zu 100 mm tief in den Block eingetaucht werden. Das Problem liege vor allem darin, bei so weit auskragenden und zugleich äußerst schlanken Werkzeugen noch ausreichenden Arbeitsfortschritt zu erreichen, ohne die erforderliche Genauigkeit durch Auslenkungen aufs Spiel zu setzen. Zudem bestand die Gefahr, dass sich im unteren Bereich Rattermarken bilden, was wegen der geforderten Oberflächenqualität unbedingt vermieden werden sollte.
Einen großen Anteil am Erfolg habe die hohe Bahnpräzision der verwendeten Fräsmaschine: „Was wir hier machen, traue ich mich nur auf einer Röders zu fahren”, erläutert Horst Klein. „Bei manch‘ anderer Maschine gäbe es sicherlich Kleinholz.” Bei der extremen Werkzeugbelastung führten schon sehr kleine Bahnverschleppungen, beispielsweise in Kurven, unweigerlich zum Bruch.
„Entscheidend war vor allem die richtige Kombination aus Maschine, Werkzeug und Software – und nicht zuletzt der Faktor Mensch”, sagt der Firmenchef. Ohne die Motivation seiner Mitarbeiter, die teilweise halbe Nachtwachen neben der Anlage geschoben hätten, wäre der Durchbruch trotz guter Ausrüstung nicht gelungen. Aufmerksamkeit und Erfahrung der Mitarbeiter seien wichtig, weil bei der hohen Belastung der Werkzeuge vor allem beim Schruppen schon kleine Änderungen der Frässtrategie dazu führen könnten, dass die Schneide irgendwo zuviel Restmaterial vorfinde und der Fräser sich verabschiede.
„Als wir schließlich soweit waren, dass die Jobs über Nacht sauber durchliefen, versuchten wir nach und nach, die Bearbeitungszeiten zu optimieren”, berichtet Horst Klein. „Inzwischen konnten wir diese um rund ein Drittel senken.” Als nächstes konzentriert sich Klein sich auf die Oberflächenqualität. Geplant sind weitere Qualitätssteigerungen mit dem Ziel, das bisher noch teilweise erforderliche Nachputzen gänzlich überflüssig zu machen. „Wir wollen Gesenke liefern, die der Kunde nur noch aufzuspannen braucht, um dann Stückzahl zu machen”, betont Horst Klein.
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