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Richtige Zutaten fürs Patentrezept

Schutzrechte: Marken und Muster frühzeitig eintragen
Richtige Zutaten fürs Patentrezept

Unternehmen schützen ihre Produkte nicht nur mit einem Patent. Wer schon während der Konstruktion daran denkt, wie er später Schutzrechte wie Marke oder Geschmacksmuster eintragen lassen kann, wehrt Piraten wirksam ab.

Jeder kennt die Farbkombination aus orange und hellgrau: So sieht die typische Stihl-Motorsäge aus. Die Hausfarben machen die Produkte unverwechselbar – und die Nachahmung durch Produktpiraten soll verhindert werden, wenn es nach Martin Welker geht, dem Leiter der Rechtsabteilung des Waiblinger Herstellers. Er will schon seit geraumer Zeit die Farb-Kombination europaweit als so genannte Farbmarke schützen lassen. „Wir starten gerade einen neuen Anlauf, wir lassen da nicht locker“, gibt sich Welker kämpferisch, obwohl er mit dem Ansinnen schon einmal vor dem Europäischen Gerichtshof gescheitert ist.

Vor kurzem hat er einen wichtigen Erfolg errungen: In den USA ist die Farbkombination jetzt eine eingetragene Marke, wie außerdem „in einigen anderen Ländern“. „Ein Verstoß gegen das Markenrecht lässt sich nun mal am leichtesten durchsetzen“, beschreibt der Plagiats-Experte einen wesentlichen Vorteil dieses Schutzrechts. Patentstreitigkeiten im Gegensatz können sich lange hinziehen.
Die Produkt- und Markenpiraterie ist so schlimm wie noch nie. Allein in Deutschland sollen nach Schätzungen des Justizministeriums 50 000 Arbeitsplätze jährlich aufgrund von Kopien verloren gehen. Der DIHK schätzt den volkswirtschaftlichen Schaden in der Bundesrepublik Deutschland auf 30 Mrd. Euro pro Jahr. Im Maschinenbau sind laut VDMA zwei Drittel der Unternehmen schon Opfer von Piraterie geworden. Für die Industrie heißt das: Lange bevor ein neues Produkt auf den Markt kommt, muss der Hersteller sich überlegen, wie er es am besten vor Nachahmern schützt. Experten raten dazu, dass schon während der Konstuktionsphase quasi ein Schutzmechanismus mit eingeplant wird.
Stark betroffen von illegalen Kopien war laut Branchenverband FWI in den vergangenen Jahren beispielsweise die Werkzeugindustrie, die sich mit allen Mitteln gegen Nachbauten – meist aus Fernost – zur Wehr setzen muss. Eine konsequente Strategie verfolgt der Werkzeughersteller Wera-Werk aus Wuppertal. Wera hat seinen markanten, ergonomischen „Kraftform-Griff“ als Markenzeichen schützen lassen. So hat Geschäftsführer Strauch gegen jeden Nachbau sofort eine rechtliche Handhabe.
Der Werkzeugspezialist verfügt mittlerweile über mehr als 300 Schutzrechte weltweit. „Um Anwender und Handel zu schützen, ist es unabdingbar, dass Plagiate vom Markt verschwinden“, erklärt Geschäftsführer Martin Strauch. Wera sei es durch die Schutzrechts-Strategie gelungen „Kopien fast vollständig vom Markt fernzuhalten“ – obwohl zwei Drittel der Werkzeuge der Wuppertaler in den Export gehen.
Ohne Schutzrechte haben Hersteller nur selten eine Möglichkeit, gegen Kopien vorzugehen. Es gibt fünf gewerbliche Schutzrechte, die beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) angemeldet werden können:
  • Patent: Es wird für technische Erfindungen erteilt, die neu sind, einer ausreichenden erfinderischen Leistung entsprechen und gewerblich anwendbar sind. Laufzeit: 20 Jahre.
  • Marke: Sie ist ein geschütztes Kennzeichnungsmittel für Produkte und Dienstleistungen (mehr siehe Kasten).
  • Gebrauchsmuster: Gibt es für technische Gegenstände. Im Gegensatz zum Patent ist ein Gebrauchsmusterschutz für Verfahren nicht möglich. Es tritt im Gegensatz zu Patenten sofort mit der Eintragung ohne Prüfung in Kraft. Schutzdauer: maximal zehn Jahre.
  • Geschmacksmuster: Schützt das Design eines Erzeugnisses, das heißt jedes industriellen oder handwerklichen Gegenstands, einschließlich Verpackung, Ausstattung, grafischer Symbole und typografischer Schriftzeichen.
  • Topografien: Damit können dreidimensionale Strukturen von mikroelektronischen Halbleitererzeugnissen, beispielsweise Mikrochips, geschützt werden.
Laut DPMA-Präsident Dr. Jürgen Schade werden Schutzrechte in den vergangenen Jahren immer häufiger nachgefragt. Besonders deutlich werde dies beim Geschmacksmuster: Die Zahl der Anmeldungen stieg von 48 000 im Jahr 2005 auf 51 000 im vergangenen Jahr. Außerdem haben 2006 die Unternehmen 80 000 Marken in Deutschland eingetragen. „Gewerbliche Schutzrechts sind einfach das beste Mittel gegen Produktpiraterie“, begründet Schade den Boom.
Auch Stihl-Mann Welker zieht mittlerweile alle Register. Setzte das Unternehmen früher hauptsächlich auf Patente, lässt er seit 2003 zusätzlich alle neuen Produkte per Geschmacksmuster schützen, und zwar in den USA, China und der EU. „Viele Anwender kaufen nach optischen Gesichtspunkten“, begründet er den gesonderten Schutz des Designs. Dass er das erst seit wenigen Jahren tut, hat einen einfachen Grund: „In früheren Zeiten war dies einfach nicht nötig.“
Tilman Vögele-Ebering tilman.voegele@konradin.de
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