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Regelleistung für stabilen Netzbetrieb

Batterie-Großspeicher gleichen Schwankungen im Stromnetz aus
Regelleistung für stabilen Netzbetrieb

Vor zwei Jahren ging in Schwerin der europaweit erste Batterie-Großspeicher in Betrieb, um das Stromnetz zu stabilisieren. Inzwischen gibt es zahlreiche größere Nachfolgeprojekte.

Im September 2014 nahm der Westmecklenburger Regionalversorger Wemag im Umspannwerk Schwerin-Lankow einen Batterie-Großspeicher mit 5 MW Leistung in Betrieb. Die damals europaweit noch einzigartige Anlage sollte hier, an der Schnittstelle vom regionalen Verteilnetz zum überregionalen Übertragungsnetz, sogenannte Primär-Regelleistung für den Übertragungsnetz-Betreiber 50Hertz bereitstellen. Primär-Regelleistung ist eine sehr kurzfristig abrufbare Form von Regelenergie, mit der Übertragungsnetz-Betreiber auf der Höchstspannungsebene von 380 kV die schwankende Einspeisung von Sonnen- und Windstrom ausgleichen.
Außerdem wollte Wemag den Batteriespeicher dazu nutzen, Schwankungen im eigenen Verteilnetz auf der Hoch- und Mittelspannungsebene zu puffern. In Westmecklenburg ist das besonders notwendig: Der Ökostrom, der hier in Solar- und Windkraft-Anlagen erzeugt und ins Netz des Regionalversorgers eingespeist wird, übertrifft Wemag zufolge schon den gesamten Netzabsatz.
Der Batteriespeicher war vom Berliner Spezialunternehmen Younicos errichtet worden. Die verwendeten Lithium-Manganoxid-Zellen lieferte der südkoreanische Hersteller Samsung SDI. Zu den Investitionskosten von insgesamt 6,7 Mio. Euro gewährte das Bundesumweltministerium einen Zuschuss von 1,3 Mio. Euro. Knapp zwei Jahre später ist die Großbatterie schon auf dem besten Weg, ihre Investitionskosten wieder einzuspielen. Bis Juli 2016 hatte sie bei den wöchentlichen Ausschreibungen am Markt für Primär-Regelleistung fast immer den Zuschlag erhalten und dort insgesamt 1,15 Mio. Euro erwirtschaftet. Hinzu kommt der Nutzen, den die Batterie dadurch erbringt, dass sie auch Wemags eigenes Verteilnetz stabilisiert.
Wemag und Younicos wollen nun einen Schritt weiter gehen und die Großbatterie mit neuen Funktionen ausstatten. Dazu gehört die Fähigkeit zum Schwarzstart, mit dem die Anlage aus eigener Kraft hochgefahren werden kann, wenn das Stromnetz weiträumig ausgefallen sein sollte. Dann könnte sie zunächst im Inselbetrieb funktionieren und zum Wiederaufbau des Stromnetzes beitragen. Der Schweriner Regionalversorger und der Berliner Speicherspezialist arbeiten außerdem daran, gleichartige Speicher auch für andere Versorger zu errichten.
Wie interessant die neue Speichertechnik und ihr Einsatz am Markt für Primär-Regelleistung ist, zeigt sich darin, dass es bundesweit schon eine ganze Reihe von Nachfolgeprojekten gibt. Dabei scheint die Zulassungsprozedur für diesen lukrativen Markt allerdings nicht immer reibungslos zu laufen. So haben das Ökokraftwerks-Unternehmen Energiequelle und der Windrad-Hersteller Enercon im September 2015 im Brandenburger Ort Feldheim einen Batterie-Großspeicher mit 10 MW in Betrieb genommen. Um die Primär-Regelleistung für 50Hertz erbringen zu können, musste die Anlage zunächst eine Test- und Anpassungsphase durchlaufen, die bis März 2016 dauerte. Seitdem läuft ein Genehmigungsprozess für den Markt der Primär-Regelleistung. Die Energiequelle ging zuletzt davon aus, dass der Speicher „im Laufe des Sommers den Echtzeitbetrieb“ aufnehmen kann.
Dass eine längere Testphase für die Primär-Regelleistung nicht ungewöhnlich ist, zeigt das Beispiel des 5-MW-Batteriespeichers der Upside-Gruppe in Neuhardenberg, ebenfalls in Brandenburg. Wie das Onlineportal PV-magazine.de berichtete, dauerte es hier 15 Monate, bis der Speicher im vergangenen Juli die notwendige Präqualifikation erhielt. Er bezieht seinen Strom aus der benachbarten, mit 145 MW größten Solaranlage Deutschlands.
Auch der Kraftwerksspezialist Steag investiert in diese Technik. In Lünen bei Dortmund schaltete das Unternehmen im Juni sein erstes Großbatterie-System mit einer Leistung von 15 MW an und begann mit Tests, um die Zulassungen für die Primärregelleistung des ÜNB zu erhalten. Dabei setzte sich der erfahrene Kraftwerks-betreiber das sicherlich ehrgeizige Ziel, den Stromspeicher schon im Spätsommer in den kommerziellen Betrieb zu überführen.
An weiteren fünf Standorten hat Steag bereits mit den Arbeiten an gleichartigen Anlagen begonnen, die bis Anfang 2017 fertig werden sollen. Alle sechs Batterien könnten dann 90 MW Primärregelleistung bereitstellen. Die nötigen Investitionen von insgesamt 100 Mio. Euro will das Unternehmen aus eigener Kraft und ohne Fördermittel aufbringen.
Einen noch größeren Leistungsbereich für eine Strombatterie-Einzelanlage wollen das Grünenergie-Unternehmen Getec Green Energy und Siemens erschließen. Für den Energiepark Zerbst bei Magdeburg, wo Getec bereits große Solar- und Windparks betreibt, haben sie den Bau eines Batteriespeichers mit bis zu 30 MW angekündigt.
In Asien gibt es bereits Erfahrungen mit dieser Größenordnung, und ein weiterer Leistungssprung steht dort bevor. Wie das Onlineportal Solarserver.de im Oktober 2014 berichtete, nahm der chinesische Speicherhersteller BYD damals eine Großbatterie mit 40 MW in Betrieb und arbeitete bereits an einem vielfach größeren Projekt mit 1000 MW. In Südkorea betreiben der Energieversorger Kepco und der Speicherhersteller Kokam seit März dieses Jahres drei Speichersysteme mit insgesamt 56 MW. Sie sollen die Frequenz im eigenen Stromnetz regeln und bis zum Jahr 2017 auf 500 MW ausgebaut werden.
Stefan Schroeter, Energiejournalist in Leipzig
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