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Pfiffige Tools wirken als Turbo bei der Entwicklung neuer Produkte

Aufgaben und Hilfestellungen für den Konstrukteur haben sich drastisch gewandelt
Pfiffige Tools wirken als Turbo bei der Entwicklung neuer Produkte

Dem Konstrukteur bietet sich eine Fülle von Tools, die seine Arbeit beschleunigen und vereinfachen können. Oft genug liegt das Potenzial darin, die Werkzeuge besser kennenzulernen und in ihrer Tiefe auszuschöpfen.

Von unserem Redaktionsmitglied Norbert Berger

Konnte der Konstrukteur früher dem sprichwörtlichen (Reiß-)Brett vor dem Kopf nicht ausweichen, so dient es heute nur noch als Raumteiler oder zum Aufhängen von Zeichnungen und Schmuckbildern. Die Arbeitsweise eines Konstrukteurs hat sich grundlegend geändert. Statt mit der Normschrift kämpft er mit 3D-CAD-Software, anstelle von Büchern mit Zeichnungsnummern haben vielerorts PDM-Systeme Einzug gehalten. Heute stehen dem Konstrukteur zahlreiche Hilfsmittel zur Verfügung, die andererseits seine Aufgaben erheblich ausweiten.
„Zu Beginn steht bei uns die Skizze zur Ideenfindung“, erklärt Geschäftsführer Heiner Fees von der Fees Verzahnungstechnik GmbH. „Daraus generieren wir das 3D-Volumenmodell.“ Die Bietigheim-Bissinger sind Dienstleister für Konstruktionen beispielsweise in den Bereichen Automobiltechnik, Elektrowerkzeuge und Haushaltsgeräte. Sie setzen das CAD-System Pro Engineer der PTC GmbH aus Unterschleißheim ein. Das Programm arbeitet mit der sogenannten Parametrik-Methode, die Stefan Lux, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Braunschweig, als die Technik der Zukunft betrachtet (siehe Interview Seite 43). Sie erlaubt es dem Konstrukteur, Verknüpfungen zu definieren. Durch zuvor geeignete Festlegungen sind geometrische Elemente exakt einander zugeordnet. So lassen sich Variantenkonstruktionen relativ einfach erledigen.
Aber auch dieses Programm sei nicht frei von Mängeln, erklärt Fees, wobei für ihn die Vorteile klar überwiegen. Die Leistungsfähigkeit habe sich zum Beispiel beim Konstruieren des Gehäuses eines Motorradgetriebes gezeigt. Die Schwaben benötigten dafür 1700 Maße in einer Zeichnung. Der komplette Umfang beläuft sich auf acht DIN-A0-Zeichnungen. Alle Stanzentgratungen, Bearbeitungszugaben und Verrundungen ließen sich mit dem System ohne großen Aufwand in das Modell einarbeiten. Entscheidend war dabei, dass in kürzester Zeit auch die Bearbeitungswerkzeuge abzuleiten waren. So konnte Fees die Zeit bis zur Marktpräsenz deutlich verkürzen. „Wir haben gute Erfahrungen mit Pro Engineer gemacht. Dennoch gibt es niemals das optimale CAD-System schlechthin. Verschiedene Programme haben ihre Stärken in unterschiedlichen Bereichen und können sich so weiter am Markt halten.“
Entscheidend sei, so erklärt der Geschäftsführer, dass die Konstrukteure mit ihrer CAD-Software sowie Zusatzprogrammen und Tools umzugehen wissen. Bis ein neuer Mitarbeiter in seinem Unternehmen die Werkzeuge effektiv einsetzen kann, gehen nicht selten bis zu drei Jahre ins Land.
Wie in vielen Unternehmen ist auch bei der Fees GmbH der Konstrukteur für sein Bauteil selbst verantwortlich. Die landläufige Meinung, Konstrukteure zeichneten nur den ganzen Tag, ist schnell widerlegt. Er legt das Design fest und überprüft durch Berechnungen die Auslegung und Herstellbarkeit des Werkstücks. Oberstes Gebot ist: Die Funktionalitäten des Bauteils müssen sichergestellt sein. Neben dem CAD-Programm stehen ihm hierzu viele Tools zur Verfügung. Oft genug werden sie aber viel zu wenig genutzt.
Wo die Frage zu beantworten ist, wie sich das konstruierte Bauteil unter Belastung verhält, greift der Konstrukteur zur Methode der Finiten Elemente (FE). Programme wie MSC Nastran oder Ansys optimieren die Bauteileigenschaften. Der Konstrukteur erkennt frühzeitig Stellen, an denen Spannungsspitzen entstehen. In einer frühen Phase ist er somit in der Lage, durch Änderung der Geometrie eine verbesserte Lastverteilung zu erreichen. Neben Spannungsanalysen ermittelt das Programm auch die Lebensdauer eines Bauteils oder untersucht sein elastisch-plastisches Verhalten. Durch Einsatz von FE-Programmen spart das Unternehmen Zeit und Kosten, weil häufiges Re-Design entfällt. Die Systeme werden entweder als integrierte Lösungen in einem CAD-Programm oder als eigenständige Versionen angeboten. Letztere sind deutlich umfangreicher und bieten mehr Analysemöglichkeiten.
Auch im Gießereibereich unterstützen Simulationswerkzeuge den Konstrukteur bei der Arbeit. Bestimmte einst die Herstellung von Holzmodellen das Tagesgeschäft, so haben heute PC-Programme diese Arbeit übernommen. „Nicht erst wenn die Design- und Konstruktionsphase vorbei ist, sollte über fertigungsgerechte Konstruktion nachgedacht werden“, sagt dazu Dr. Ulf Schliephake. Als wichtigsten Vorteil hebt der Assistent der Geschäftsführung der Claas Guss GmbH hervor, dass in sehr kurzen Zeiträumen sichere Aussagen über die Gießbarkeit eines Entwurfs möglich sind. Die Software prüft den Entwurf in Abhängigkeit von Rahmenvorgaben wie Speiseranzahl, Speiserposition, Gießtemperatur, Gießdauer und Kühlkokillen. Mit der eingesetzten Software Magmasoft sind die Bielefelder in der Lage, mögliche Problemzonen wie Lunker rechtzeitig zu erkennen und durch konstruktive Gegenmaßnahmen noch in der Designphase den Fehler zu vermeiden. „Wie bei jeder Simulationssoftware gehört dazu aber einiges an Erfahrung. Die Bilder müssen richtig gedeutet werden“, erläutert Dr. Schliephake.
In der Praxis kommt es immer häufiger vor, dass Daten zwischen Unternehmen ausgetauscht werden müssen. Als Übertragungsmedien dienen E-Mail, ISDN, CD-Rom oder die gute alte Diskette. Allerdings entstehen oft Probleme beim Einlesen. Zwar bieten Schnittstellen wie Step, Iges und VDA einen gewissen Standard, doch ist die Kompatibilität nicht immer gegeben – Fehler können auftreten. Abhilfe bringt neben einem Reparaturprogramm, dem sogenannten Body-Healer, vor allem der Service von Dienstleistern. Sie bieten die Möglichkeit, Daten aus verschiedenen CAD/CAM-Systemen auszutauschen. Beispielsweise kann der Anwender die Daten zur Darmstädter Prostep Produktdatentechnologie GmbH oder zur Spatial GmbH, Mönchengladbach, schicken. Diese reparieren die Daten und schicken sie im Regelfall innerhalb von 24 Stunden zurück. Für den Konstrukteur bedeutet dies eine erhebliche Zeitersparnis. Denn häufig sind beim Datenimport weitaus umfangreichere Fehler passiert, als dass nur ein Radius falsch übertragen und eingelesen wurde. Sorgt der Dienstleister für den korrekten Datenaustausch, müssen die Fehler nicht mehr mühsam gesucht und anschließend geändert werden.
Rapid Prototyping: Physische Modelle schnell generiert
STL ist eine weitere Standardschnittstelle. Sie dient zum Datenexport aus dem CAD-System hin zu einer Rapid-Prototyping(RP)-Anlage. Die unterschiedlichen Verfahren wie Stereolithographie (SL), Lasersintern (LS), Fused Deposition Modeling (FDM), Laminated Object Manufacturing (LOM) und 3D-Printing liefern dem Konstrukteur schnelle Prototypen. Dabei ist zwischen Anschauungsmodellen und Fertigteilen zu unterscheiden. Fertigteile finden beispielsweise Einsatz in der Handy-Industrie.
Aber für den Konstrukteur sind immer noch die Designmodelle wichtiger. Nach Schätzungen des „RP-Papstes“ Terry Wohlers sind 75 % aller RP-Teile noch Anschauungsmodelle. Sie dienen dazu, frühzeitig mit Anderen über das physisch vorhandene Element zu diskutieren. Anschauungsmodelle liefert zum Beispiel der Thermojet der Darmstädter 3D Systems GmbH. Nach Aussage von Oliver Edelmann, Vertriebsleiter von Europa, „muss man zur Modellgewinnung mit dieser Anlage kein Modellbauer sein“. Sie findet in einem Konstruktionsbüro Platz, so auch bei der Fees GmbH. Dort wird mit den Modellen die Konstruktion überprüft. Heiner Fees hält dazu den Prototypen gegen das Licht und stellt fest, wo die Wände zu dick oder zu dünn sind. Mit dem Modell lassen sich auch Teile aus Vakuumguss herstellen.
Für die Zukunft des Rapid Prototyping wird es jedoch wichtig sein, Teile mit Serieneigenschaften herzustellen. Dr. Rudolf Meyer, Koordinator der Fraunhofer-Allianz Rapid Prototyping erklärt das Ziel: „Per Knopfdruck wird ohne zusätzliche Arbeitschritte das Werkzeug oder das fertige Teil mit Serieneigenschaften generiert. So muss das Rapid Prototyping morgen aussehen.“
Alternative Hilfsmittel wie Virtual Reality (VR) üben Druck auf die RP-Branche aus. Mit VR lassen sich 3D-Daten in einer geeigneten Umgebung wie Holobench, Powerwall oder Cave mit einer Brille dreidimensional betrachten. Im frühen Konzeptionsstadium können Zeichnungen und Zusammenbauten überprüft und interaktiv verändert werden. Dem Konstrukteur bleibt die Möglichkeit, noch rechtzeitig zu modifizieren. Vorteil des Verfahrens ist es, dass ein Prototyp nicht erst hergestellt werden muss, er besteht schon virtuell. Das Unternehmen spart die Kosten für die Fertigung des physischen Modells ein. Um die hohen Anschaffungskosten einer VR-Anlage zu umgehen, bietet die SGI GmbH, Düsseldorf, als erste den Service als Dienstleistung an.
Allen zugänglich ist das Internet. Konstrukteure können es nutzen, um für ihre Software ein Update zu besorgen oder Video-Konferenzen durchführen. Oder um Norm- und Zukaufteile in ihre Konstruktion einzufügen. Die Amberger Web2Cad AG bietet darüber hinaus noch einen Berechnungsservice für Zylinder an. Der Konstrukteur kann die Sollwerte eines Pneumatikzylinders eingeben und bekommt die online ermittelten Ergebnisse angezeigt. Das Verschicken mehrerer Anfragen wird überflüssig, weil der Webserver per Mausklick alle Unternehmen auflistet, die den Zylinder liefern können. Zudem erhält der Anwender eine Dokumentation der Bauteilberechnung.
Die Verwaltung großer Datenmengen ist häufig ein Problem im Konstruktionsalltag. „So ein Teil habe ich doch schon einmal konstruiert, wo finde ich es denn nur?“, hat sicher jeder Entwickler schon einmal gefragt. Lösungen für den Umgang mit großen Datenmengen bietet das Produktdatenmanagement (PDM). Es ermöglicht die einfache Handhabung von Dokumenten aus Konstruktion und Fertigung, die oft in vielen unterschiedlichen Formaten und Versionen vorliegen. PDM stellt zudem die aktuellste Version der Konstruktionsdaten den verschiedenen Abteilungen zur Verfügung.
Für Heiner Fees ist PDM noch kein Thema, weil er mit neun Konstrukteuren noch über einen überschaubaren Mitarbeiterstab verfügt und andererseits ausschließlich Speziallösungen anbietet. Diese werden mit einer eigenen Suchroutine versehen und sind somit leicht aufzufinden. Generell glaubt er, dass PDM an Bedeutung gewinnen wird.
Das Angebot von Tools und unterschiedlichen Systemen ist groß und kaum fassbar. Eines haben sie gemeinsam: Meist werden sie nicht ausreichend genutzt. Hier liegt für den Konstrukteur noch ein erhebliches Potenzial brach.
Kostenkalkulation
Was eine Idee als Produkt kostet, berechnet das Programm Pro-Cost. Es speichert Basisdaten zu Werkstoffen und Maschinen.
Zielkostenkalkulation zwingt Konstrukteure von Beginn an, die Herstellkosten nicht aus den Augen zu verlieren. „Die marktgängige Software war uns zu teuer, das Berechnen im Einzelfall viel zu aufwendig“, erinnert sich Helmut Roschiwal, Geschäftsführender Gesellschafter der Roschiwal + Partner Ingenieurgesellschaft GmbH. Seine Mitarbeiter erledigen Entwicklungsaufträge aus Industrieunternehmen mit klaren Angaben zu den späteren Produktpreisen. Um sich die eigene Arbeit zu erleichtern, beschlossen die Augsburger Dienstleister, ihr Know-how in eine neue Berechnungssoftware einfließen zu lassen.
Dabei kam das Programm Pro-Cost heraus. Herzstück der Sofware ist eine Datenbank, in der unter anderem Informationen zu Drehteilen und Frästeilen hinterlegt sind. Handelsübliche Abmessungen, Gewichte und Kosten für Halbzeuge, Guss-, Norm- und Kaufteile sind von vornherein in der Datenbank im Hintergrund gespeichert, ebenso Technologiedaten zum Drehen, Bohren, Schweißen, Fräsen, Verzahnen, Montieren und Veredeln. Die Datenbank verwendet auch Informationen zu Werkstoffen und Maschinen, die im jeweiligen Betrieb zur Verfügung stehen, und hat Platz für Kostenangaben, die durch einzelne Bearbeitungsschritte verursacht werden. „Auf diese Weise wächst das Programm im Betrieb mit“, lobt Roschiwal. op
Interview: „PDM/EDM wird das führende System, in dem CAD integriert sein wird“
Dipl.-Ing. Stefan Lux ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Technischen Universität in Braunschweig. Er betreut die CAD-Ausbildung für Studenten des Maschinenbaus. Zudem befasst er sich in Projekten um die methodische Einführung von CAD-Systemen.
? Welche Hilfen sollten einem Konstrukteur noch geboten werden?
! Es fehlen Werkzeuge in den frühen Konstruktionsphasen. Ideen sollte man auf einer prinzipiellen Ebene skizzieren können. Wichtig ist, dass schon hier einige Funktionsparameter wie Gesamtgewicht eingegeben werden können. Diese sollten sich in die späteren Konstruktionshilfsmittel übernehmen lassen. Zudem fehlen vernünftige Auswahlmöglichkeiten aus Normteilkatalogen.
? Wie beurteilen Sie die neuen Lösungen in Richtung Collaborative Engineering?
! Mir kommt es so vor, als ob einige Firmen eher ihre Idee als ein Produkt verkaufen. Was ich bisher gesehen habe ist nur begrenzt einsatzfähig, eher eine Vision. Ob die vorgestellten Hilfsmittel so praktikabel sind, muss sich erst noch zeigen.
? Welchen Stellenwert messen Sie der Parametrik als Konstruktionsmethodik bei?
! Für mich ist die parametrische Konstruktion nicht mehr wegzudenken. Es ist allerdings nicht sinnvoll, CAD-Modelle bis zur letzten Schraube oder Fase zu parametrisieren. Wenn diese Konstruktionsart immer nur in Teilen angewandt wird, ist sie optimal. Welche Arbeitsweise dabei die sinnvollste ist, muss sich immer wieder neu herauskristallisieren.
? Auf dem CAD-Markt im mechanischen Bereich ist viel Bewegung. Wie schätzen Sie die Lage ein?
! Auf Dauer werden höchstens fünf oder sechs Systeme überleben. Daneben wird es Nischenanwendungen für spezielle Aufgabengebiete geben. Auf diese Weise können sich auch noch kleine Systeme über Wasser halten.
? Wie beurteilen Sie die Integration von CAD und PDM/EDM ?
! Ansätze dazu sind schon vorhanden. Die Integration wird immer stärker werden. Bei Ideas ist in das CAD-Programm schon eine Art Mini-PDM-System eingebunden. Zukünftig werden benötigte Hillfsmittel unter einer Oberfläche zu finden sein. Es zeichnet sich ab, dass EDM/PDM gegenüber CAD die führende Systemwelt sein wird.
? Wie sinnvoll ist „Software mieten statt kaufen“ im CAD-Bereich?
! Dazu muss man Folgendes beachten: Investitionen in CAD sind von Unternehmen lange geplant. Deutsche Maschinenbaufirmen sind da eher konservativ. Vor diesem Hintergrund wäre es sinnvoll, wenn Hersteller diesen Service anbieten würden.
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