Startseite » Allgemein »

PVD-Beschichten von Aluminiumteilen

Alu-Veredelung: Prozeßtemperatur beträgt maximal 150 °C
PVD-Beschichten von Aluminiumteilen

Alle marktüblichen Aluminiumlegierungen lassen sich jetzt bei niedrigen Temperaturen PVD-Beschichten. Die Oberfläche wird veredelt, ohne daß mechanische Nacharbeit notwendig ist.

Dipl.-Ing. Carlos Ribeiro ist Geschäftsführer der Hartec GmbH & Co.KG in Stetten am kalten Markt

Wenn Präzisionsbauteile eine Verschleißschutz-, Gleit- oder Korrosionsschutzschicht erhalten sollen, die keine Nachbearbeitung erforderlich macht, sind PVD-Verfahren die erste Wahl (PVD = Physical Vapour Deposition). Beim Beschichten von Stahl und Titan gehören sie zu den Standardverfahren. Doch der Konstrukteur wünscht sich ihren Einsatz auch für den Werkstoff Aluminium mit seinem niedrigen Schmelzpunkt.
Aluminiumlegierungen werden immer leistungsfähiger und zunehmend im Maschinenbau verwendet. Neben der Festigkeit bestimmt die Oberfläche die Einsatzfähigkeit der Legierungen. PVD-Beschichten bei niedriger Temperatur ist daher gefordert. Erste Verfahrensentwicklungen in dieser Richtung ermöglichten das Oberflächenveredeln von Einsatz- und Federstählen mit deutlich geringerem Energieeinsatz als bei den üblichen Werkzeugbeschichtungen. Ansätze für Aluminiumlegierungen folgten.
Eine Wende beim PVD-Beschichten hat jedoch das Niedertemperatur(NT)-Verfahren von Hartec eingeleitet. Es arbeitet bei Prozeßtemperaturen unter 200 °C, für Aluminium sogar unter 150 °C. Damit ist es nun möglich, die technischen und konstruktiven Möglichkeiten von Aluminium und anderen Leichmetallen in einem weit größeren Anwendungsbereich zu nutzen als bisher.
Mehrere PVD-Schichten stehen zur Verfügung. Sie bieten sowohl Verschleiß- und Korrosionsschutz als auch außergewöhnliche Eigenschaften, zum Beispiel niedrigen Reibwert bei hoher Härte oder geringe Adhäsionsneigung zu organischen Stoffen.
Die NT-Beschichtungen lassen sich von ihrer Qualität her mit der Hartanodisation vergleichen, funktionieren aber nach einem verfahrenstechnisch völlig anderen Prinzip. Bei der Hartanodisation wird die Oberfläche quantitativ und qualitativ verändert, so daß Präzisionsteile in der Regel nachbearbeitet werden müssen. Auch bei der PVD-Beschichtung vermischen sich Grundmaterial und Schicht im Grenzbereich. Dies geschieht jedoch in wesentlich geringerem Umfang und reicht für eine sehr gute Verbindung mit hoher Haftfestigkeit aus. Die Schicht wächst, ohne daß sich die Struktur des Grundmaterials ändert. Konturtreue und definierte Schichtdicken sind daher gewährleistet.
Vor dem Beschichten werden die Alu-Bauteile –wie bei PVD-Verfahren üblich – vorbehandelt. Dazu gehört das Entfetten in wäßriger Lösung und die Plasmareinigung in einer Vakuumanlage.
Beschichtet werden die Teile anschließend im Feinvakuum auf Einkammer- oder Online-Anlagen nach dem Magnetron-Sputtering-Verfahren. In der Regel findet der Prozeß bei Temperaturen zwischen 80 und 150 °C statt, so daß keine Änderung des Gefüges und der Festigkeit der Legierung auftritt.
Die PVD-Schichten gewährleisten hohe Konturtreue
Als Grundlage für die NT-Schichten werden ein oder mehrere Metalle wie Titan, Aluminium oder Molybdan sowie stickstoff- und kohlenstoffhaltige Reaktivgase verwendet. Diese Schichten weisen eine kompakte Struktur auf und bilden eine dichte Oberfläche. Die Topographie bleibt weitestgehend erhalten, so daß eine Nachbearbeitung entfallen kann.
Für die meisten Anwendungen im Bereich des Maschinen- und Motorenbaus eignen sich Schichtstärken zwischen 5 und 10 µm, obgleich Dicken von über 20 µm aufgebracht werden können. Die NT-Beschichtungen haften außerordentlich gut auf Aluminiumwerkstoffen und verleihen der Oberfläche besondere Eigenschaften wie
hohe Härten bis zu 2600 HV,
hoher Widerstand gegen Abrasivverschleiß,
niedriger Reibwert um 0,15,
gute Korrosionsbeständigkeit,
geringe Adhäsionsneigung auf organischen Stoffen und
elektrische Isolierung.
Für die unterschiedlichen Anwendungen stehen mehrere Niedertemperatur-Beschichtungen zur Verfügung (siehe auch Tabelle):
Verschleißschutzschicht
Silber-TiN-NT ist eine Hartstoffschicht mit hoher Härte und chemischer Beständigkeit. Sie wird hauptsächlich gegen Abrasivverschleiß eingesetzt, beispielsweise in der Textil- und papierverarbeitenden Industrie wie auch in Verpackungsmaschinen und der Automation.
Gleitschichten
Bei Carborid-Plus-NT handelt es sich um eine reine Gleitschicht mit geringem Reibwert. Sie besteht aus insgesamt vier Lagen, die unter anderem auf Oxidkeramik basieren. Durch den besonders niedrigen Reibkoeffizienten kann bei beweglichen Teilen auf die Schmierung verzichtet werden. Ein weiterer Vorzug der Schicht sind die sehr guten Einlaufeigenschaften.
Carborid-Spezial-NT ist eine mehrlagige Hartstoffschicht mit guten Gleiteigenschaften und zusätzlich hoher Verschleißfestigkeit. Je nach gewünschter Dicke wird sie aus mindestens acht, in der Regel aber aus zwölf bis 60 Lagen aufgebaut. Die einzelnen Lagen haben durch ihre jeweilige chemische Zusammensetzung eine unterschiedliche Wirkung. Sie bringen Verschleißschutz durch hohe Härte ein im Wechsel mit guten Gleiteigenschaften durch geringen Reibwert. Dadurch kann dieses Schichtsystem überall dort eingesetzt werden, wo die Anwendung beide Eigenschaften gleichzeitig erfordert. Einsatzbeispiele sind Führungselemente in Montageautomaten oder Antriebs- und Steuerkomponenten im Motorenbau.
Antiadhäsivschichten
Die Hartstoffschicht Icer-NT zeichnet sich durch gute Korrosionsbeständigkeit und hohe Härte aus. Zusätzlich weist sie antiadhasive Eigenschaften gegenüber organischen Stoffen auf und läßt sich ohne Bedenken sowohl in der Lebensmittelindustrie als auch in der chirurgischen Medizin einsetzen.
Icer-Plus-NT ist eine Weiterentwicklung von Icer-NT mit optimierten antiadhäsiven Eigenschaften für die Kunststoffverarbeitung. Sie erleichtert das Entformen und verhindert, daß sich Beläge bilden. Die Betreiber von Spritzgießmaschinen können dadurch Reinigungskosten verringern, Trennmittel einsparen und in den meisten Fällen die Zykluszeiten verkürzen. Derzeit kommt die Schicht vorwiegend in der Kunststoff-, Kautschuk- und Gummiverarbeitung sowie in der Medizintechnik zum Einsatz.
Auch der dekorative Aspekt wird nicht außer acht gelassen. Je nach Prozeßvariante erweitern die NT-Verfahren das Farbspektrum der PVD-Beschichtungen. Neben den üblichen Chrom- und Goldfarben, die mit Schichten auf Titanbasis erzeugt werden, sind die Farbtöne in Blau und Grün besonders interessant. Bei ihnen handelt es sich um Echtfarben und nicht um Interferenzerscheinungen wie bei anderen Schichten.
Beschichtungsanlagen
Für die Veredelung von Aluminiumlegierungen stehen heute vier verschiedene Anlagensysteme zur Verfügung. Online-Anlagen eignen sich zum Beschichten von Kleinteilen in mittleren bis kleinen Serien. Der Vorteil liegt in der kurzen Taktzeit und der hohen Flexibilität. Bei größeren Stückzahlen sind in der Regel Einkammer-Anlagen wirtschaftlicher. So wurde für Kleinteile aus dem Automobilbereich der Typ HD500 mit einem Kammervolumen von rund 1000 l entwickelt. Größere Alu-Teile lassen sich in der HD900 mit einem Kammervolumen von etwa 1750 l beschichten.
Eine Neuentwicklung stellt die Vakuumanlage HD3000W zum PVD-Beschichten von Aluminiumprofilen dar. Sie besitzt ein Kammervolumen von rund 3500 l und kann Profile mit einer Gesamtlänge von bis zu 3200 mm veredeln. Die Einsatzgebiete für diese Profile sind sehr vielfältig. Sie liegen beispielsweise im Sanitärbereich, im Fenster- und Messebau. Die Schichten machen die Alu-Oberflächen korrosionsbeständig, kratzfest und dauerhaft unempfindlich gegen direkte Sonneneinstrahlung.
Alu-Veredelung: Wende beim PVD-Beschichten
Begonnen hat die Entwicklung der PVD-Niedertemperatur-Verfahren im Jahr 1991, als Hartec die ersten Aluminiumteile mit silberfarbenem Titannitrid beschichtete. Zu den veredelten Alu-Werkstücken gehörten Fadenführer und andere Komponenten für die Textilmaschinenindustrie. Die Versuche führten zu gut haftenden Schichten mit harter Oberfläche, erzielten aber keine ausreichenden Schichtdicken. Den Durchbruch brachten 1995 mehrlagige Schichtsysteme. Sie sind das Ergebnis von produktspezifischen Anpassungsentwicklungen, um insbesondere den Reibverschleiß zu minimieren.
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
Ausgabe
6.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de