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Power für die Tower Bridge

Brückenhydraulik zum zweiten Mal runderneuert
Power für die Tower Bridge

Von britischer Gelassenheit keine Spur: Ganze 39 Tage Bauzeit hatte die Corporate of London gewährt, um Steuerung und Antriebe der Tower Bridge auf den neuesten Stand zu bringen. Inspektionen hatten Verschleiß an den Komponenten gezeigt.

Bernhard Foitzik ist Fachjournalist in Neustadt an der Weinstraße

Andrew Downes, leitender Ingenieur der Corporate of London, war besorgt über den Zustand der Tower Bridge: „Wenn wir nicht eingegriffen hätten, wären schwer wiegende Schäden an Drehzapfen und an Lagern entstanden, und die Brücke hätte zur Reparatur abgebaut werden müssen.“ Dabei halten Briten und Millionen von Touristen die berühmte Themsebrücke für ein nationales Symbol. Schon deshalb sollte die Renovierung zwar sorgfältig und umfassend ausfallen, aber eben so kurz wie möglich dauern. Zudem ist die 1894 eröffnete Klappbrücke, ein Meilenstein viktorianischer Ingenieurskunst, nach wie vor für den Verkehr von Bedeutung. 150 000 Fahrzeuge und 11 000 Fußgänger überqueren die Brücke heute. Entsprechend stark hatten verkehrsbedingte Schwingungen der Konstruktion zugesetzt.
Die Überholung der gesamten Brückensteuerung führte Bosch Rexroth Limited, St. Neots/Cambridgeshire, als Generalunternehmer durch. Rund 2 Mio. Euro kostete die Modernisierung. Vertragspartner bei der jüngsten Fitnesskur waren LES Engineering Ltd., Grimsby, für die Mechanik und Fairfield Control Systems Ltd, Kirton/Nottinghamshire, für die elektronischen Komponenten. Bereits 1975 war Rexroth an der Umrüstung des ursprünglich dampfhydraulischen Antriebes auf ein elektrohydraulisches System beteiligt gewesen.
Damit werden Massen bewegt: Jeder Brückenteil umfasst vier parallel angeordnete Tragbalken, jeweils 49 m lang mit einer Masse von 1000 t. Landseitig tragen die inneren Balken das Gegengewicht, die äußeren Balken die Zahnsegmente, welche durch Hydromotoren über Zahnräder angetrieben werden. Elektrohydraulische Ventile regeln spannungsproportional, wie stark beschleunigt oder verzögert wird. Innerhalb von 10 s bringen acht regelbare Axialkolbenpumpen in zwei Hydroaggregaten die Klappen auf Maximalgeschwindigkeit. Kurz vor der Endlage wird auf Kriechgeschwindigkeit abgeregelt. Etwa 1 min dauert es, bis die Brücke geöffnet ist. Wahlweise lassen sich die Funktionen über zwei menügesteuerte SPS-Systeme fahren und mit Videokameras überwachen.
Mit einer Renovierung wollten sich die Ingenieure nicht zufrieden geben – hatte die Inspektion doch ergeben, dass durch Verschleiß und Fluchtfehler die Kräfte zumindest teilweise über die Hauptdrehzapfenlager in die Konstruktion abgeleitet werden. Eine wesentliche Verbesserung war deshalb das Management des Kraftverlaufs und das Ableiten der Brückenkräfte über sogenannte aktive Auflageböcke: Sensoren messen Kräfte und Momente, die über hydraulisch verstellbare Keile gleichmäßig auf die dafür vorgesehenen Auflagen verteilt werden. Denn trotz aller konstruktiver Maßnahmen „arbeitet“ ein System dieser Größenordnung auch dort, wo es nicht arbeiten sollte. Werden die Toleranzen überschritten, regelt ein SPS-basiertes Steuerungssystem nach und stellt jeden Keil einzeln über Hydrozylinder nach.
Knapp eineinhalb Jahre dauerten die Vorbereitungen, 39 Tage lang waren 60 Mitarbeiter rund um die Uhr aktiv. Bei der planmäßigen Eröffnung setzte His Royal Highness, der Prince of Wales, mit einem eigens konstruierten silbernen Hebel die hydraulische Maschinerie der Tower Bridge in Bewegung.
Industrieanzeiger
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