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Profitieren von den Erfahrungen anderer

Verbundlösungen sparen Kosten und nutzen Synergieeffekte
Profitieren von den Erfahrungen anderer

Viele Mittelständler haben zwar erkannt, wie wichtig die Aufgabe ist, Personalentwicklung kontinuierlich zu betreiben. Aber ihnen fehlen dazu die Kapazitäten, oft auch das Know-how. Warum sich also nicht mit anderen Firmen zusammentun, die vor den gleichen Problemen stehen?

Gabriele Müller ist Journalistin in Wuppertal

Der Gedanke liegt eigentlich nahe: Ähnliche Schwierigkeiten gemeinsam anzugehen, um sie besser bewältigen zu können. Ausbildungsverbünde sind deshalb schon lange ein Thema gerade bei kleinen und mittleren Betrieben. Aber Modelle, mit denen Personalarbeit oder Personalentwicklung im Verbund betrieben werden, haben Seltenheitscharakter. Pionier auf diesem Gebiet ist Mach 2. Das Projekt ist entstanden aus dem Bildungswerk Mach 1, hinter dem die Arbeitsgemeinschaft der Wirtschaft für berufliche Weiterbildung im Kreis Herford e. V. steht.
1993 kam mit Mach 2 der erste Verein für Personalentwicklung in Deutschland dazu, dem heute rund 20 Firmen angehören. „Natürlich gibt es enge Verbindungen untereinander und wir profitieren vom gegenseitigen Know-how“, sagt Dr. Bernd Helbich, Leiter der Personalentwicklung bei Mach 2 in Herford. Aber das Projekt geht seine eigenen Wege. Denn das Ziel ist es, für alle Mitglieder eine strategisch an den unternehmerischen Zielen ausgerichtete, kontinuierliche Personalentwicklung zu betreiben.
Das ist, auf den ersten Blick, keine ganz leichte Aufgabe. Knappe personelle und finanzielle Ressourcen in den Betrieben auf der einen Seite, sehr unterschiedliche Branchen, Unternehmensgrößen und Weiterbildungsbedarf auf der anderen Seite markieren für den Verbund eine scheinbar schwierige Ausgangsposition.
„Unsere Mitglieder kommen aus den Bereichen Maschinenbau, Holz verarbeitende Industrie, Textilveredelung, Elektrogeräte, Elektronik, Kunststoffverarbeitung, Werbung, Farben und Lacke sowie soziale Dienstleistungen“, zählt Helbich auf, der zusammen mit seinem Kollegen Frank Ehnes die Firmen betreut. Das kleinste Unternehmen beschäftigt gerade 20, das größte rund 900 Mitarbeiter.
Wo sollen da die Gemeinsamkeiten liegen? „Trotz solcher Unterschiede muss nicht jede Firma immer wieder das Rad neu erfinden“, ist sich Helbich sicher. Denn auch Übereinstimmungen und Synergieeffekte zwischen den Beteiligten gibt es viele. So können Mitarbeiter in gemeinsamen Seminaren qualifiziert werden, wenn sich aus Kostengründen für einen zu kleinen Teil der Mannschaft ein eigener Lehrgang nicht lohnt. „Natürlich gibt es den Bedarf nach fachlicher, branchen- oder arbeitsplatzspezifischer Qualifikation“, weiß Helbich. „Aber es gibt eben auch übergreifende Themen, die für viele Betriebe interessant sind und die sich gemeinsam angehen lassen.
Das kann Dieter Kirstein, Personalchef der Herbert Kannegiesser GmbH in Vlotho, nur bestätigen. Er nennt als konkretes Beispiel das Thema Kundenzufriedenheit. „Ein Bereich, der nicht nur für uns von zentraler Bedeutung ist.“ Und deshalb suchte Kannegiesser, Maschinenbauunternehmen und Hersteller von Wäschereitechnik, nach Weiterbildungsangeboten für seine Servicemitarbeiter im Kundendienst, das Aushängeschild des Betriebs. „Auch wenn wir im Unternehmen mit Karola Pieschnik-Ötting eine eigene Weiterbildungsbeauftragte haben, setzen wir weiter auf Mach 2“, sagt Kirstein. „Und das nicht nur, weil wir Initiator und Gründungsmitglied des Vereins waren. Für uns ist es einfach wichtig, externe Kompetenz hinzu zu ziehen und von den Erfahrungen der anderen zu profitieren.“
Im Fall der Schulung der hauseigenen Servicetechniker wurden also nicht nur die Kannegiesser-Mitarbeiter von Karola Pieschnik-Ötting nach ihren Anregungen und ihrem Qualifizierungsbedarf befragt, sondern auch Mach 2 eingeschaltet. Mach 2 sieht seine Rolle ohnehin nicht als Konkurrent zu den Personalbeauftragten oder Personalentwicklern der Unternehmen – wenn vorhanden. „Wir bieten zusätzliche Beratung und Know-how, von dem alle profitieren sollen“, definieren die beiden Mach 2-Personalentwickler ihre Rolle. So wurden im konkreten Fall alle Beteiligten in eine genaue Ist-Analyse und Bedarfsermittlung einbezogen, bevor Mach 2 daran ging, geeignete Lehrgangsanbieter und Trainer zu suchen.
„Ich kann mir durchaus vorstellen, dass auch andere Unternehmen von unseren Erfahrungen bei diesem Thema profitieren, genauso, wie wir von anderen lernen können“, ist sich Dieter Kirstein sicher. Angst davor, womöglich Interna preiszugeben, hat er nicht, denn als Maschinenbauunternehmen hat die Kannegiesser GmbH im Verbund kein direktes Konkurrenzunternehmen. Wohl aber viele Mitstreiter aus der Region, mit denen sich der Personalchef auch bei anderen Gelegenheiten als im Rahmen von Mach 2 trifft.
Kontakte, die sich über den Verbund hinaus zu anderen Institutionen oder Organisationen wie etwa zur örtlichen Kreisverwaltung ergeben, sieht Helbich gerne. Aber das grundsätzliche Ziel des Verbundes sei es doch zu garantieren, dass die Personalentwicklung in mittelständischen Betrieben „nicht mit der Gießkanne betrieben wird, sondern zielgerichtet und wirksam“.
Dafür sorgen nicht nur regelmäßige Treffen der Mitgliedsfirmen, sondern eine kontinuierliche Betreuung durch die beiden Verbund-Personalentwickler. „Wir verstehen uns als Netzwerkmanager, als Motor, der das Projekt immer wieder antreibt“, schildert der diplomierte Ingenieur und Soziologe Helbich ihre Aufgaben. Dazu gehören unter anderem das Verfassen von Stellenbeschreibungen, Anforderungs- und Mitarbeiterprofilen, das Bewerbermanagement, das Erstellen von Zielvereinbarungen und Zufriedenheitsanalysen, aber auch das Coaching für Nachwuchsführungskräfte oder die Nachfolgeplanung.
Das kostet die Verbundmitglieder eine Pauschalsumme von rund 2000 Euro jährlich und eine Umlage, je nach Anzahl der Beschäftigten. „Dafür entwickeln wir nicht die allumfassenden Weiterbildungskonzepte der Konzerne, aber praktikable, unternehmensbezogene Lösungen, wie sie der Mittelstand braucht“, betont Helbich.
Personalentwicklung oder gar Personalarbeit als Verbund von mittelständischen Unternehmen betreiben – die Idee findet Interessenten, aber bislang wenig Nachahmer. Ein befristetes Projekt im Kreis Heinsberg, „Proregio“, wurde mit Ablauf der Landesfördermittel beendet. Bleibt noch Pepp – Verein für Personalentwicklung im Hochstift e.V, ein Verbund von sieben mittelständischen Unternehmen im Kreis Paderborn. Und – der Versuch, die Sache etwas anders anzugehen – wie zum Beispiel unter der Regie der B+B Unternehmensberatung in Bad Dürkheim. Projektleiter Markus Rasche erklärt, warum viele Firmen noch vor einem Verbundmodell zurückschrecken. „Es gibt eine Reihe von Hindernissen, die vor einer solchen Lösung zu klären sind“, weiß er. „Das fängt bei der Rechtsform an, geht über die Auswahl der Partner und hört bei der Finanzierung noch lange nicht auf.“
Wichtigstes Kriterium für das Funktionieren eines solchen Modells ist seiner Meinung nach der Motor und Koordinator, dem alle Beteiligten vertrauen. „Das ist der Grund, warum wir uns entschlossen haben, als Unternehmensberatung diese Rolle selbst einzunehmen“, sagt der Diplom-Psychologe. Die Unternehmensberatung B+B bietet ihren Kunden einen Personal-Know-how-Verbund an, in dem Personalentwicklung, Organisationsentwicklung und Personalberatung aus einer Hand stammen sollen.
Anfragen landen bei den Beratern oft zuerst ganz unspezifisch: „Wir haben da ein Problem mit der Reklamationsbearbeitung.“ Aus den ersten Organisationsworkshops ergeben sich dann oft Anfragen zur Mitarbeiterqualifizierung und daraus entwickeln sich wieder ganz andere Anfragen, zum Beispiel nach einer Beratung zur Unternehmensnachfolge. Oft lassen sich diese Dinge in der Praxis ja auch gar nicht trennen, sagt Markus Rasche. „Da macht ein ganzheitlicher Ansatz einfach Sinn.“
Modell ist keine Konkurrenz zur Personalabteilung

Wege zum Verbund
Wenn mehrere Unternehmen einen Verbund gründen wollen – ob als Verein oder in anderer Form – sollten die Firmenchefs diese Fragen klären:
  • Welchen Bedarf an Personalentwicklung oder anderen Personaldienstleistungen haben Sie?
  • Wollen Sie sich wirklich gemeinsam mit anderen engagieren?
  • Wo finden Sie Unternehmen mit gleichem Interesse? Welche Partner sind überhaupt geeignet?
  • Welche Rechtsform soll der Verbund haben und wie wird er finanziert?
  • Wo finden Sie einen Personalentwickler oder einen anderen Dienstleister, der als Verbundmanager fungiert?
  • Welche Rechte und Pflichten haben die einzelnen Mitglieder?
  • Wie schaffen Sie eine Basis gegenseitigen Vertrauens?
  • Unsere Webinar-Empfehlung
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