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Safety wandert in die Software

Automatisierung: Maschinensicherheit und Internet wachsen zusammen
Safety wandert in die Software

Mit der Verbreitung von Feldbussen und nun des Ethernet wurden Sicherheitsfunktionen von der Hardware in die Software verlagert. Deren Qualität ist mit der neuen Maschinenrichtlinie ab 2009 entscheidend.

Das industrielle Ethernet erfreut sich weiterhin hoher Wachstumsraten, so gehen die Marktforscher von VDC Research von einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum um 29 % bis zum Jahr 2012 aus. „Der weltweite Markt für Hard- und Software für die drahtgebundene industrielle Kommunikation belief sich im Jahr 2008 auf rund 1,7 Milliarden Euro, wir rechnen hier mit 25 Prozent Zuwachs pro Jahr. Der Löwenanteil mit 70 Prozent in 2008 ging auf das Konto des industriellen Ethernet in seinen verschiedenen Ausprägungen, für 2012 erwarten wir einen Anteil des Ethernet bei den neu installierten Knoten von 80 Prozent“, so VDC-Analyst Jim Taylor. Laut Taylor gibt es eine Reihe von Gründen für die steigende Popularität des Ethernet in der Industrie, dazu zählen die Vertrautheit sowohl der IT-Manager als auch der Ingenieure mit dem Ethernet in der kommerziellen Informationstechnik und der Produktion, der einfachen Integration in Intranets und dem Internet, der hohen Bandbreite bis hin zu einem Gigabit pro s sowie den sinkenden Kosten für industriell spezifizierten Kabeln, Verbindern oder Switches und Routern.

Profinet beispielsweise ist laut Jörg Freitag, Vorsitzender der Profibus-Nutzerorganisation (PNO) mit 1,6 Mio. installierter Knoten zum Jahresende 2008 die marktführende Ethernet-Variante. „Wir erwarten, dass bis Ende 2010 die Zahl von 3 Millionen erreicht wird“, ist sich Freitag trotz der Wirtschaftskrise sicher. Auch die in der AIDA (Automatisierungsinitiative Deutscher Automobilhersteller) zusammen geschlossenen Automobilhersteller setzen auf weitere Automatisierung mit Profinet. Nach Einschätzung der AIDA-Vertreter erfüllt Profinet schon in der Variante mit Software-gestützter Echtzeit (SRT) die Anforderungen an die Deterministik im Automobilbau.
Maschinen müssen in Europa den formalen sowie den grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen der EG-Maschinenrichtlinie entsprechen. Ab dem 29. Dezember 2009 ist die neue Maschinenrichtlinie verbindlich. Bis zu diesem Zeitpunkt gilt noch die Richtlinie 98/37/EG, d.h. es gibt keine Übergangsfrist. „Mit Einführung der sicheren speicherprogrammierbaren Steuerung gibt es eine standardisierte Hardware, die Sicherheitsfunktionen werden im Wesentlichen in Software realisiert. Heute liegen für die wesentlichen sicherheitsrelevanten Funktionen fertige Funktionsbausteine vor, die aber richtig parametriert und sinnvoll eingesetzt werden müssen. Die Qualität der Software spielt daher eine immer größere Rolle, hier hilft die Norm IEC 61508-3 mit ihren zahlreichen Verfahren, Fehler zu vermeiden“, unterstreicht Prof. Dietmar Reinert, Leiter Sicherheitstechnik am Institut für Arbeitsschutz der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung (BGIA).
Safety-Anwendungen schützen Menschen vor Verletzungen (bei Pressen, Handhabungs-Automaten, bewegten Teilen) oder in der Prozessindustrie vor Schäden durch Austreten gefährlicher Stoffe (Überlauf, Überdruck, Temperaturen) und sie schützen Maschinen und Güter vor Beschädigungen. Wurden zunächst Sicherheitsfunktionen mit eigenen Relais-Steuerungen realisiert, so erweiterte die digitale Technik zunächst mit speziellen Bussystemen die Funktionalität. Heute sind integrierte Safety-Lösungen mit Standard-Bussystemen Stand der Technik. Dank der etwa 100 mal größeren Bandbreite des Ethernet gegenüber herkömmlichen Feldbussen ist ein gemeinsamer Betrieb der verschiedenen Dienste nun auch technologisch sinnvoll. Das Spektrum der einsetzbaren Geräte reicht von sicheren Ein-/Ausgabe-Modulen der Remote I/O über Lichtvorhänge, Laserscanner und Transmitter bis hin zu Antrieben mit integrierter Sicherheitsfunktion und Robotern.
1998 startete mit Profisafe eine neue Ära der Sicherheitstechnik, in der sichere zusammen mit konventionellen Daten über ein gemeinsames Buskabel übertragen werden. Das Protokoll Profisafe für Ethernet oder Profinet wurde bereits im Jahr 2005 veröffentlicht, seit April 2007 gibt es eine Spezifikation auch für drahtlose Vernetzungen mit WLAN oder Bluetooth. Eine Schlüsselrolle in Sicherheitstechnik spielen Motoren und Antriebe. Profisafe erlaubt hier sowohl die sichere Trennung der Energieversorgung zum Motor als auch die sichere Überwachung von Motorbewegungen. Damit können sichere Halt-Funktionen nach den Stopp-Kategorien 0, 1 und 2 realisiert werden, also das sicher abgeschaltete Moment, der sichere Stopp oder der sichere Betriebshalt.
„Die hohe Akzeptanz von Profisafe für den Einsatz in sicherheitsrelevanten Anlagen zeigt sich an seinem enormen Marktanteil. „Die Integration ausfallsicherer Technik in die Standardautomatisierung sichert Kosteneffektivität aufgrund eines durchgängigen Engineering und einer erhöhten Verfügbarkeit. Unser Konzept Safety Integrated bietet Funktionssicherheit durch Standardkomponenten, Ersatz der Hardware durch Software, Einhaltung der Sicherheitsanforderungen sowie Funkübertragung sicherheitsrelevanter Signale über Profisafe“, ergänzt Jürgen Amedick, Vorsitzender Standard Drives bei Siemens (Halle 9, Stand A72).
Auch das Wachstum der Profibus-Knoten entwickelt sich laut Freitag imposant weiter. In 2008 konnte der Knotenzuwachs mit 5 Mio. gegenüber dem Vorjahr (4,5 Mio. Knoten) nochmals um 11 % gesteigert werden. „Damit stieg die Gesamtzahl der installierten Knoten auf 28,3 Mio. Auf Basis der ermittelten Entwicklungskurve lässt sich abschätzen, dass Ende 2012 die Grenze von 50 Millionen durchbrochen werden kann“, prognostiziert Freitag. Dieses Wachstum spiegele das Vertrauen der Anwender wider, mit ausschlaggebend für den stetig steigenden Einsatz sei der volle Investitionsschutz und die Kompatibilität, meint Freitag. Profibus kam 1987 auf den Markt, zwei Jahre später als der ebenfalls in Deutschland von Phoenix Contact (Halle 9, Stand F40) entwickelte Interbus. Mittlerweile hat sich die Interbus-Organisation allerdings der PNO (Halle 11, Stand A41) angeschlossen. „Audi wird konsequent vom Interbus auf Profinet mit dem Sicherheitsprofil Profisafe umsteigen“, so AIDA-Sprecher Arjen Kreis. „Wir starteten schon im Jahr 2006 mit Profinet/Profisafe im Karoseriebau, und das geht bei uns bis zum Roboter“, ergänzt BMW-Vertreter Peter Ziegler.
Hohe Energiekosten sowie die Erfüllung gesetzlicher Auflagen motivieren die produzierenden Unternehmen seit ein paar Jahren verstärkt zur Reduzierung der Energiekosten. Dieses Thema ist von besonderem Interesse, da sich mit geschickt eingeleiteten Maßnahmen auch weitere Unternehmensziele wie Ressourcenschonung oder reduzierte Produktionszeiten erreichen lassen. Ebenso bieten bereits verschiedene Gerätehersteller lokale Energiesparmöglichkeiten an. „Die in der AIDA aktiven Unternehmen haben uns gebeten, Funktionen und Mechanismen in Profinet zur Verfügung zu stellen, die eine energieeffiziente Produktion unterstützen. Zur Umsetzung einer offenen, durchgehenden und anwendergerechten Lösung hat die PNO beschlossen, ein Energiesparprofil zu definieren und zu standardisieren“, kündigte Freitag an. Die Lösung sieht die Definition von unterschiedlichen Energiesparmodi der Geräte vor. Über das Energiesparprofil können dann die Energiesparmodi der Geräte durch eine Steuerung einheitlich und einfach angesprochen und deren Rückmeldungen ausgewertet werden. Dadurch kann eine Anlagensteuerung einen optimalen Energieverbrauch in der Produktion und in den verschieden langen Pausenzeiten ausschöpfen. Zusätzliche Hardware soll laut PNO dafür nicht erforderlich sein.
Dipl.-Ing. Achim Scharf Fachjournalist in München
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