Die Tagung „Kunststoffe im Fahrzeugbau“ machte klar, dass polymere Karosserien für die Automobilbauer kein Tabu mehr sind. Ein wichtiges Argument ist das Energieabsorptions-Vermögen im Crash-Fall.
Vor allem Sicherheitsanforderungen könnten zukünftig den Ausschlag dafür geben, dass verstärkt Kunststoffe im Automobilbau eingesetzt werden. Das erklärte Prof. Henning Wallentowitz vom Institut für Kraftfahrwesen Aachen (IKA) der RWTH Aachen auf der Tagung „Kunststoffe im Fahrzeugbau“ des Konferenzveranstalters IIR Deutschland GmbH, Sulzbach. „Wer heute einen neuen Kleinwagen konzipieren will, kommt wegen der nötigen Energieabsorption um faserverstärkte Kunststoffe kaum herum.“ Der IKA-Institutsleiter präsentierte Zahlen, wonach Glasfaser-verstärkte Kunststoffe (GfK) gewichtsbezogen eine rund vierfach höhere Energieabsorption aufweisen wie Stahl. Die teuren Kohlenstofffaser-verstärkten Kunststoffe (CfK) kommen sogar auf weit günstigere Werte.
In einem Sonderforschungsbereich haben die Aachener eine – noch nicht serienreife – Kunststoff-Tür für Nutzfahrzeuge projektiert, die im Crash-Test eine „um 20 Prozent gesenkte elastische und plastische Intrusion“ aufweist. Bei einem Aufprall bliebe dem Fahrer also 20 % mehr Raum zum Überleben. Bei dem Prototypen sind die in den Kunststoffschalen befestigten Türsäulen (Schloss und Scharnier) mittels Druckelement auf Abstand gehalten und mit einem gewickelten Zugverbund verspannt, um die gewünschte hohe Steifigkeit zu erreichen.
„Große Anstrengungen“ hält Wallentowitz für nötig, um Motorhaube und Windschutzscheibe der Fahrzeuge aus Kunststoff zu realisieren. Denn insbesondere Fußgänger sind vor den Folgen von Aufpral-len im Frontbereich bisher ungenügend geschützt. Neben aktiven Schutzsystemen wie Airbags könnten diese Situation energieabsorbierende Elemente verbessern, etwa PUR-Schäume oder hinterschäumte Außenhaut-Komponenten. Allerdings setzen fast alle Maßnahmen einen größeren Abstand zwischen Motorblock und Haube voraus, und dies dürfte wiederum die Marken-Designer unter großen Druck setzen. os
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