Wie sich Fertigungsprozesse mit Hilfe cleverer Werkzeuglösungen effizienter gestalten lassen, erläutert Dr. Dieter Kress. Der Geschäftführende Gesellschafter der Mapal Dr. Kress KG ist auch Vorsitzender des Fachverband Präzisionswerkzeuge im VDMA.
Das Gespräch führte unser Redaktionsmitglied Haider Willrett haider.willrett@konradin.de
Herr Dr. Kress, wie viel Potenzial bieten die Präzisionswerkzeuge noch, die Produktivität von Fertigungsprozessen zu steigern?
Da steckt noch einiges drin. Es gibt immer wieder Ideen, wie man die Prozesse effizienter gestalten kann.
In welche Richtung gehen die Entwicklungen?
Ich sehe derzeit zwei Haupttrends: Wir müssen die Nebenzeiten verkürzen, und wir sollten uns auf das beschränken, was wirklich nötig ist. Der Weg führt zurück zu einfacheren, robusteren Werkzeugen, die leichter zu handhaben und einzustellen sind. Zudem muss bei jedem Werkstück untersucht werden, inwieweit sich einzelne Prozesse vereinfachen lassen. Aufwendige Bearbeitungen, die für die Funktion eines Bauteils nichts bringen, sollte man ein- sparen.
Welche Möglichkeiten bietet die Werkzeugtechnik, um die Nebenzeiten zu verkürzen?
Die Zahl der Werkzeugwechsel und die Wechselzeiten müssen reduziert werden. Kombinations- und Komplettbearbeitungswerkzeuge, Zirkularprozesse, aktorische Tools oder neue Verfahren wie das Interpolationsdrehen sind Lösungen, die eine ganze Reihe von Bearbeitungen mit einem Werkzeug erledigen. Damit der Mess- und Kontrollaufwand in der Maschine gering bleibt, müssen die Systeme sehr präzise arbeiten. Werkzeuge, die keinen Grat hinterlassen reduzieren die Nacharbeit. Und durch die Substitution von Vor- oder Nachbearbeitungen entfällt oft das Umrüsten des Werkstücks auf eine andere Maschine.
Einige der genannten Lösungen sind mit erheblichen Investitionen verbunden. Rechnet sich das auch für kleinere Unternehmen?
Auch kleine Betriebe müssen produktiv arbeiten und Qualität liefern. Außerdem gibt es eine Reihe von Maßnahmen, die keine oder nur sehr geringe Investitionen erfordern. Vielfach lässt sich ohne Weiteres der Vorschub erhöhen. Für eingesparte Vor- oder Nachbearbeitungen muss auch nicht investiert werden. Unser Tochterunternehmen Miller bietet beispielsweise eine Bohr-Reibahle an, die beide Bearbeitungen in einem Schritt erledigt. Zirkularfräser ersetzen mehrere Einzelwerkzeuge. Werkzeuge mit weniger komplexen Geometrien können öfter nachgeschliffen werden. Und so weiter.
Wie viel lässt sich durch solche Maßnahmen einsparen?
Ich bin überzeugt, dass viele Unternehmen ihre Prozesskosten ohne großen Aufwand um bis zu 20 Prozent senken können. Wichtig ist dabei aber, nicht nur auf das Investitionsvolumen zu starren, sondern auch die laufenden Kosten im Auge zu behalten. Die sind bei zunächst günstig erscheinen- den Lösungen unterm Strich oft deutlich höher als die Lebenszeitkosten einer hochwertigen Alternative.
Kurze Wechselzeiten ermöglichen auch hochgenaue Trennstellen zwischen Werkzeugschaft und Schneidkopf, etwa Ihr HFS. Ist hier eine Hersteller übergreifende Lösung in Sicht?
Nein. Das halte ich auch nicht für sinnvoll. Jeder Prozess stellt andere Anforderungen. Unser HFS ist optimal fürs Reiben und Feinbohren. Andere Systeme sind beispielsweise fürs Bohren ausgelegt. Eine genormte Lösung wie beim HSK sehe ich nicht.
Was passiert mit den Hauptzeiten?
Die reine Zerspanzeit macht mittlerweile vielfach nur noch rund ein Drittel der gesamten Prozesszeit aus. Natürlich arbeitet die Branche weiter an Verbesserungen, aber verhaltener. Fortschritte sind hier derzeit mit großem Aufwand und hohen Kosten verbunden.
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