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Schlank, wie’s die Wirtschaft wünscht

Reduzierter Industrieberuf für lernschwache Jugendliche
Schlank, wie’s die Wirtschaft wünscht

Schlank, wie's die Wirtschaft wünscht
Unternehmen finden künftig auch für die einfachen Tätigkeiten Fachkräfte, die etwas von den Anlagen verstehen (Bild: Gildemeister)
Von August an startet die zweijährige Ausbildung zum Maschinen- und Anlagenführer. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement hat den schlanken Beruf auf Betreiben der Arbeitgeberverbände geschaffen.

Peter Becker ist Journalist in Berlin

Als schlanke Berufe bezeichnen die Befürworter sie charmant, als Schmalspurausbildung verteufeln die Kritiker sie: Nach Jahrzehnten der Grabenkämpfe um die zweijährige Lehre mit reduzierten Anforderungen in der Theorie kommen zum August zwei derartige Ausbildungsgänge, einer davon für die Industrie. Es ist der Maschinen- und Anlagenführer, natürlich auch: die -führerin.
Die Notwendigkeit aus Unternehmersicht zu diesem Projekt mit vielen offenen Fragen umreißt Michael Assenmacher von der Industrie- und Handelskammer Köln: „Jetzt finden Firmen auch für die einfachen Tätigkeiten Fachkräfte, die etwas von den Anlagen verstehen. Bisher mussten sie dafür auf Un- oder Angelernte zurückgreifen.“ Er betont, dass der Maschinen- und Anlagenführer kein einfacher Knöpfedrücker ist: „Die Fachkraft kann, wenn etwa ein Grat entsteht, die notwendigen Nachregelungen vornehmen.“ Außerdem, und das ist besonders wichtig für potenzielle Ausbildungsbetriebe, kennt der Maschinen- und Anlagenführer die Abläufe einer industriellen Produktion von innen (siehe Kasten).
Allerdings hat er nur zwei Jahre gelernt. Also anders als ein Industriemechaniker kann er nicht eine Maschine auseinander nehmen, die defekten Teile erneuern und das Ganze wieder zusammenbauen.
Dennoch haben die Gewerkschaften nicht mitgemacht. Ihre Ablehnung der „Schmalspurausbildung“ rührt daher, dass ihrer Ansicht nach die eher praktisch orientierten Jugendlichen, die ja die Zielgruppe der neuen Berufe sind, gerade nicht eine verkürzte, sondern eine verlängerte Ausbildungszeit bräuchten. Will heißen: Mancher Jugendliche könnte sehr wohl die komplette Distanz über dreieinhalb Jahre zum Vollberuf schaffen, wenn ihm entsprechende Betreuung und Förderung zu teil würde, so die Gewerkschaften. Die „schlanken“ Berufe hingegen wären von Anfang an stigmatisiert. Schließlich kritisieren die Arbeitnehmervertreter, indem der Wirtschaftsminister die Zweijährigen durchsetzte, kündige er das Konsensprinzip als eiserne Regel der Verordnungspolitik auf.
Hintergrund dafür ist die Lehrstellenmisere. Der Minister hofft, dass die Wirtschaft in den zweijährigen Berufen zusätzliche Ausbildungsplätze einrichtet, eben weil, so heißt es auch in Unterlagen des IHK-Dachverbands, „viele Unternehmen erheblichen Fachkräftebedarf in Berufen mit einfacheren Anforderungen“ hätten. Die Kritiker hingegen sehen nur ein Nullsummenspiel zuungunsten der Vollberufe.
Dem wiederum halten die Befürworter entgegen, dass der neue Beruf sozusagen nach oben durchlässig angelegt ist. Hat ein Maschinen- und Anlagenführer nach zwei Jahren seine Abschlussprüfung absolviert, kann er noch die anderthalb Jahre zu einem der sieben Mechanikerberufe der Industrie draufsatteln. Ungewiss ist dabei aber, ob die Schwächeren es dann ohne weiteres schaffen, zu den Stärkeren aufzuschließen. Offen ist auch, ob es ihrem Fortkommen dient, dass sie mit den Vollberuflern in denselben Berufsschulklassen sitzen.
Für fünf Branchen gilt der neue Beruf: Metall-, Kunststoff- und Nahrungsmitteltechnik sowie Textil und Druck. Vorarbeiten leistete das Kuratorium der Wirtschaft für Berufsbildung. Die sonst üblichen weitläufigen wissenschaftlichen Voruntersuchungen beschränkten sich hier auf Kurzexpertisen des Bundesinstituts für Berufsbildung.

Maschinen-und Anlagenführer
  • richten Maschinen und Anlagen in der Produktion ein und rüsten sie um;
  • bedienen und inspizieren sie und beheben einfache Störungen;
  • treffen Entscheidungen über Fertigungstechniken;
  • wählen Werkstoffe aus und bearbeiten diese;
  • steuern und überwachen den Materialfluss;
  • wählen Prüfverfahren und Prüfmittel aus und setzen sie ein;
  • wissen um Belange des Umweltschutzes, der Arbeitssicherheit und der Wirtschaftlichkeit.
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