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Problemlöser für ganze Wertschöpfungsbereiche

Site Management: Gebündelte Leistungen optimieren Kosten
Problemlöser für ganze Wertschöpfungsbereiche

Problemlöser für ganze Wertschöpfungsbereiche
Dr. Thomas Bergmann ist Managing Partner der ICME International AG, Zürich
Durch Auslagerungen und Outsourcing reorganisieren immer mehr Konzerne ihre produktionsunterstützenden Standortaktivitäten. Ehemalige, nach innen orientierte Werksorganisationen treten als Unternehmen am Markt auf und müssen sich dort bewähren. Dadurch entwickelt sich eine neue Branche: Site Management. Als Dienstleister übernehmen diese Betriebe die zentralen Infrastrukturaufgaben des Standortes.

Die Globalisierung und der Anspruch, branchenführender Player zu sein, zwingt Konzerne, ihre Aktivitäten zielgerichtet zu fokussieren. Der Verkauf ganzer Geschäftsbereiche, Auslagerungen und Outsourcing einerseits und Allianzen und Partnerschaften andererseits werden realisiert.

In der chemischen Industrie beispielsweise sind aus integrierten Konzernverbünden Spezialitätenchemie- und Basis-Chemikalien-Hersteller entstanden. Breit diversifizierte Industrieunternehmen konzentrieren sich auf wenige große Standbeine und haben ganze Betriebsteile veräußert. Automobilkonzerne fokussieren sich auf die Entwicklung und Vermarktung. Um die Wertschöpfungskette zu optimieren, mieten sich System- und Modulintegratoren im Werk ein.
Als Folge dieser Trends lösen sich die traditionellen, geschlossenen Standortstrukturen auf. Der Weg führt von der integrierten Werksorganisation über Zwischenlösungen eines Standortes mit „Gastunternehmen“ hin zu Industrieparks in Form von Mehr-Firmen-Standorten. Die Site-Management-Organisation vermietet Flächen und übernimmt die zentralen Infrastrukturaufgaben des Standortes sowie dessen Entwicklung und Vermarktung.
Unter dem Begriff „Infrastruktur“ werden zumeist die Leistungen in den Bereichen Werksicherheit, Straßen, Grünflächen, Kanäle und deren Unterhalt, Daten- und Kommunikationsnetze, Immobilien, Energieversorgung sowie Abfall- und Abwasserentsorgung definiert. Im weiteren Sinne werden auch Leistungen wie Werkstransporte und Logistik, Analytik, technische Services mit Zentralwerkstätten und auch Kantinen eingeschlossen.
Die ursprüngliche Idee der Standort-Management-Organisation ist einfach: Als Shared- Services-Organisation werden die standortgebundenen Leistungen gebündelt, um Kosten zu optimieren. Zusätzlich soll der Standortbetrieb den Unternehmen vor Ort eine erhöhte Flexibilität offerieren, also Vorhalte- und Fixkosten flexibilisieren.
Ein weiteres Ziel des Site-Managements ist es, die Immobilienkosten zu optimieren durch einen ganzheitlichen, den Lebenszyklus des Gebäude umfassenden und gewerkeübergreifenden Facility-Management-Ansatz. Dieser Bereich wird sowohl für viele große Industrieunternehmen als auch im öffentlichen Bereich zunehmend wichtiger. Immobilien verursachen üblicherweise 5 bis 15 % der Gesamtkosten eines Unternehmens und stellen einen hohen Anteil am gebundenen Vermögen dar. Unternehmen stehen hier vor der Alternative, entweder eine klare strategische Ausrichtung des Immobilienbereichs mit einer professionellen, kostenoptimierten Bewirtschaftung zu forcieren, oder der ganzheitlichen Abgabe der Immobilienaktivitäten an einen Standortdienstleister, der Facility Management als Kerngeschäft betreibt.
Aus einer intern orientierten, auf Kostenverrechnung basierten Werksorganisation entsteht ein professioneller Standortdienstleister, der sich in einem neuen Umfeld bewähren muss. Zunehmend entwickelt sich eine neue Branche: Site Management. Die Herausforderungen sind jedoch sehr hoch. In der Regel besteht noch kein eingespieltes Kunden-Lieferanten-Verhältnis, denn die früheren Kollegen aus dem Bereich „Werksorganisation“ werden zunehmend zu externen Dienstleistern. Das bedeutet nicht zuletzt, dass die Marketing- und Vertriebskompetenzen neu aufgebaut werden müssen.
Insbesondere im Produktmanagement müssen neue Wege beschritten werden. Das Management von Dienstleistungen ist im Vergleich zum Managen physischer Produkte wesentlich schwieriger zu beschreiben und zu organisieren. Das belegt nicht zuletzt die hohe Forschungsintensität und die Vielfalt verschiedener theoretischer und praktischer Ansätze in diesem Bereich.
Schließlich stehen die Site Manager auch unter extremem Zeitdruck: Denn je länger die organisatorische Aufteilung in Site Manager und Abnehmer, respektive die neue Kunden-Lieferanten-Beziehung bereits besteht, desto mehr professionalisiert sich der abnehmerseitige Einkauf und erhöht sich der Druck, kostengünstige, mit externen Lieferanten vergleichbare Leistungen anzu-bieten.
Die Anforderungen von Unternehmen und Kunden einerseits und der Wettbewerb andererseits rücken zwei Aspekte in den Vordergrund, die für den Standortdienstleister entscheidend sind:
Die Produktionsverfahren großer Industrieunternehmen sind weitgehend starr und können kurz- und mittelfristig nicht verändert werden. Die hohen Lohnkosten hierzulande lassen sich daher nur durch eine hohe Effizienz in der Administration kompensieren. Ein Standortdienstleister kann die Kunden am besten unterstützen, wenn insbesondere technisch orientierte Einzelleistungen gebündelt und als Problemlösung angeboten werden.
Damit kann sich der Standortdienstleister wichtige Wettbewerbsvorteile verschaffen, denn die produkt- oder technologiebedingten Alleinstellungsmerkmale gewähren heute nur noch einen Wettbewerbsvorteil von einem bis drei Jahren. Dagegen lassen sich komplexe Marketingorganisationen und Leistungsbündelungen, aber auch solche Aspekte wie Unternehmenskultur dauerhaft schützen und kaum replizieren.
Die strategische Maxime für Site Manager lässt sich vor diesem Hintergrund wie folgt formulieren: Es gilt, das heutige Produktangebot auf eine überschaubare Anzahl gebündelter Leistungspakete zu fokussieren und diese als Problemlösungen mit einem optimalen Preis-Leistungs-Verhältnis anzubieten.
Bislang ist das Angebotsspektrum der Site Manager noch weitgehend von Einzelprodukten und -leistungen sowie einer Profit-Center-orientierten Struktur geprägt. Daraus entstehen Chancen für innovative Angebots- und Servicemodelle: Der Standortdienstleister kann sich zu einem Modullieferanten entwickeln, der die Fähigkeit zur Integration von Komponenten zu Modulen und ganzen Systemen besitzt. Dabei betreibt er Wertschöpfung in der Integration einzelner Leistungen und fungiert als „Kit“ in der Wertschöpfungskette. Die einzelnen Komponenten der Module können dabei sowohl eingekauft als auch selber hergestellt werden. Der Fokus liegt dabei auf dem Angebot von kundenspezifischen Lösungen.
Standort-Dienstleister wird Modullieferant
Dieser Ansatz hat für die Kunden der Site Manager große Vorteile, denn sie profitieren von der Total-Cost-of-Ownership-Betrachtung des Site Managers und den maßgeschneiderten Angeboten. Gleichzeitig stellt er an den Dienstleister hohe Anforderungen: Dieser muss nicht nur für die Spezifikation der Problemlösung und die Organisation von Komponentenzulieferungen sorgen, sondern insbesondere seine Kompetenzen im Bereich des Projekt-Engineering deutlich verstärken. Als Problemlöser für ganze Wertschöpfungsbereiche kann sich der Site Manager dabei zum Outsourcing-Spezialisten entwickeln.
Die angestrebte Orientierung an der Erfüllung aller Kundenwünsche kann jedoch leicht in einem nicht mehr überschaubaren Wildwuchs von Vertragsvarianten resultieren. Schnell baut sich auf Seiten der Site Manager eine nur schwer beherrschbare Komplexität mit entsprechenden Kosten auf. Erfolgreich ist nur der, der den Spagat zwischen der kundenspezifischen Bündelung der Produkte und dem Reduzieren der Komplexität schafft. Diese ist vor allem durch den Aufbau eines modularen Leistungsangebotes und ein baukastenartiges Zusammenführen von Einzelleistungen zu Leistungspaketen möglich. Das bedeutet, dass eine Dienstleistung über mehrere Ebenen und in jeder Tiefe individuell konfigurierbar sein muss.
Bei physischen Produkten ist die Produktkonfiguration längst Standard: So ermöglichen etwa Hardware- und Pkw-Hersteller die individuelle Zusammensetzung der Produkte aus einzelnen Modulen und Bestandteilen. Dieser Weg ist auch für Anbieter von Dienstleistungen unvermeidlich. Hier ist man aber mit weit größeren Herausforderungen konfrontiert, denn Dienstleistungen sind per se wesentlich intransparenter als physische Produkte.
Schwierig ist nicht nur die Konfiguration und das Management verschiedener Service Levels, sondern oft bereits die Definition der Grundleistung. Dienstleistungen sind eben „People Business“
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